Die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken ins Risikomanagement: Herausforderungen und Chancen


In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und Risikomanagement zunehmend verschmelzen, beleuchtet Werner Gleißner die Herausforderungen und Chancen, die sich aus den neuen Sustainability Reporting Standards ergeben. Dieses Interview liefert wertvolle Einblicke in die Komplexität der Integration von ESG-Risiken in das Unternehmensrisikomanagement und unterstreicht die Bedeutung von spezifischen Fähigkeiten und Ressourcen.


Controller Institut: Was sind – angesichts der neuen Sustainability Reporting Standards – die größten Herausforderungen für das Risikomanagement und wie können diese bewältigt werden?

Werner Gleißner: Die größte Herausforderung besteht momentan darin Konsistenz zwischen Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD/ESRS) und Risikomanagement sicherzustellen. Praktisch alle in den Standards genannten Nachhaltigkeitsaspekte haben unsichere Auswirkungen und können daher als Nachhaltigkeitsrisiken aufgefasst werden. Die Besonderheit besteht darin, dass die nichtfinanziellen und die finanziellen Auswirkungen zu quantifizieren sind; und zwar konsistent zueinander. Es ist insbesondere sicherzustellen, dass die finanziellen Auswirkungen der Nachhaltigkeitsrisiken sachgerecht entsprechend der Methoden des Risikomanagements quantifiziert und so im Risikomanagement, speziell bei der Risikoaggregation, berücksichtigt werden. Eine Herausforderung besteht auch darin, dass bei der Priorisierung Unterschiede zu beachten sind (im Risikomanagement geht es letztlich um Nettorisiken; in der Nachhaltigkeitsberichterstattung sind auch Bruttorisiken relevant).

Controller Institut: Welche spezifischen Fähigkeiten und Ressourcen sind für die GRC-Funktion in Bezug auf ESG-Risiken erforderlich?

Werner Gleißner: Notwendig ist die Fähigkeit einer sachgerechten Quantifizierung von finanziellen und nichtfinanziellen Auswirkungen bei Nachhaltigkeitsrisiken (siehe 1.). Grundvoraussetzung ist, dass schon allein die für das Risikomanagement im Allgemeinen erforderlichen Fähigkeiten aufgebaut und dann auf das Spezialfeld der Nachhaltigkeitsrisiken angewandt werden. Hier sind insbesondere die Verfahren für die sachgerechte Quantifizierung und simulationsbasierte Aggregation von Risiken, mit Bezug auf die Unternehmensplanung, zu nennen (Monte-Carlo-Simulation). Zudem müssen Konzepte, Daten und Methoden auch genutzt werden, um nichtfinanzielle Auswirkungen sachgerecht zu quantifizieren (z.B. CO2-Emission in Tonnen und mögliche gesundheitliche Schäden durch Arbeitsunfälle oder Umweltverschmutzung).

Controller Institut: Inwiefern bietet die Implementierung und Integration von ESG-Risiken in das ERM eine Chance, das Risikomanagement auf ein neues Level zu heben?

Werner Gleißner: Der Umfang von Nachhaltigkeitsrisiken am Gesamtrisikoumfang ist bei den meisten Unternehmen „überschaubar“. Entsprechend sollte ein einseitiger Fokus auf die Nachhaltigkeitsrisiken vermieden werden. Es geht letztlich um den Gesamtrisikoumfang. Allerdings geben CSRD/ESRS einen Anstoß sich insgesamt mit den Fähigkeiten im Risikomanagement, speziell bei der Quantifizierung, Aggregation, Überwachung und Bewältigung von Risiken im Allgemeinen, und Nachhaltigkeitsrisiken im Besonderen, zu befassen. Die Bedeutung des Risikomanagements und der hier verwendeten Methoden wird durch CSRD und ESRS deutlicher, so dass genau dieser „Anstoß“ zu einer Weiterentwicklung der Fähigkeiten des Risikomanagements im Allgemeinen genutzt werden sollte.


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