Analyse der nichtfinanziellen Unternehmensberichterstattung
Eine Analyse der Berichterstattung der ATX-Unternehmen
Folgeschäden des Klimawandels, zunehmende Ressourcenknappheit sowie eine steigende globale Bevölkerung sind zentrale Herausforderungen der heutigen Gesellschaft. Nichtfinanzielle Themen im Rahmen der Berichterstattung gewinnen aus diesem Grund für diverse Stakeholder zunehmend an Bedeutung. Die 2014 verabschiedete EU-Richtlinie (2014/95/EU) etablierte ein gesetzliches Mindestmaß über die Berichterstattung zu nichtfinanziellen Themen von großen Unternehmen öffentlichen Interesses mit mehr als 500 Mitarbeitern. Die Richtlinie trat mit 1. Jänner 2017 in Kraft und wurde in Österreich durch das Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG) umgesetzt.
In Österreich sind zum aktuellen Stand rund 120 Unternehmen vom NaDiVeG betroffen, die nun eine nichtfinanzielle Berichterstattung (NFI-Berichterstattung) erstellen. Bei der Umsetzung bzw Ausgestaltung werden einige Freiheiten eingeräumt. Im folgenden Artikel werden die Ergebnisse einer Analyse der Umsetzung der nichtfinanziellen Berichterstattung der im ATX beinhaltenen Unternehmen präsentiert.
1. Ausgestaltung der NFI-Berichterstattung
In Zusammenhang mit dem NaDiVeG besteht die Pflicht zur Veröffentlichung einer nichtfinanziellen Erklärung (NFI-Erklärung), welche wahlweise auch in Form eines separaten nichtfinanziellen Berichts (NFI-Bericht) erstellt werden kann. In der Berichtsperiode 2018 machten 55 % der ATX-Unternehmen von dieser Option Gebrauch, einen formal gesonderten NFI-Bericht zu erstellen. Weitere 30 % publizierten ihren NFI-Bericht im Geschäftsbericht außerhalb des Lageberichts. Nur 15 % publizierten eine NFI-Erklärung als Teil des Lageberichts (siehe Abbildung 1).
Bezugnehmend auf die NFI-Berichterstattung wird die Verwendung von Rahmenwerken empfohlen, jedoch besteht keine gesetzliche Pflicht. Die berichtenden Unternehmen können sich bei der Bereitstellung dieser Informationen auf nationale, unionsbasierte oder internationale Rahmenwerke stützen (vgl § 243b Abs 5 UGB). Die NFI-Richtlinie führt mehrere Rahmenwerke für die Berichterstattung an, wie zum Beispiel das Umweltmanagement und –betriebsprüfungssystem (EMAS), die Norm der Internationalen Organisation für Normung ISO 26000 oder die Global Reporting Initiative (GRI).
Mehr als die Hälfte der ATX-Unternehmen stützten sich bei der Erstellung der NFI-Erklärung explizit auf die GRI-Standards. Diese decken die gesetzlich geforderten Themen des NaDiVeG ab, nämlich Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung. Andere internationale Rahmenwerke behandeln hingegen meist nur Teilbereiche des NaDiVeG, wie zum Beispiel Umweltbelange.
2. Externe Prüfung?
Die Frage, wie man relevante Nachhaltigkeitsthemen adressatengerecht vermitteln kann, spielt bei der Erstellung der NFI-Erklärung bzw des NFI-Berichts eine große Rolle. Die Zuverlässigkeit der kommunizierten Informationen ist essentiell, damit Stakeholder auf dieser Informationsbasis Entscheidungen treffen können. Während eine interne Prüfung durch den Aufsichtsrat gesetzlich normiert ist, ist eine externe unabhängige Prüfung gesetzlich nicht vorgeschrieben. Vom Abschlussprüfer ist lediglich zu prüfen, ob die nichtfinanzielle Erklärung oder der gesonderte nichtfinanzielle Bericht aufgestellt wurde (Existenzprüfung). In diesem Zusammenhang gilt es zu erwähnen, dass die Unternehmen im Falle einer unabhängigen über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehenden Prüfung nicht dazu verpflichtet sind, den dazugehörigen Prüfungsbericht zu veröffentlichen. Somit ist es in einigen Fällen schwierig, zu erheben, ob eine unabhängige Prüfung stattgefunden hat.
60 % der ATX-Unternehmen unterzogen ihre NFI-Erklärung im vergangenen Geschäftsjahr einer unabhängigen externen Prüfung und weisen auch darauf hin. Bei weiteren 15 % ist die Erwähnung lediglich im Bestätigungsvermerk zu finden, die als Hinweis auf die gesetzlich vorgeschriebene Existenzprüfung zu verstehen ist. 1 25 % der Unternehmen unterzogen ihre NFI-Erklärung bzw NFI-Bericht keiner unabhängigen Prüfung oder es wurden keine Angaben gemacht. In allen Fällen von externen Prüfungen nichtfinanzieller Informationen, in denen der Prüfbericht veröffentlicht wurde, erfolgte die Prüfung mit „begrenzter Sicherheit“ bzw “limited assurance“ (siehe Abbildung 2).
Die Vorteile einer unabhängigen Prüfung sind einerseits die zusätzliche Legitimation und Glaubwürdigkeit gegenüber den Stakeholdern, anderseits der sich dadurch etablierende Prozess der Qualitätssicherung und die stetige Weiterentwicklung der NFI-Berichterstattung. Es ist anzunehmen, dass die Anforderungen an die Validität nichtfinanzieller Informationen insbesondere von Seite der Kapitalmarktteilnehmer zukünftig weiter steigen wird.
Abb 1: Wo sind die NFI-Angaben zu finden?
Abb 2: Externe Prüfung der NFI-Berichterstattung?
3. Schlussfolgerung
Die NFI-Berichterstattung gewinnt angesichts des aktuellen gesellschaftspolitischen Diskurses zunehmend an Bedeutung. Nichtfinanzielle Kennzahlen werden neben der finanziellen Berichterstattung mehr und mehr beachtet und spielen eine Rolle für die öffentliche Wahrnehmung von Unternehmen. Dies erkennt man auch daran, dass die meisten ATX-Unternehmen die NFI-Berichterstattung als gesonderten Bericht und nicht innerhalb des Lageberichts veröffentlichen. Das gibt ihnen die Möglichkeit, dem Bericht die gewünschte Bedeutung und Gestaltung zu geben. Dadurch gewinnt auch die unabhängige Prüfung durch den Abschlussprüfer an Beliebtheit. Diese externe Prüfung stellt nicht nur eine Entlastung für den Aufsichtsrat dar, sondern stärkt zusätzlich die Legitimation der Inhalte gegenüber den Stakeholdern. Als Rahmenwerk für die NFI-Berichterstattung setzen sich in Österreich die GRI-Standards durch, da sie alle gesetzlich geforderten Themen abdecken.
Quellen
1 Wenn sowohl eine externe Prüfung erfolgte als auch die Erwähnung im Bestätigungsvermerk zu finden ist, wurde das Unternehmen der Kategorie externe Prüfung zugeordnet.
Der Artikel ist in CFOaktuell (Heft 6/2019) erschienen. Mehr Infos unter: www.cfoaktuell.at
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