Roadmap zur CFO-Excellence

Von den Daten über die Prozesse zur Organisation.


Konjunkturschwankungen und volatile Märkte, die Digitalisierung und neue disruptive Wettbewerber sorgen für Veränderungsdruck in zahlreichen Unternehmen. Diese Entwicklungen betreffen auch Finanzabteilungen und führen häufig zu deren Neuausrichtung. Die Standardisierung von Daten und Systemlandschaften, die Harmonisierung und Automatisierung von Prozessen und die funktionale Effizienz und Effektivität der Organisation, müssen auf die genannten Entwicklungen Rücksicht nehmen und angepasst werden. Nur wenn diese drei Themen im Gleichklang weiterentwickelt werden, können Unternehmen CFO-Excellence erreichen.

1. Auf dem Weg zur CFO-Excellence

Wie einleitend erwähnt, gibt es zahlreiche Trends, die den CFO-Bereich eines Unternehmens beeinflussen. Auch wenn einzelne Trends – zB die Digitalisierung in den letzten Jahren oder die aktuelle wirtschaftliche Unsicherheit – unterschiedlich auf Unternehmen wirken, lassen sich doch vier länger­fristige Entwicklungen für den Finanzbereich ableiten:

  • Auf Datenverfügbarkeit und -verknüpfung kommt es an. Unternehmens- und wertschöpfungsübergreifende Daten ermöglichen eine breitere und bessere Steuerung.
  • Der Effizienzdruck in den Finanzfunktionen nimmt enorm zu. Routineprozesse werden deutlich verschlankt und basieren auf klaren Entscheidungsregeln.
  • Rollen und Kompetenzen in den Finanzfunktionen ändern sich massiv. Der Finanzbereich integriert neue Kompetenzen, zB zur Auswertung von großen Datenmengen, schafft Effizienz und verantwortet die Governance.
  • Steuerung funktioniert anders. Die Unternehmens­steuerung entwickelt sich von reaktiv-analytisch zu proaktiv-prognostizierend.

In vielen Finanzbereichen hat diese Transformation bereits begonnen oder steht kurz bevor. Der vorliegende Beitrag geht darauf ein, wie das Zusammenspiel von Daten, Prozessen und Organisation diese Entwicklung unterstützen kann bzw sogar eine Voraussetzung für CFO-Exzellenz ist.

2. Daten

Die wesentliche Grundlage für eine best-in-class Unternehmens­steuerung bilden die Daten eines Unternehmens. Um aussagekräftige Berichte zu erhalten, auf Basis derer Entscheidungen getroffen und Maßnahmen abgeleitet werden können, müssen die zugrunde liegenden Daten zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort in der richtigen Form vorhanden sein. Darüber hinaus ist in Zeiten von Datenskandalen und strengen Richtlinien wie der DSVGO äußerst wichtig, die Daten eines Unternehmens zu schützen. Diesbezügliche Probleme haben weitreichende Auswirkungen und können auch den Fortbestand eines Unternehmens gefährden.

Eine Harmonisierung der Datenstrukturen und -modelle ermöglicht es, diese Ziele zu erreichen. Auf Basis eines ganzheitlichen Data-Excellence-Kreislaufes (siehe Abbildung 1) empfehlen wir ein zentrales Datenmanagement und die integrierte Betrachtung aller datenbezogenen Themen. Das Datenmodell ist als integriertes Modell über alle Funktionen und Geschäftsmodelle hinweg zu konzipieren. Dies vereinfacht nicht nur die Stammdatenmanagement-Prozesse, sondern ist die Basis für ein harmonisiertes ERP-System und für die Harmonisierung und Standardisierung aller weiteren Geschäftsprozesse.

Zur Sicher­stellung der Datenverfügbarkeit, Datenqualität und Datensicherheit sind dabei folgende Inhalte zu definieren:

  • Die Definition von Richtlinien für das Datenmanagement.
  • Die Festlegung der Data Owner sowie die Identifikation und Dokumentation relevanter Quellsysteme, in denen die Daten generiert werden.
  • Der Prozess zur Sicherung der Datenqualität und Eliminierung von Fehlern und Missständen.
  • Leitplanken und klare Regeln für Stammdaten­änderungen und zugehörige Genehmigungsprozesse.

Eine spezifische Organisationseinheit für Stammdaten muss zum Hüter der integrierten Datenbasis werden. Das bringt Vorteile wie Nachhaltigkeit und Compliance sowie Prozess- und Kosteneffizienz mit sich, die durch zentralisierte und standardisierte Datenmanagement-Prozesse die Erhaltung der Datenkonsistenz und die Nutzung von Digitalisierungspotenzialen erreichen. Eine solche Organisationseinheit kann in einem kleinen Unternehmen als Person oder Team bzw in Konzernen in Form einer Stammdaten-Factory ausgestaltet sein.

