European Sustainability Reporting Standards (ESRS)

Die neuen Standards in der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen u.a. Unternehmen ihre Nachhaltigkeits­leistung verbessern und transparenter darüber berichten. Hier kommen die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) ins Spiel. Die Berichterstattung nach den ESRS-Standards ist nicht nur ein Instrument, um den Nachhaltigkeitsfortschritt zu messen, sondern auch ein wichtiger Schritt zur Transparenz. Durch die Berichterstattung können Unternehmen ihre Stakeholder darüber informieren, welche Maßnahmen sie ergreifen, um ihre Nachhaltigkeits­leistung zu verbessern. Dies kann das Vertrauen der Stakeholder stärken und zu einer verbesserten Reputation führen.


1. Hintergrund

Am 21.04.2021 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Vorschlag für die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), der von den Unternehmen verlangt, die Berichterstattung gemäß der ESRS aufzusetzen. Die CSRD wurde Mitte Dezember 2022 final im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und ersetzt somit die bestehende EU-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung.

Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) wurde als technischer Berater der Europäischen Kommission ernannt und ist für die Bereit­stellung der ESRS verantwortlich. Ende November 2022 veröffentlichte die EFRAG die finalen Drafts zu den ersten ESRS und übermittelte diese an die EU-Kommission. Diese hat die Standards Ende Juli angenommen unnd von delegierten Rechtsakten in Kraft setzen..

Anwendungsbereich der CSRD

Ab 2024:

Große Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIEs) mit 500 Mitarbeitenden, die bereits jetzt der NFRD bzw dem NaDiVeG unterliegen.

Ab 2025:

Alle restlichen großen Kapital­gesellschaften

(250 Mitarbeitende, 20 Mio Euro Bilanzsumme, 40 Mio Euro Umsatz – zwei Kriterien müssen erfüllt sein.)

Ab 2026:

Zusätzlich mittlere und kleine Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIEs)

(10 Mitarbeitende, 350 TEuro Bilanzsumme, 700 TEuro Umsatz – zwei Kriterien müssen erfüllt sein.)

2. Überblick über das erste Set von ESRS

Das erste Set von ESRS, das zwölf Standards umfasst, folgt dem CSRD-Vorschlag und deckt Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen ab. Die Standards umfassen sowohl bereichsübergreifende als auch themenspezifische Angaben. Darüber hinaus sieht die Architektur der Standards die Veröffentlichung sektorspezifischer Standards und Standards für KMU vor, die im Laufe des Jahres zur öffentlichen Konsultation vorgelegt werden sollen.

Der Gesamtaufbau des ersten Sets von ESRS soll sicherstellen, dass Nachhaltigkeitsinformationen in einer sorgfältig gegliederten Art und Weise berichtet werden, und basiert auf der folgenden Struktur:

Abb 1: Aufbau des ersten Sets von ESRS

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2.1. Vier Berichtsbereiche

Der themenübergreifende Standard ESRS 2 legt fest, dass die Offenlegungsanforderungen (Disclosure Requirements, DRs) in den aktuellen ESRS die folgenden Berichtsbereiche abdecken sollten:

1.Governance (GOV): Die Governance-Prozesse, -Kontrollen und -Verfahren, die zur Überwachung und Steuerung von Auswirkungen, Risiken und Chancen eingesetzt werden.
2.Strategie und Geschäftsmodell (SBM): Wie die Strategie und das/die Geschäftsmodell(e) des Unternehmens mit seinen wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen interagieren, einschließlich der Strategie zu deren Bewältigung.
3.Auswirkungs-, Risiko- und Chancenmanagement (IRO): Der Prozess/die Prozesse, mit dem/denen Auswirkungen, Risiken und Chancen ermittelt, bewertet und durch Strategien und Maßnahmen gesteuert werden.
4.Metriken und Ziele (MT): Wie das Unternehmen seine Leistung misst, einschließlich der Fortschritte bei der Erreichung der gesetzten Ziele.Drei ThemenDrei Offenlegungsebenen1. Umwelt1. Sektorunabhängig2. Soziales2. Sektorspezifisch3. Governance3. Unternehemensspezifisch

2.2. Doppelte Wesentlichkeit als Grundlage für die Nachhaltigkeitsberichterstattung

Die ESRS schreiben auch die verbindlichen Konzepte und Grundsätze vor, die bei der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten gemäß der CSRD anzuwenden sind. Ein Unternehmen soll alle wesentlichen Informationen über seine nachhaltigkeitsbezogenen Auswirkungen, Risiken und Chancen unter Berücksichtigung der doppelten Wesentlichkeit in Übereinstimmung mit den dafür relevanten ESRS offenlegen. Ausgangspunkt für die behandelten Themen in der Berichterstattung ist daher das Resultat der Wesentlichkeitsanalyse unter Berücksichtigung der „Impact-Wesentlichkeit“ und der „finanziellen Wesentlichkeit“, die in ESRS 1 definiert sind.

Für alle als wesentlich identifizierten Nachhaltigkeitsthemen sind die dafür relevanten themenspezifischen Offenlegungsanforderungen aus den Themenstandards in der Berichterstattung aufzunehmen. Zusätzlich sind für diese Themen Informationen zu internen Richtlinien, Zielen und Maßnahmenplänen darzustellen.

Neben den Angaben auf Basis der Wesentlichkeitsanalyse gibt es Informationen, die jedenfalls in der Berichterstattung zu behandeln sind. Dazu zählen die allgemeinen Angaben in ESRS 2. Alle anderen themenspezifischen Angaben unterliegen nun der Wesentlichkeitsanalyse, anders als noch im ersten Entwurf von November, darin waren ua auch umfassende klimabezogene Angaben (ESRS E1) sowie ausgewählte Angaben zu eigenen Mitarbeitenden (ESRS S 1) verpflichtend.

Sollte jedoch ein Unternehmen zu dem Schluss kommen, dass der Klimawandel kein wesentliches Thema ist, muss es eine ausführliche Erläuterung der Schlussfolgerungen seiner Wesentlichkeitsbewertung in Bezug auf den Klimawandel offenlegen. Sollte darüber hinaus ein Unternehmen zu dem Schluss kommen, dass ein Datenpunkt aus dem EU-Recht (zB OffenlegungsVO, BenchmarkVO, Pillar 3 CRR) nicht wesentlich ist, so muss es ausdrücklich angeben, dass der betreffende Datenpunkt „nicht wesentlich“ ist.

3. Weitere Entwicklung

Das derzeitige erste Set von Standardentwürfen enthält nur die sektorunabhängigen Standards und dazu soll laut EU Kommission zeitnah ein zusätzlicher Umsetzungsleitfaden entwickelt werden. Sektorspezifische und KMU-bezogene Standards sind aktuell noch in der Entwicklung und werden so bald wie möglich für eine separate öffentliche Konsultation vorgelegt. Geplant war, dass das zweite Set, mit den sektorspezifische und KMU-bezogene Standards, im Juni 2024 von der EU in Kraft gesetzt werden, eine Verzögerung ist jedoch sehr wahrscheinlich.

In den aktuellen Arbeitspapieren zu den ersten sektorspezifischen Standards ist absehbar, dass darin die pro Sektor wahrscheinlich wesentlichen Themen definiert sein werden, die im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse berücksichtigt werden müssen. Dabei wird es voraussichtlich viele Überschneidungen mit Themen aus den sektorunabhängigen ESRS geben, die um sektorspezifische Detailangaben und Kennzahlen ergänzt werden.

Sobald ein Unternehmen mehr als zehn Prozent der Umsätze aus einem definierten ESRS-Sektor erwirtschaftet, oder die Aktivitäten in einem Sektor mit wesentlichen Auswirkungen, Risiken oder Chancen verbunden sind, soll der jeweilige Sektorstandard zur Anwendung kommen.

4. Andere Initiativen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU wird nicht nur von der CSRD und dem ESRS bestimmt, sondern auch von der EU-TaxonomieVO und der kommenden Richtlinie über die Sorgfalts­pflicht von Unternehmen (Corporate Sustainability Due Diligence Directive). Darüber hinaus gibt es weitere relevante Initiativen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die sich international entwickeln:

1.IFRS-ISSB: Das International Sustainability Standards Board (ISSB) hat zwei Entwürfe der IFRS Sustainability Disclosure Standards zu allgemeinen nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungsanforderungen und klimabezogenen Offenlegungsanforderungen veröffentlicht, diese sollen nun finalisiert werden und ab 2024 gelten.
2.US Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde (SEC): Die SEC hat eine Reihe von Regelungsvorschlägen für klimabezogene Offenlegungen veröffentlicht. Diese Regeln standen bis zum 17. 6. 2022 zur Konsultation offen und orientieren sich an den etablierten Empfehlungen der Taskforce for Climate-related Financial Disclosures (TCFD). Die endgültige Formulierung der SEC-Anforderungen muss noch bestätigt werden – diese wird im Laufe des Jahres 2023 erwartet.

Der Beitrag erschien zunächst in CFOaktuell (Heft 3/2023). Mehr Infos unter: www.cfoaktuell.at

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