Performance-Optimierung im CFO-Bereich – und darüber hinaus

Vor dem Hintergrund der aktuellen Rezession bzw Stagflation, einer hohen Teuerung, signifikanten Lohn- und Gehaltsabschlüssen und der Schwierigkeit, höhere Preise am Markt durchzusetzen, liegt der Fokus in vielen Unternehmen darauf, Kosten und Strukturen zu hinterfragen und die Performance zu optimieren – allgemein, und auch im CFO-Bereich. Der Beitrag geht auf sechs neue und bewährte Hebel für Performance-Optimierung ein und beschreibt, wie CFOs diese anwenden können, um ihren Bereich und das Unternehmen zukunftsorientiert auszurichten.


1. Performance steht (wieder) im Fokus

Die „Basics“ sind für CFOs in vielen Unternehmen vergleichbar, wenn auch branchen-, größen- und geschäftsmodellspezifisch auszuprägen. Es muss richtig gebucht und bewertet werden, um den Abschluss und die Auditierbarkeit sicherzustellen, eine Kosten- und Ergebnis­rechnung gibt Auskunft über Umsätze, Kosten und Margen für ua Produkte/Kund:innen. Finanzierung, Liquiditätsmanagement und Risikomanagement sind zu etablieren. Ohne die Wahrnehmung dieser grundsätzlichen Aufgaben eines Finanzbereiches können Unternehmen lang­fristig nicht überleben (siehe Abbildung 1).

Datei: images/cfoaktuell_2023_6_213-4.jpg

Abb 1: Performance steht wieder stärker im Fokus.

Neben den Basics lag der Fokus vieler CFOs in den letzten Jahren darauf, das Unternehmen und den CFO-Bereich an sich laufend ändernde Umweltbedingungen anzupassen: COVID-19, Krieg in der Ukraine, steigende Energiepreise, zunehmende Digitalisierung, War for Talents, beginnende Klimakatastrophe, (drohende) Rezession. Resilienz stand im Vordergrund,1 und Maßnahmen wurden darauf ausgerichtet: Prozesse digitalisiert, das ERP an neue Herausforderungen und Geschäftsmodelle angepasst (in vielen Fällen verbunden mit der Transformation von SAP R/3 auf S/4HANA), die ESG-Compliance sichergestellt, Investitionsbeurteilungen aktualisiert und mehr.

Doch sowohl Basics als auch Resilienz allein machen ein Unternehmen nicht erfolgreich. Insbesondere dann nicht, wenn die Wirtschaftssituation so herausfordernd und kompetitiv wie aktuell ist. Vor dem Hintergrund der aktuellen Rezession bzw Stagflation, der abnehmenden aber weiterhin sehr hohen Teuerung, von Lohn- und Gehaltsabschlüssen im zweistelligen Prozentbereich sowie der gleichzeitigen Schwierigkeit, höhere Preise auf (internationalen) Märkten durchzusetzen, müssen Unternehmen nun wieder verstärkt den Fokus auf Performance legen. Es ist zu hinterfragen, welche Prozesse und Inhalte besser und effizienter ausgeführt werden können – im CFO-Bereich und darüber hinaus.

2. Sechs Hebel zur Performance-Steigerung

Um die Performance eines Unternehmens zu steigern, gibt es eine Vielzahl an Maßnahmen. Marktseitig, also mit Fokus auf die Top-line, beispielsweise neue Kund:innen zu gewinnen, neue Märkte zu erschließen, die Preisdurchsetzung zu optimieren, oder neue Pricing-Modelle anzuwenden.

Gleiches gilt für die Bottom-line, auf der der Fokus des vorliegenden Beitrags liegt: Kosten dort zu sparen, wo die Leistungserbringung in Produktion und Verwaltung nicht leidet. Um das möglich zu machen, müssen in der Regel nicht gänzlich neue Methoden oder Instrumente entwickelt werden, sondern bewährte Tools aus dem CFO- und CEO-Baukasten – ggf angepasst – (wieder) Anwendung finden.

Aus zahlreichen Diskussionen und Projekten in den letzten Monaten können sechs Hebel abgeleitet werden, die geeignet sind, um die Performance im CFO-Bereich und darüber hinaus zu optimieren (siehe Abbildung 2). Im vorliegenden Beitrag werden sie kurz vorgestellt.