Auf der Basis von harmonisierten Stammdaten werden dann Kennzahlen einheitlich definiert. Wesentliche Leitsätze sind Eineindeutigkeit, Transparenz und Vergleichbarkeit. Unter Berücksichtigung der im Data-Excellence-Kreislauf aufgeführten Aspekte führen strukturierte und einheitliche Daten zu effizienten Prozessen und ermöglichen eine schlanke oder agile Organisationsgestaltung.

Abb 1: Der Data-Excellence-Kreislauf

Abb 1: Der Data-Excellence-Kreislauf

3. Prozesse

Harmonisierte Prozesse im Finanzbereich betreffen sowohl die finanzielle Wertschöpfungskette (Rechnungswesen, Controlling, Treasury) als auch die End-to-End-Prozesse eines Unternehmens mit Beteiligung der Finanzfunktion (zB Purchase-to-Pay, Order-to-Cash). Die Prozesse müssen möglichst effizient und effektiv aufgesetzt werden, wobei Standardisierung und Automatisierung sowie die Trennung der Aktivitäten in zentral oder dezentral Voraussetzung für eine optimale Verteilung und Nutzung der Kapazitäten sind.

Für eine moderne Prozessgestaltung müssen bestehende Abteilungsgrenzen mitunter aufgebrochen werden, um End-to-End-Prozessbetrachtungen und -modelle zu schaffen. Prozesse können insbesondere dann standardisiert und automatisiert sowie umfassende Potenziale der Digitalisierung genützt werden, wenn sie gesamtheitlich vom ersten Schritt (zB im Falle von Purchase-to-Pay der Bedarfsentstehung oder Bestellung) bis zum letzten Schritt (in dem Fall der Bezahlung) betrachtet werden.

Repetitive Aktivitäten, welche häufig manuell durchgeführt werden, können mit Hilfe von Robotic Process Automation (RPA) automatisiert werden. Diese erzielt den größten Effekt bei transaktionalen Prozessen mit mittlerer Komplexität. Im Evolutionsprozess sehen wir Robotic-Lösungen aktuell auf Stufe zwei von vier, mit grundlegenden Prozessautomatisierungen durch „Minibots“. Stufe drei beinhaltet die Mustererkennung für Autokorrekturen und vorausschauende Steuerung. Stufe vier stellt selbstlernende Systeme dar, die ihre „Erfahrung“ auf neue Anforderungen übertragen. In einer aktuellen RPA-Studie 1 bestätigen oder planen über 70 % der Befragten aus Finanzbereichen einen Einsatz von RPA in den Backoffice-Tätigkeiten und im Finanzbereich. 60 % der Teilnehmer schätzen die Einsparpotenziale auf 10 bis 20 Prozent oder höher.

Abb 2: Evolutionsstufen beim Einsatz von Robotics-Lösungen

Abb 2: Evolutionsstufen beim Einsatz von Robotics-Lösungen

Ressourcenintensive Prozesse des Rechnungswesens (zB Debitoren-/ Kreditorenbuchhaltung, Entgelt-/Reise­kostenabrechnung, Anlagenbuchhaltung) können mit Hilfe von RPA-Lösungen umfassend automatisiert werden. Im Controlling bieten besonders Datenverarbeitungsprozesse Ansatzpunkte für Automatisierung und Digitalisierung. Beispielhaft ermöglicht die Erstellung eines Forecasts mittels Predictive Analytics durch Einbezug mathematisch-statistischer Modelle hohe Effizienzsteigerungspotenziale.

Im Rahmen der Automatisierung und Digitalisierung wird insbesondere auch die Verteilung von Aktivitäten in zentral/dezentral diskutiert. Da sich Prozesse umso einfacher automatisieren lassen, je standardisierter sie erfolgen, und da der Nutzen der Automatisierung umso höher ist, je häufiger der Prozess durchgeführt wird, erfolgt heute ein Großteil der RPA-Umsetzungen in Shared Service Centern. Hier sind die Voraussetzungen im Hinblick auf harmonisierte Daten & Prozesse sowie eine zentrale Governance am besten gegeben. Hat ein Unternehmen kein oder ist zu klein für ein Shared Service Center, gilt es vor oder im Rahmen der Automatisierungsüberlegungen Prozesse bestmöglich zu standardisieren. Sonst wird das übergeordnete Ziel, die Erhöhung der Effizienz und Effektivität, mit Automatisierung nicht erreicht.

4. Organisation

Die in den vorangegangenen Abschnitten beschriebenen Daten- und Prozessoptimierungen zeigen, dass Veränderungen der Rollen und Verantwortlichkeiten bei transaktionalen und wertschöpfenden Funktionen im Finanzbereich notwendig werden. Die Finanz­organisation der Zukunft kann dabei über ein Vier-Rollenmodell beschrieben werden (siehe Abbildung 3).

