Ein gelungener Impairment-Test nach IAS 36

Der Werthaltigkeitstest aus Praxissicht. Die Durchführung von Werthaltigkeitstests gehört zu einen der größten Herausforderungen der Praxis. Dies aufgrund der Regelungskomplexität des IAS 36 zum einen und der Anforderungen auf Basis von Kapitalmarkttheorien zum anderen. Ziel des Beitrags ist es daher, einen Überblick über die wichtigsten rechtlichen und technischen Aspekte auf Basis eines konkreten Beispiels zu geben.


Im Jahr 2004 wurde mit Einführung des IFRS 3 (Phase I) die laufende Abschreibung des Firmenwerts gestrichen. An dessen Stelle trat der heute noch gültige Impairment-Only-Approach, welcher eine Überprüfung der Werthaltigkeit des Firmenwerts zumindest auf jährlicher Basis erforderlich macht.

Dabei hat zunächst zum Zeit der Akquisition (Erwerbszeitpunkt) eine Kaufpreisaufrechnung (PPA – Purchase Price Allocation) zu erfolgen, um die Höhe eines eventuellen Firmenwerts zu bestimmen.

Da jedoch ein Firmenwert für sich isoliert keinen veräußerungsfähigen oder Zahlungsmittel generierenden Wert darstellt, ist dieser in weiterer Folge in Übereinstimmung mit den Anforderungen des IAS 36.80 auf jene Zahlungsmittel generierenden Einheiten (ZGEs) bzw Gruppen von ZGEs zu verteilen, welche aus den Synergien des Zusammenschlusses profitieren. Jede Einheit oder Gruppe von Einheiten, zu der der Firmenwert so zugeordnet worden ist, hat dabei die niedrigste Ebene darzustellen, auf welcher das interne Management den Firmenwert überwacht, wobei diese nicht größer sein darf als Geschäftssegment nach IFRS 8.5.

Somit kann in weiterer Folge der erzielbare Betrag der einzelnen ZGE oder Gruppe von ZGEs ermittelt werden, welche auch den allokierten Firmenwert inkludiert. Der ermittelte erzielbare Betrag ist der höhere Betrag aus Nutzungswert und Nettoveräußerungswert.

In der Praxis ist die Berechnung des erzielbaren Betrags (vor allem die Ermittlung des Nutzungswerts) stark ermessensbehaftet, wodurch es zu häufigen Diskussionen auch im Rahmen der Abschlussprüfung bzw im Rahmen von Enforcementverfahren kommt. Seit der Aufnahme der Enforcment-Tätigkeit durch die OePR kam es bisher zu 14 Fehlerfeststellungen iZm Werthaltigkeitstests.

Im Rahmen dieses Beitrags soll daher auf Basis eines fiktiven Praxisbeispiels ein gelungener Werthaltigkeitstest unter Berücksichtigung der Anforderungen des IAS 36 dargestellt werden.

Der Praxisfall

Der Handelskonzern „Goods“ mit Hauptsitz in München kaufte vor drei Jahren 100 % der Anteile am rumänischen Produktionsunternehmen „Produce“. Im Rahmen der damals durchgeführten PPA zum Erstbewertungszeitpunkt wurde ein Firmenwert in Höhe von 168 Mio Euro aufgedeckt. Der Firmenwert wird auf Ebene der ZGE überwacht, welche dem Produktionsunternehmen als Ganzes entspricht. Alle folgenden Angaben sind in Tausenden Euro zu lesen.

Im Rahmen des jährlichen Wertminderungstests werden im ersten Schritt die zu testenden Buchwerte folgendermaßen definiert:

Tabelle 1: Darsetellung der Bilanz.

Das Working Capital wird dem langfristigen Vermögen hinzugerechnet, wodurch diese Anfangsinvestition als Abzugsposition des erzielbaren Betrags entfällt. Insgesamt ist somit die Werthaltigkeit der Vermögenswerte inkl Firmenwerte und dem Working Capital in Höhe von 630 Mio Euro zu prüfen.

Der Werthaltigkeitstest – Die Durchführung

Im ersten Schritt wird der erzielbare Betrag nach dem Nutzungswertverfahren gemäß IAS 36 ermittelt. Die vom lokalen Management erstellte und dem lokalen Aufsichtsrat zur Kenntnis genommene Mittelfristplanung wird auf Ebene der Konzernspitze in München modifiziert. Die Planung ist zwar in Euro erstellt, die Cashflows werden jedoch in rumänische Leu generiert. Da es sich bei der Mittelfristplanung primär um Vertriebsziele handelt, wird diese Vorhersage gemäß IAS 36.33(b) zwar als Basis heranzogen, die Mittelflüsse aus künftigen Verbesserungen bzw Erhöhungen der Ertragskraft jedoch eliminiert und nach IAS 36.34 die übrigen Mittelflüsse entsprechend der Erfahrung aus negativen Soll/Ist-Abweichungsanalysen vergangener Cash-Flow-Prognosen nach unten korrigiert und auf dieser Basis ein entsprechender belastbarer Erwartungswert generiert. Die korrigierte Planung der Cash Flows zeigt folgendes Bild:

Tabelle 2: Darstellung der NOPAT-Planung

Aufgrund der mangelnden Treffsicherheit vergangener Prognosen und der damit verbundenen mangelnden Verlässlichkeit der Planung ist nach IAS 36.35 die Detailplanungsperiode mit maximal fünf Jahre zu begrenzen. Da sich das Unternehmen derzeit in einem guten konjunkturellen Umfeld befindet, wird weiteres Wachstum in den kommenden Jahren angenommen. Aufgrund der über die letzten Jahrzehnte beobachtbaren Zyklen ist jedoch für den eingeschwungenen Zustand nicht mit einem anhaltenden Wachstum zu rechnen. Dies spiegelt sich auch in der Renditeerwartung der Kapitalgeber wider, wonach der Abzinsungssatz mit 6,0% auf ein eingesetztes Kapital von 630 Mio Euro einen nachhaltigen Cashflow von 37,8 Mio Euro (= 6 % * 630) erwarten lässt. Da das Unternehmen keine marktbeherrschende Position einnimmt und sich in keiner besonders angeschlagenen Situation befindet, sind auf die Ewigkeit betrachtet weder Über- noch Unterrenditen zu erwarten.

Das langfristige Wachstum auf die Ewigkeit wird mit hälftiger Inflationserwartung in Höhe von 1,0% angenommen. Das entsprechende Thesaurierungserfordernis in Höhe von 16,67 % (=1 %/6 %) ergibt 6,3 Mio Euro. Als Cashflow der ewigen Rente wird somit 31,5 Mio Euro (37,8 – 6,3) für Impairment-Test-Zwecke verwendet.

Um eine angemessene Diskontierung dieser Mittelzuflüsse zu gewährleisten und da ein nach IAS 36.A16 vermögenswertespezifischer Zinssatz nicht direkt über den Markt erhältlich ist, werden Ersatzfaktoren zur Schätzung des Abzinsungssatzes verwendet. Als Ausgangspunkt werden gemäß IAS 36.A17 die durchschnittlich gewichteten Kapitalkosten des Unternehmens mithilfe des Capital Asset Pricing Models (CAPM) errechnet. Entsprechende Anpassungen der Risiken, welche nicht bereits in den Cashflows berücksichtigt wurden, werden direkt im Abzinsungssatz integriert. Es ist somit ein nach IAS 36.56 erforderlicher Zinssatz, der die gegenwärtigen Markteinschätzungen des Zinseffekts und die speziellen Risiken widerspiegelt und stellt somit die Rendite dar, die ein Investor verlangen würde, wenn eine Finanzinvestition zu wählen wäre, die Cashflows über Beträge, Zeiträume und Risikoprofile erzeugen würde, die vergleichbar mit denen der ZGE wären.

Als erstes wird zur Bestimmung der unabhängigen Kapitalstruktur nach IAS 36.A19 und des Beta eine angemessene Peer Group definiert. Insgesamt wurden 12 STOXX600-Unternehmen identifiziert, welche gleiche oder sehr ähnliche Produkte herstellen und vertreiben, eine ähnliche Größenordnung aufweisen und sich in einem sehr ähnlichen Unternehmenslebenszyklus befinden. Alle Unternehmen der Peer Group sind in AAA-Staaten ohne Länderrisiko angesiedelt. Nach eingehender Analyse wurde festgestellt, dass die Entwicklung des STOXX600 mit jener des von Damodaran verwendeten S&P 500 nahezu ident ist. Zur Ermittlung der Marktrisikoprämie wird daher Damodaran als Basis heranzogen, welcher 6,0% für den entsprechenden Stichtag ermittelt. Da über den S&P500 und letztlich dadurch in der Entwicklung der Marktrisikoprämie von Damodaran jedoch ein USD-Risiko unterliegt, wird im ersten Schritt diese implizite Marktrisikoprämie zur ursprünglichen Marktrendite korrigiert, indem der USD-Basiszinsberücksichtigt wird. Von dieser Marktrendite ist der Euro-Basiszins nun entsprechend anzusetzen, wodurch die implizit zu verwendende Marktrisikoprämie 8,0 % beträgt.

Um eine Doppelberücksichtigung zu vermeiden, wird das Währungsrisiko im rumänischen Leu im Rahmen eines Inflationsdifferenzials und das Länderrisiko als zusätzliches Marktrisiko separat berücksichtigt.

Die Entwicklung des Beta wurde anhand von wöchentlich über die letzten fünf Jahre beobachtbaren Unlevered Beta (= 52*5 = 260 Bezugspunkte) im Median hergeleitet. Als Kapitalstruktur wurde der Median der Peer Group zum Bewertungszeitpunkt herangezogen. Diese beläuft sich auf eine Fremdkapitalquote von 60 %.

Tabelle 3: Revelered Beta

Der Zinssatz stellt sich daher wie folgt dar:

Tabelle 4: Ermittlung des Abzinsungssatzes

Da IAS 36.A20 einen Vor-Steuer-Zinssatz verlangt, die Grundlage für die Schätzung des Abzinsungssatzes aber eine Betrachtung nach Steuern ist, ist die Grundlage anzupassen, um einen Zinssatz vor Steuern widerzuspiegeln. Dies wird dadurch erreicht, dass der Nutzungswert im ersten Schritt basierend auf Nachsteuer-Cashflows mit dem Nachsteuerzinssatz errechnet wird und danach der Vorsteuer-Zinssatz über iterative Betrachtung hergeleitet wird.

Da die Cashflows nahezu gleichmäßig über das gesamte Jahr verteilt anfallen, erfolgt die Diskontierung entsprechend.

Die Nutzungswertberechnung stellt sich folgendermaßen dar:

Auf eine separate Ermittlung eines beizulegenden Zeitwerts abzüglich Verkaufskosten wird gem IAS 36.20 verzichtet, da es keine Grundlage für die verlässliche Schätzung des Marktpreises gibt, zu dem unter aktuellen Marktbedingungen am Bemessungsstichtag ein geordneter Geschäftsvorfall zwischen Marktteilnehmern stattfinden würde, im Zuge dessen die ZGE verkauft würde. Es kann daher der Nutzungswert direkt als erzielbarer Betrag verwendet werden.

Da der Barwert die zu testenden Buchwerte um 40 Mio Euro überschreitet, ist der Firmenwert werthaltig.

Zusammenfassung

Neben einer angemessenen und zuverlässigen Cashflow-Planung und der technisch korrekten Berücksichtigung des Working Capital ist für einen gelungenen Impairment-Test nach IAS 36 vor allem der Diskontierungszinssatz ein wesentlicher Bewertungstreiber. Jene Risikoelemente, welche in der Cashflow-Planung keinen Niederschlag finden, sind über entsprechende Marktdaten, bezogen auf die zu bewertenden Vermögenswerte, zu ermitteln. Neben dem Zinseffekt werden solche speziellen Risiken insb über implizite Marktrisiko- und Länderrisikoprämien, Inflationsdifferenziale und Kreditrisikoaufschläge (Credit Spreads) für die den Vermögenswerten vergleichbaren Finanzierungen berücksichtigt. Diese Vergleichbarkeit bestimmt vor allem die Angemessenheit und Zuverlässigkeit der Annahmen. Besondere Aufmerksamkeit sollte im Falle von ewigen Renten auf dem Zusammenhang zwischen ihren vom Markt abgeleiteten Kapitalkosten nach CAPM und den tatsächlichen Renditeerwartungen des Unternehmens liegen. Je weiter diese Betrachtungen voneinander mittelfristigauseinanderliegen, desto mehr wird man sich überlegen müssen, wie zuverlässig und angemessen entweder die Ableitung des Diskontierungszinssatzes und/oder die Cashflow-Planung ist, um diese Abweichungen auch nachvollziehbar argumentieren zu können. Auch sollten technische Aspekte wie die korrekte Berücksichtigung von Steuern, des zeitlichen Anfalls der Cashflows oder Investitions- und Thesaurierungserfordernisse nicht außer Acht gelassen werden. Bei angemessener Berücksichtigung all dieser potenziellen Fallstricke wird einem gelungenen Impairment-Test nach IAS 36 nichts mehr im Wege stehen.

Anhangangaben

Ein Unternehmen hat im Zusammenhang mit Werthaltigkeitstests, auch wenn es zu keiner Abwertung (oder Zuschreibung) gekommen ist, umfassende Anhangangaben zu machen. Dabei hat ein Unternehmen nach IAS 36.134 für zahlungsmittelgenerierende Einheiten (ZGE), welchen ein wesentlicher Firmenwert zugeordnet wurde unter anderem folgendes anzugeben:

  1. Den Buchwert des der ZGE zugeordneten Firmenwerts;
  2. Die Grundlage, auf der der erzielbare Betrag der Einheit bestimmt worden ist;
  3. Wenn (wie in unserem Beispiel) ein Nutzungswert ermittelt wurde:
  4. Eine Beschreibung jeder wesentlichen Annahme, auf der das Management seine Cashflow-Prognosen für den durch die jüngsten Finanzpläne/Vorhersagen abgedeckten Zeitraum aufgebaut hat;
  5. Eine Beschreibung des Managementansatzes zur Bestimmung der (des) zu jeder wesentlichen Annahme zugewiesenen Werte(s), ob diese Werte vergangene Erfahrungen widerspiegeln oder ob sie gegebenenfalls mit externen Informationsquellen übereinstimmen, und wenn nicht, auf welche Art und aus welchem Grund sie sich von vergangenen Erfahrungen oder externen Informationen unterscheiden;
  6. der Zeitraum, für den das Management die Cashflows geplant hat, die auf den vom Management genehmigten Finanzplänen/Vorhersagen beruhen, und wenn für eine ZGE ein Zeitraum von mehr als fünf Jahre benutzt wird, eine Erklärung über den Grund, der diesen längeren Zeitraum rechtfertigt;
  7. die Wachstumsrate, die zur Extrapolation der Cashflow-Prognosen jenseits des Zeitraums benutzt wird, auf den sich die jüngsten Finanzpläne/Vorhersagen beziehen, und die Rechtfertigung für die Anwendung jeglicher Wachstumsrate, die die langfristige durchschnittliche Wachstumsrate für die Produkte, Industriezweig oder Land bzw Länder, in welchen das Unternehmen tätig ist oder für den Markt, für den die Einheit(en) bestimmt ist, übersteigen;
  8. der (die) auf die Cashflow-Prognosen angewendete Abzinsungssatz (-sätze);
  9. Wenn eine für möglich gehaltene Änderung einer wesentlichen Annahme, auf der das Management seine Bestimmung des erzielbaren Betrags der Einheit(en) aufgebaut hat, versuchen würde, dass der Buchwert der Einheit(en) deren erzielbaren Betrag übersteigt, sind weiters umfassende Angaben zu machen, um dieses Risiko entsprechend transparent offenzulegen.

Der Artikel ist urspünglich im Manz Verlag erschienen. Weitere Informationen finden Sie hier.

0 Kommentare

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert