Nachlese 28.NPO-Kongress: Welche Bedeutung hat soziale Nachhaltigkeit?

Wie kann man Soziale Nachhaltigkeit wirkungsvoll gestalten und steuern? Dieser Frage ging der 28. NPO-Kongress am 19. und 20. Oktober 2022 im Schloß Schönbrunn nach. Nachhaltigkeit und Sinnstiftung beschäftigen NPOs und die öffentliche Verwaltung. Neben hochkarätigen Speakern bot Österreichs größter Kongress für Non-Profit-Organisationen auch heuer fundiertes Wissen mit Praxisbezug und Raum für Austausch und Netzwerkaufbau. Knapp 130 Expert:innen folgten der Einladung von Christian Horak und Martin Bodenstorfer.

Sustainability – Von der Randerscheinung zum Top-Thema

Ein unerfreuliches Ereignis war heuer gleich zu Beginn des 28. NPO-Kongress seh- und spürbar: Der Gründer des NPO-Kongresses und langjähriger fachlicher Leiter, Christian Horak (EY Parthenon), war coronabedingt per Liveschaltung im Plenum zugeschaltet und nicht vor Ort. Glücklicherweise hat er ausgerechnet heuer mit Martin Bodenstorfer (EY Parthenon) einen fachlichen Co-Leiter an Bord geholt, der die Feuerprobe auch erfolgreich bestand.

Nachhaltigkeit hat sich in sehr kurzer Zeit von einem Nebenschauplatz zu einem Themenschwerpunkt in der strategischen Steuerung entwickelt, auch für öffentliche Organisationen, NPOs, Sozialunternehmen und Stiftungen. Doch neben der grünen Nachhaltigkeit gewinnt die soziale Nachhaltigkeit massiv an Bedeutung. „Die sozialen

Nachhaltigkeitsziele sind im Rahmen der SDGs der Vereinten Nationen rein mengenmäßig sogar umfänglicher als die grüne Nachhaltigkeit“, sagt Christian Horak. „Derzeit spielen sie in den Unternehmen aber eine untergeordnete Rolle. Wenn man den Entwicklungen folgt, dann werden diese Aspekte in den kommenden Jahren deutlich an Bedeutung gewinnen und damit zentrale Aufgaben von Führungskräften sein.“

Traditionell präsentierte Christian Horak auch heuer wieder seine Thesen zum NPO-Kongress:

  1. Nachhaltigkeit als strategisches Querschnittsthema ist grundsätzlich gekommen, um zu bleiben. In der konsequenten Umsetzung gibt es noch „Luft nach oben“.
  2. Die verschiedenen Teilelemente der Nachhaltigkeit (ESG) sind unterschiedlich intensiv diskutiert und unterschiedlich in der Umsetzung. Die grüne Nachhaltigkeit dominiert aktuell die Diskussion.
  3. Viele NPOs, Verwaltungen und Stiftungen verfolgen soziale Nachhaltigkeitsthemen in ihrem Kern(wirkungs)auftrag, können die Zielerreichung aber nur bedingt nachweisen.
  4. Die Umsetzung der sozialen Nachhaltigkeit nach innen hinkt teilweise dem externen Auftrag hinterher.
  5. Mit der zunehmenden Bedeutung und Umsetzung der sozialen Nachhaltigkeit wird auch die Wirkungsorientierung bzw. Wirkungsmessung eine Renaissance erleben bzw. Rückenwind bekommen.
  6. Konsequent gelebte soziale Nachhaltigkeit wird auch ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil am Personalmarkt sein.

Soziale Nachhaltigkeit – der unterschätzte Aspekt in der Nachhaltigkeitsdiskussion

Zwei spannende Keynotes mit zwei herausragenden Persönlichkeiten waren der Startschuss in den heurigen NPO-Kongress. Christoph Badelt (Präsident des Fiskalrats, ehemaliger Rektor der WU und ehemaliger Chef des Wifo) sprach über die unterschätzte Dimension der sozialen Nachhaltigkeit. Ökonomische Nachhaltigkeit führt meist zu Trade-offs bei der sozialen Nachhaltigkeit, als Beispiel führte er die Gelbwesten-Proteste in Frankreich an. Durch die Erhöhung der Benzinpreise kam es zu einer massiven Protestwelle. Badelt sagt: „Soziale Nachhaltigkeit wird in der politischen Diskussion oft unterschätzt und nicht ausreichend ernst genommen – obgleich gerade die aktuellen Wirtschaftskrisen die Relevanz der sozialen Nachhaltigkeit deutlich machen.“

Die zweite Keynote hielt Alice Schmidt (AS Consulting | WU Wien) zum Thema „Solving the Sustainability Puzzle: Soziale Gerechtigkeit neu denken“. Sie sagt, dass soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit in einem anderen Gleichgewicht zusammenspielen müssen als das bisher der Fall ist. Im Anschluss an die spannenden Beiträge diskutierten beide Keynote-Speaker mit Martin Bodenstorfer.

Round Table: New Leadership und Wirkungsmessung

Nach der ersten Kaffeepause fanden zwei parallele Round Tables statt. Im Round Table A diskutierte Clemens Nachbauer (Controller Institut) zum Thema Next Generation Leadership: Wert & Wirkung von nachhaltiger Führung. Dazu bat er Natalya Nepomnyashcha (Netzwerk Chancen), Christoph Mayer (Weinviertel Museum Betriebs GmbH) und Hannah Lux (Vollpension) auf die Bühne.