Abb 3: Neues Vier-Rollenmodell für den CFO-Bereich

Abb 3: Neues Vier-Rollenmodell für den CFO-Bereich

Die moderne CFO-Organisation ist durch eine klare Rollenzu­ordnung gekennzeichnet:

  • Eine (zentrale) Governance – beispielsweise durch ein übergreifendes Governance-Board – verankert den im „Daten“-Abschnitt genannten Single-Point-of-Truth der Daten und ist der Hüter über einheitliche Prozesse (zB „Wie wird der Monatsabschluss durchgeführt?“) und Methoden (zB nach welchen Richtlinien erfolgt eine Discounted-Cash-Flow-Betrachtung?“) im zentralen und dezentralen Finanzbereich.
  • Wie im Abschnitt „Prozesse“ erwähnt, gilt es Prozesse möglichst effizient und effektiv auszuführen. Die Rolle Production stellt die Ausführung der transaktionalen und wertschöpfenden Prozesse sicher.
  • Data Science liefert Methoden, Systeme und Prozesse zur Bereit­stellung von qualitativ hoch­wertigen Daten. Diese Rolle identifiziert, erstellt und betreibt “best-in-class” IT-Anwendungen zur Analyse und fördert eine Kultur zur Generierung und Nutzung von Daten im CFO-Bereich. Damit werden eine Vielzahl an weiteren Optimierungspotenzialen wie Advanced-Analytics-Modelle und Simulationen ermöglicht. Die Umsetzung kann durch einzelne Personen oder Einheiten wie Digital Labs – zur Bündelung der digitalen, statistischen und/oder mathematischen Kompetenz – erfolgen.
  • Die Business Partner erfüllen die ureigene Aufgabe des Controllings und diskutieren die Finanz- und Controllinginhalte mit dem Management und den Fachbereichen und unterstützen die Unternehmens­steuerung.

Dieses Rollenmodell lässt sich entlang des Finanzbereichs in eine Organisation überführen. Die CFO-Organisation der Zukunft ist mit Hilfe dieser Rollen und Verantwortlichkeiten auf Effizienz, Digitalisierung und Business Support ausgerichtet. Durchzuführende Aktivitäten werden nach Effektivitäts- und Effizienzpotenzialen in zentralen oder dezentralen Einheiten verankert und können über veränderte Rollen und Verantwortlichkeiten sowie die Verschiebung von Ressourcen verwirklicht werden (siehe Abbildung 4).

Abb 4: Klare Rollenzu­ordnung in der CFO-Organisation

Abb 4: Klare Rollenzu­ordnung in der CFO-Organisation

Wie in den vorherigen Abschnitten beschrieben, bilden harmonisierte Daten und standardisierte Prozesse die Grundlage zur Transformation des Finanzbereichs. Das führt auch zu einem Shift der Aufgaben, da der „Produktions“-Anteil abnimmt, und damit insgesamt – trotz mehr Business Partnering und Governance sowie der Etablierung von Data Science – der Headcount reduziert wird (siehe Abbildung 5).

Neben neuen Job-Profilen wird eine Entwicklung der aktuellen Mitarbeiter notwendig sein, um dieses Zielbild zu erreichen.

Abb 5: Die Entwicklung von Serviceorganisationen

Abb 5: Die Entwicklung von Serviceorganisationen

5. Fazit

CFO-Excellence wird durch Prozesse geschaffen, die mit harmonisierten Daten maximale Transparenz über die aktuelle Unternehmensperformance gewährleisten und Entscheidungsinformationen schnell zur Verfügung stellen. Um das umzusetzen, wird sich die Finanz­organisation der Zukunft massiv verändern müssen.

Unternehmen können die aktuellen Trends als Ansporn nutzen, um ihre CFO-Organisation zu hinterfragen und zu transformieren. Die beschriebenen Herausforderungen können nur durch die richtigen Daten, effektive und effiziente Prozesse und eine smarte Organisation gemeistert werden. Drei Eckpfeiler sind wesentlich:

  1. Sicher­stellung einer zentralen Stammdaten- und KPI-Definition sowie ein zentrales Data Management als Basis für effiziente Steuerung des Unternehmens.
  2. Harmonisierung von Prozessen. Die transaktionalen Kernprozesse müssen auf Basis von Standardisierung und Automatisierung bewertet und optimiert werden.
  3. Einführung eines Rollenmodells zur transparenten und effizient aufgestellten Organisation. Die CFO-Organisation und die darin durchgeführten Aktivitäten müssen neu geordnet werden.

Quellen:

1     Ostrowicz, Horváth & Partners RPA Studie, Next Generation Process Automation: Integrierte Prozessautomation im Zeitalter der Digitalisierung (2018).


Der Artikel ist in CFO aktuell (Heft 6/2019) erschienen. Mehr Infos unter: www.cfoaktuell.at

0 Kommentare

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert