Krisenresistenz von Prozessen und Organisationen
Wer hat schon mit einem extern bedingten Schock, wie jenem der COVID-19 Krise, gerechnet? Eine wesentliche Erkenntnis aus der COVID-19 Krise ist, dass zukünftig bei der Optimierung von Unternehmensprozessen und Organisationen auch die Krisenresistenz ausreichend Beachtung finden muss. Der Blogbeitrag skizziert ein praktisches Vorgehensmodell.
1. Prozesse & Organisationen in der Krise
Viele Organisationen haben bis vor Kurzem einen deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung erfahren. In diesem positiven wirtschaftlichen Umfeld investierten zahlreiche Unternehmen massiv in Innovationen und neue Geschäftsmodelle. Die Digitalisierung wurde vielfach als neue Umsatzquelle verstanden und mit erheblichem Aufwand in das bestehende Geschäft integriert. Die Themen Stabilität und Sicherheit im Bereich der Unternehmensprozesse spielten selten eine zentrale Rolle und erhielt seitens des Managements wenig Aufmerksamkeit. Wer hat schon mit einem extern bedingten Schock, wie jenem der COVID-19 Krise, gerechnet? Eine wesentliche Erkenntnis aus der COVID-19 Krise ist, dass zukünftig bei der Optimierung von Unternehmensprozessen und Organisationen auch die Krisenresistenz ausreichend Beachtung finden muss. Der Blogbeitrag skizziert ein praktisches Vorgehensmodell.
2. Identifikation krisenanfälliger Prozesse
In einem ersten Schritt müssen die kritischen Prozesse geklärt, sowie die wesentlichen Prozessrisiken identifiziert werden. Gemeinsam entwickelte Hypothesen zu fragilen und risikobehafteten Prozessen bzw. Organisationsstrukturen bilden die Ausgangsbasis. In Diskussionen mit dem Management und den Prozess-Ownern werden die Thesen validiert und erste Weiterentwicklungspotenziale für mehr Stabilität in der Organisation abgeleitet. Die dabei identifizierten, krisenanfälligen Prozesse und Strukturen werden nach ihrem Risiko und den Handlungsmöglichkeiten priorisiert sowie in einer Heatmap sichtbar gemacht. Folgende beispielhafte Prozess- und Strukturrisiken können in einer Organisation bestehen:
- Hohe Bindung von kritischen Personalressourcen durch mangelnde Automatisierungsinitiativen
- Hohe Abhängigkeit von einzelnen Stakeholdern (z.B. Lieferanten) der Organisation
- Konzentration von Expertenwissen auf einen sehr eingeschränkten Personenkreis
- Keine Alternativprozesse für kritische Kernprozesse vorhanden
- Keine Stellvertreterreglungen bei Ausfall von Führungskräften und Mitarbeitern
- …
3. Gezielte Stabilisierung von kritischen Prozessen
In dieser Phase werden – basierend auf der zuvor definierten Heatmap – alle kritischen Prozesse und Strukturen schrittweise und entlang verschiedener Stabilisierungshebel weiterentwickelt. Zunächst werden alle Möglichkeiten zur Sicherung der Prozesse im Hinblick auf Ablauf bzw. organisatorischer Rahmenbedingungen genutzt. Dazu zählen u.a. Neudesign von Soll-Prozessen, Notfallpläne für kritische Prozesse, Schaffung von Backup Prozessen für den Krisenfall sowie Klärung und Präzisierung von Zuständigkeiten und Schnittstellen. Ein weiterer zentraler Stabilisierungshebel ist die Digitalisierung / Automatisierung von Prozessen. Durch eine weitgehende Automatisierung von Prozessen werden nicht nur Kostensenkungspotenziale realisiert, sondern auch Fehlerquellen vermieden und eine höhere Unabhängigkeit von Personen realisiert.
Sofern Mitarbeiter ausfallen und nicht vor Ort ihrer Tätigkeit nachgehen können, braucht es alternative Arbeitsmodelle. Dazu zählen etwa klare Regelungen zum Thema Home-Office einschließlich der notwendigen Infrastruktur für Teleworking (u.a. Notebook mit VPN-Zugang, eine unternehmensweite Videokonferenz-Lösung wie Microsoft Teams oder WebEx, etc.). Auch im Bereich der Beschaffung lohnt es sich über Alternativen für bestehende Einkaufsprozesse nachzudenken. Partielles Insourcing, eigene Ressourcen als Backup für kritische Lieferanten oder eine gezielte Diversifikation der Lieferanten ist eine krisensichere Alternative.
4. Laufende Weiterentwicklung
Die Etablierung krisenresistenter Prozesse bzw. einer krisensicheren Organisation ist keine einmalige Projektarbeit. Es empfiehlt sich laufend und auch in Phasen der Stabilität Prozesse und Organisationsstrukturen auf ihre Krisenresistenz zu hinterfragen und gegebenenfalls korrektive Maßnahmen und Anpassungen vorzunehmen. Diese nicht unwesentliche Aufgabe sollte zudem im Unternehmen organisational verankert und mit entsprechenden personellen Ressourcen ausgestattet sein.
Fazit
Ausnahmezustände, wie jener der COVID-19 Krise, zeigen wie verwundbar und verletzlich Prozesse in Organisationen und somit Organisationen selbst sind. Sehr schnell können kritische Prozesse nicht mehr durchgeführt werden bzw. nur unter großen Anstrengungen. Unternehmen können dann nicht mehr ihre Leistungen erbringen. Aus diesem Grund müssen kritische Prozesse stabilisiert und abgesichert werden. Robuste Prozesse bilden die Grundlage für eine gesunde und vor allem krisenfeste Organisation. Auch ungewollt ist eines gewiss: Die nächste Krise kommt bestimmt!
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