(#1) End-to-End-Prozesse konsequent umsetzen und organisatorisch verankern

Den meisten Führungskräften ist bewusst, dass eine Optimierung frühzeitig im Prozess (zB die richtigen Kontierungsinformationen bei einer Bestellanforderung) den Aufwand später im Prozess (zB bei Wareneingang und Verbuchung) deutlich und oft überproportional reduzieren. Auch auf Fehlerquoten und Durchlaufzeiten wirken sich konsequent implementierte End-to-End-Prozesse positiv aus. Aber: End-to-End-Prozesse werden seit (mindestens) 20 Jahren in Unternehmen diskutiert, sind aber nur in wenigen Unternehmen erfolgreich umgesetzt.

Viele Unternehmen nehmen aktuell wieder einen Anlauf, um End-to-End-Prozesse zu etablieren. Grund ist, dass die Basisautomatisierung (Workflows, elektronische Unterschriften etc) und Optimierungen in den Abteilungen selbst bereits häufig ausgeschöpft sind.2 Weitere Verbesserungen sind nur möglich, wenn ein Blick über den Abteilungstellerrand geworfen wird.

Datei: images/cfoaktuell_2023_6_214.jpg

Abb 2: Sechs Hebel zur Performance-Steigerung.

Um aber End-to-End-Prozesse erfolgreich umzusetzen, müssen fachliche, technische und organisatorische Anforderungen erfüllt werden:

Eine ganzheitliche und abteilungsübergreifende Konzeption mit einem Greenfield– oder Smart-Brownfield-Ansatz bildet die Basis.
Die Integration aller relevanten Informationen und Prozessschritte in harmonisierten Systemen hilft, dass End-to-End-Prozesse effizient umgesetzt werden.
Zur Messung des Erfolgs und zur stetigen Verbesserung müssen die Prozesse durch KPIs evaluiert und Maßnahmen abgeleitet werden.

Der wichtigste Hebel ist aber die organisatorische Verankerung. Deren Fehlen oder fehlende Nachhaltigkeit nach einem initialen Aufsatz ist ein wesentlicher Grund, warum End-to-End-Prozesse in der Praxis häufig nicht funktionieren. Dezidierte abteilungsübergreifende Verantwortliche müssen benannt und mit den notwendigen Entscheidungskompetenzen ausgestattet werden.

(#2) State-of-the-Art-Finanz­organisationen sind teil-agil aufgestellt

In den letzten Jahren hat die Bedeutung von agilen Teams – generell sowie auch im CFO-Bereich – zugenommen. Agile Teams übernehmen Projekte und Spezialaufgaben und sind eine Art „schnelle Eingreiftruppe“ für neue unvorhergesehene Themen. Es gibt aber auch weiterhin zahlreiche Aufgaben, deren Fokus auf Effizienz liegt, zB bei transaktionalen Themen oder beim Monatsabschluss. In einer modernen Finanz­organisation dürfen sich deshalb hohe Effizienz und agile Teams nicht ausschließen, die Organisation stellt ein „Best of both worlds“ dar und nutzt die jeweiligen Stärken.

Um aber das Potenzial teil-agiler Organisationen zu heben, muss eine klare Aufgabentrennung zwischen Finance Backbone und agilen Teams sichergestellt werden. Das Finance Backbone bearbeitet wiederholende Aktivitäten, für die häufig tiefes und sehr spezialisiertes Fachwissen benötigt wird. Diese Aktivitäten werden durch Standardisierung, Harmonisierung und Zentralisierung möglichst weit automatisiert. Wenn für die Aktivitäten die Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen notwendig ist, ist die End-to-End-Integration voranzutreiben. Auch ein Schritt in Richtung Global Business Services oder Shared Service Organisationen ist in weiterer Folge möglich.

Agile Teams bearbeiten innovative und/oder projektbezogene Tätigkeiten, die komplex, unklar und/oder neu sind. Dazu muss in den agilen Teams Fachwissen aus verschiedenen Funktionen (FI/CO, HR, IT etc) vereint werden. Durch das Loslösen der agilen Teammitglieder aus fachlichen Silos können raschere Reaktionen auf neue Themen umgesetzt und schnellere Durchlaufzeiten von Projekten erzielt werden. Gleichzeitig wird das Finance Backbone entlastet, da die Mitarbeiter:innen sich nicht um aufkommende Sonderthemen kümmern müssen.

(#3) