Funktionale Führung im CFO-Bereich

Ergebnisse eines Peer-Reviews unter ausgewählten Konzernen in Deutschland und Österreich.


Das Beratungs­unternehmen EY hat 2019 eine Befragung von 20 deutschen und österreichischen, überwiegend börsenotierten, Konzernen zum Thema „Funktionale Führung im CFO-Bereich“ durchgeführt, um zu beleuchten, wie „stark“ die Rolle des Konzern-CFO in der Führung der Finanzfunktion ist. Die Teilnehmer der Studie wurden dabei zu unterschiedlichen organisationalen Themenbereichen, von Weisungs­rechten des CFO, über Berichtslinien und Kommunikationsformate bis hin zu Zielvorgaben, befragt. Der vorliegende Beitrag stellt die zentralen Ergebnisse dar.

1. Allgemeines zur Befragung

Im Rahmen eines Peer Reviews wurden 20 deutsche und österreichische, überwiegend börsenotierte, Konzerne befragt. Im Sample waren alle Branchen mit Ausnahme von Finanz­dienstleistern vertreten. Da es Ziel war, die funktionale Führung gegenüber nachgelagerten Organisationseinheiten zu beleuchten, wurde ein klarer Befragungsschwerpunkt auf (Groß-)Konzerne gelegt, da eine hierarchisch gegliederte Finanzfunktion, bei welcher zwischen Konzern-CFO und CFOs nachgelagerter, operativer Organisationseinheiten unterschieden wird, nur in Konzernstrukturen flächendeckend anzutreffen ist. Die Begriffe „operative Einheiten“ oder „nachgelagerte Einheiten“ werden in diesem Kontext synonym für Divisionen, Business Units, Tochter­gesellschaften oÄ verwendet.

2. Zentrale Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass der Konzern-CFO global betrachtet eine aktive Rolle wahrnimmt und in vielen wichtigen Themenbereichen rund um die Finanzagenden der nachgelagerten Einheiten erheblichen Einfluss ausübt. Folgende Ergebnisse lassen sich in diesem Zusammenhang aus dem Peer Review ableiten:

  • Weisungs­rechte des Konzern-CFO: In 60 % der Konzerne übt der Konzern-CFO ein fachliches Weisungs­recht, in 35 % auch ein disziplinarisches Weisungs­recht aus.
  • Berichtslinie zwischen Konzern-CFO und CFOs operativer OEs: Bei mehr als der Hälfte der Konzerne besteht eine direkte Berichtslinie zwischen dem Konzern-CFO und den nachgelagerten Einheiten.
  • Wahrnehmung von Business-Agenden durch CFOs operativer OEs: In vier von zehn Konzernen nehmen die operativen CFOs in relevantem Umfang Business-Agenden wahr.
  • Vorgabe qualitativer Ziele durch den Konzern-CFO: In zwei Drittel der befragten Konzerne hat der Konzern-CFO die Befugnis, verbindliche qualitative Ziele vorzu­geben.
  • Kommunikationsformate zwischen Konzern-CFO und CFOs operativer OEs: In 65 % der Konzerne erfolgt die Kommunikation über eine Kombination aus Einzel- sowie Gruppenterminen.
  • Mitsprache des Konzern-CFO bei der Besetzung nachgelagerter CFO-Funktionen: In zwei von drei Konzernen verfügt der Konzern-CFO über eine aktive Entscheidungsrolle bei der Besetzung nachgelagerter CFO-Funktionen.

3. Detailergebnisse

3.1. Weisungs­recht des Konzern-CFO

Hinsichtlich interner Weisungs­rechte kann grundsätzlich zwischen disziplinarischem und fachlichem Weisungs­recht unterschieden werden. Das disziplinarische Weisungs­recht basiert in der Regel auf der Anbindung dezentraler Einheiten über eine „solid line“ an den Konzern und bietet die formal abgesicherte Durchsetzbarkeit der Einhaltung von Richtlinien und Standards sowie eine disziplinarische Unter­stellung der MitarbeiterInnen der Finance Function.

Das fachliche Weisungs­recht basiert häufig auf der Anbindung dezentraler Einheiten über eine „dotted line“ an den Konzern und reduziert die Weisungsbefugnis gegenüber nachgelagerten Einheiten auf inhaltliche Fach- bzw Funktionsthemen. Im Vordergrund steht die Wahrnehmung fachlicher Richtlinienkompetenz sowie die Weisung an fachlich unterstellte MitarbeiterInnen.

Im Rahmen des Peer Reviews wurde untersucht, in welchem Umfang Weisungs­rechte formal verankert sind. In vielen Unternehmen weicht die gelebte Praxis von formalen Regelungen ab, zB indem formal vorhandene Durchsetzungsbefugnisse nicht nutzbar sind oder bewusst nicht genutzt werden. Der Fokus der Erhebung liegt jedoch auf den formalen Grundlagen, da ohne diese immer Goodwill in der Kooperation notwendig ist und eine dauerhafte Umsetzung der Richtlinienkompetenz nicht gewährleistet ist. Die Ergebnisse stellen sich wie folgt dar (siehe Abb 1 auf der folgenden Seite):

  • 60 % der Konzern-CFOs verfügen über ein fachliches Weisungs­recht.
  • 35 % haben darüberhinausgehend auch ein disziplinarisches Weisungs­recht.
  • Nur 5 % sind weder fachlich noch disziplinarisch weisungsbe­rechtigt.
Abb 1: Formell verankerte Weisungs­rechte des Konzern-CFO.

Abb 1: Formell verankerte Weisungs­rechte des Konzern-CFO.

3.2. Berichtslinie zwischen Konzern- und Tochter­gesellschafts-CFO

Neben der Ausgestaltung von Weisungs­rechten, kann auch die Analyse der Berichtslinien in einer Organisation Aufschluss über die Führungsstrukturen innerhalb eines Konzerns geben.

Auf die Organisation des CFO-Bereichs übertragen, ergeben sich drei grundsätzliche Möglichkeiten zur Ausgestaltung von Berichtslinien:

  • Direkte Berichtslinie: Die CFOs der operativen Einheiten berichten direkt an den Konzern-CFO (anstelle einer direkten Berichtslinie zB zum CEO).
  • Gesellschaftsabhängige Berichtslinie: Nur jene Tochter­gesellschaften, für die der Konzern-CFO eine direkte Geschäftsverantwortung trägt, berichten an diesen.
  • Keine Berichtslinie: Die CFOs der operativen Einheiten berichten direkt an den CEO, es besteht keine direkte Berichtslinie zum Konzern-CFO.

Die Ergebnisse des vorliegenden Peer-Reviews in diesem Zusammenhang überraschen, denn abweichend zur Weisungsbefugnis besteht in nur 55 % der Konzerne eine direkte Berichtslinie, in 5 % eine gesellschaftsabhängige Berichtslinie und in 40 % besteht keine direkte Berichtslinie zwischen Konzern-CFO und CFOs der nachgelagerten Einheiten (siehe Abb 2). Die starke Stellung des Konzern-CFO lässt sich unter diesem Aspekt nicht durchgängig bestätigen. Eine mögliche Begründung dafür liegt in der Wahrnehmung von Business-Agenden und damit verbunden abweichenden Berichts­verpflichtungen der CFOs operativer Einheiten.

Abb 2: Berichtslinien in der CFO-Funktion.

Abb 2: Berichtslinien in der CFO-Funktion.

3.3. Wahrnehmung von Business-Agenden durch die CFOs der operativen Einheiten

Weiters wurde untersucht, in welchem Ausmaß insbesondere die CFOs der operativen Einheiten „Business-Agenden“ wahrnehmen. Unter der Wahrnehmung von Business-Agenden werden im gegenständlichen Beitrag Agenden verstanden, die außerhalb der funktionalen Verantwortung des Finanzbereichs zu verorten sind (zB Verantwortung für IT-Themen oder Verantwortung in der Wertschöpfungskette der operativen Einheiten).

Hierbei gaben vier von zehn Konzernen an, dass CFOs der operativen Einheiten in relevantem Umfang auf unterschiedlichen Ebenen der Organisation Business-Agenden wahrnehmen. Für weitere 15 % gilt dies zumindest im Rahmen der durch den Tochter­gesellschafts-CFO operativ verantworteten Gesellschaften. Demgegenüber beschränkt sich in 45 % der Befragten der Tätigkeitsbereich der nachgelagerten CFO-Funktionen auf die funktionale Verantwortung des Finanzbereichs (siehe Abb 3).

Abb 3: Wahrnehmung von Business-Agenden durch CFOs operativer Einheiten.

Abb 3: Wahrnehmung von Business-Agenden durch CFOs operativer Einheiten.

3.4. Vorgabe qualitativer Ziele durch den Konzern-CFO

In der Unternehmenspraxis wird die Performance des Managements dominant über quantitative Ziele, zB bezogen auf Wachstum, Rentabilität oder Ausschüttungen, gemessen. In den letzten Jahren lässt sich aber eine Renaissance qualitativer Ziele feststellen. Als qualitative Ziele können auch die Umsetzung ergebnisverbessernder Maßnahmen oder die Durchführung eines konkreten Projekts gesehen werden. Die Möglichkeit, qualitative Ziele vorzu­geben, bietet also für den CFO eine wesentlich direktere Möglichkeit, auf die operativen Einheiten gestalterisch einzuwirken.

In diesem Zusammenhang gab die überwiegende Mehrheit der befragten Konzerne an, dass von Seiten des Konzern-CFO verbindliche qualitative Ziele für alle nachgelagerten Einheiten (65 %) bzw für die vom Konzern-CFO verantworteten Gesellschaften (5 %) vorge­geben werden können (siehe Abb 4). Bei weiteren 15 % erfolgt die Vorgabe qualitativer Ziele im Konsens mit den operativen Einheiten. Nur in jedem zehnten Konzern besteht für den Konzern-CFO keinerlei Möglichkeit, qualitative Ziele vorzu­geben oder anderen Vereinbarung mitzuwirken.

Abb 4: Vorgabe qualitativer Ziele durch Konzern-CFO.

Abb 4: Vorgabe qualitativer Ziele durch Konzern-CFO.

3.5. Kommunikationsformate zwischen dem Konzern-CFO und den CFOs der nachgelagerten Einheiten

Hinsichtlich der Kommunikationsroutinen, insbesondere Ergebnisdurchsprachen, zwischen Konzern-CFO und CFOs nachgelagerter Einheiten werden folgende Formate unterschieden:

  • Einzeltermine: Der Konzern-CFO und die operativen CFOs besprechen sich in individuellen, bilateralen Terminen.
  • Gruppentermine: Die Ergebnisdurchsprachen finden jeweils in einem gemeinsamen Termin statt.
  • Kombination von Einzel- und Gruppenterminen: Die Abstimmung erfolgt in einer anlassbezogenen oder institutionalisierten Mischung der beiden oben genannten Formate.
  • Keine Kommunikationstermine: Es existiert kein regelmäßiges und institutionalisiertes Meetingformat zwischen dem Konzern-CFO und den CFOs der nachgelagerten Einheiten.

In der Praxis dominiert mit 65 % die Mischung aus Einzel- und Gruppenterminen. In jedem vierten Konzern finden die Abstimmungstermine zwischen Konzern-CFO und den CFOs der nachgelagerten Einheiten in Einzelterminen statt. Gruppentermine als ausschließliche Meetingroutine wurden nicht festgestellt (siehe Abb 5). Bemerkens­wert ist hierbei, dass in jedem zehnten Konzern keine regelmäßige diesbezügliche Kommunikationsroutine installiert ist.

Abb 5: Kommunikationsformate in der CFO-Funktion.

Abb 5: Kommunikationsformate in der CFO-Funktion.

3.6. Mitsprache des Konzern-CFO bei der Besetzung nachgelagerter CFO-Funktionen

Neben einer disziplinarischen oder fachlichen Weisungsbefugnis, den installierten Berichtslinien oder der Vorgabe von Zielen und zu setzenden Maßnahmen stellt eine aktive Rolle in der Besetzung von Schlüsselfunktionen im kaufmännischen Bereich ein besonders wichtiges Instrument in der nachhaltigen Gestaltung der Finanzfunktion im Konzern dar. Hinsichtlich des Mitsprache­rechts des Konzern-CFO bei der Nach- oder Neu-Besetzung von CFO-Positionen nachgelagerter Einheiten wurden folgende drei Rollen des Konzern-CFO unterschieden:

  • Aktive Entscheider-Rolle: Der Konzern-CFO führt den Besetzungsprozess oder ist aktiv in die Entscheidung eingebunden (im Gegensatz zu einer reinen Veto-Funktion).
  • Mitsprache-Rolle: Der Konzern-CFO hat ein Mitsprache- bzw Stimm­recht, hat jedoch nicht die Befugnis, den Entscheidungsprozess zu steuern.
  • Keine Mitsprache: Der Konzern-CFO hat keinen Einfluss bzw kein Mitspracherecht.
Abb 6: Mitsprache des Konzern-CFO bei Besetzung nachgelagerter CFO-Funktionen.

Abb 6: Mitsprache des Konzern-CFO bei Besetzung nachgelagerter CFO-Funktionen.

Die diesbezüglichen Ergebnisse des Peer Reviews lassen eine sehr starke Positionierung des Konzern-CFO in der strategisch und unternehmenspolitisch wichtigen Frage der Besetzung nachgelagerter CFO-Positionen erkennen. In zwei Drittel der Fälle nimmt er dabei eine aktive Entscheider-Rolle Seite 154 ein, bei weiteren 25 % entscheidet er zumindest mit (siehe Abb 6 auf der Vorseite). Lediglich jeder zehnte Konzern-CFO hat bei der Besetzung nachgelagerter CFO-Positionen kein Mitsprache­recht.

4. Fazit

Der Peer Review zur funktionalen Führung im CFO-Bereich zeigt deutlich die starke Rolle, die CFOs in Konzernen wahrnehmen. Dies manifestiert sich in mehreren Dimensionen des Rollenbilds sowie der Ausstattung mit Kompetenzen. Dem Konzern-CFO kommt bei zentralen Themen wie etwa der Vorgabe von qualitativen Zielen sowie bei der Besetzung nachgelagerter CFO-Funktionen eine entscheidende Rolle zu. Darüber hinaus verfügt der Konzern-CFO typischerweise über umfassende fachliche und in vielen Konzernen auch über disziplinarische Weisungs­rechte und kommuniziert intensiv mit nachgelagerten Einheiten in einer Kombination aus Einzel- als auch Gruppenterminen.

Auf den Punkt gebracht

Dieser Beitrag präsentiert die Ergebnisse des Peer Reviews 2019 zur funktionalen Führung im CFO-Bereich, durchgeführt vom Beratungs­unternehmen EY. Dazu wurden führende deutschsprachige Konzerne hinsichtlich zentraler Führungsthemen aus dem Finanzbereich, wie etwa zu Weisungs­rechten, Berichtslinien und Zielvorgaben, befragt. Das Ergebnis zeigt eine starke Position des Konzern-CFO über unterschiedliche Themenbereiche hinweg.


Der Artikel ist in CFO aktuell (Heft 47/2019) erschienen. Mehr Infos unter: www.cfoaktuell.at

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