Gleichzeitig sprach Martin Bodenstorfer im Round Table B zum Thema Die Wirkung von (Social) Sustainability messbar machen mit Fabian Scholda (Sinnbildungsstiftung I WU), Iris Strasser (Verantwortung zeigen! Netzwerk) und Norbert Kunz (Social Impact).

Studienergebnisse und Learnings von Pflanzen

Der letzte Programmpunkt des ersten Tages bestand aus der Präsentation einer Studie zum Thema Nachhaltigkeit bei NPOs und im öffentlichen Sektor. Martin Bodenstorfer und Christina Gobin-Reider (EY Parthenon) präsentierten erstmals ihre Studie. Für den Großteil der Organisationen im öffentlichen Bereich spielt Nachhaltigkeit eine große bis sehr große Rolle (90%), 70% der Teilnehmenden geben an, Nachhaltigkeit auch bereits in der organisationalen Strategie verankert zu haben. „Nachhaltigkeit wird sowohl wirtschaftlich als auch für die öffentliche Wahrnehmung als profitables Thema gesehen“, so Bodenstorfer.

Den unterhaltsamen Abschluss bestritt Stefan Sengl (Skills Group) mit seiner Keynote „Was NPOs von Pflanzen lernen können“, denn die Wachstumsstrategien von Pflanzen können auch für Organisationen durchaus hilfreich sein.

Noch mehr Input zur sozialen Nachhaltigkeit

Nach einer kurzen morgendlichen Begrüßung durch Martin Bodenstorfer startete der zweite Tag gleich mit zwei bzw. drei parallelen Streams und Erfahrungsberichten. Leon Freytag von Loringhoven (PHINEO) berichtete von seinem Wirkungsmodell als Plattform für die Zivilgesellschaft, während Elisabeth Hörmann (Technisches Museum Wien) und Michael Kalaus (KYOCERA Austria) von der nachhaltigen Digitalisierung im Technischen Museum erzählten. Nach einer Kaffeepause ging es weiter: Wie kann man eigentlich soziale Nachhaltigkeit messen? Darüber berichteten Wolfgang Kowatsch (myAbility) und Christina Gobin-Reider, während Christian Osterhaus (Stiftung Leaders of Tomorrow) und Helene Wolf (FAIR SHARE of Women Leaders) über die künftigen Führungskräfte von NPOs sprachen. Monika Haider (equalizent) erzählte über den Werdegang einer Firma mit dem Nischenthema „Gehörlosigkeit“ hin zum größten Kompetenzzentrum in der EU. Und Michael Fembek (Essl Foundation) präsentierte über CSR-Strategien von Unternehmen.

Forum DSI – Digitale Soziale Innovationen

Ein besonderes Highlight waren auch heuer wieder die Start-ups aus dem Bereich der NPOS, die bereits seit einigen Jahren im Rahmen des NPO-Kongresses vor den Vorhang gebeten werden: Die digitalen und sozialen Innovationen. Dieses Jahr dabei: Georgi Lossmann-Iliev von magdas Social Business, Stefan Faatz-Ferstl von Soilful, Till Bönninghausen von Miri TV, Barbara Luckart von Sindbad – Social Business, Marlene Mayrhofer und Doris Rath von Psychosoziale Zentren gGmbH, Philipp Etzlinger von uugot.it, Nina Poxleitner und Julian F. Richter von wirkt. Sie alle wurden präsentiert von Margarita Mayer und Jasmin Menten (beide Controller Institut).

Intensiver Meinungsaustausch und fokussierte Spezialisierungen

Abschluss bot die Keynote rund um das Thema Einsamkeit von Diana Kinnert (Publizistin). Sie sprach über Einsamkeit. Einsamkeit ist unsichtbar und stigmatisiert, sie wird als eine Sentimentalität geringgeschätzt. Papst Franziskus aber spricht von Einsamkeit als „Geißel des 21. Jahrhunderts“, US-Altpräsident Barack Obama nennt sie „die soziale Rezession“, die ehemalige britische Premierministerin Theresa May hat ihr ein ganzes neues Ministerium gewidmet. Einsamkeit macht sehr krank, führt zu Paranoia, Angstzuständen, Depressionen, Demenz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sie ist tödlich. Und Einsamkeit greift die Substanz unseres Zusammenlebens an. In knapp 30 Jahren hat sich der NPO-Kongress als erste Anlaufstelle für Führungskräfte im deutschsprachigen Raum etabliert. Er richtet sich an Non-Profit-Organisationen, öffentliche Verwaltungen, Stiftungen und Sozialunternehmen. Als Informations- und Networking-Plattform werden topaktuelle Erkenntnisse von hochkarätigen Sprecher:innen aus Wissenschaft und Praxis in Key Notes und Plenarvorträgen anhand von persönlichen Erfahrungen und Best-Practice-Beispielen weitergegeben. Neue Methoden und Werkzeuge werden in interaktiven Workshops vorgestellt.

Save the Date: Alle Infos rund um den 29. NPO-Kongress finden Sie unter: www.npo-kongress.at!

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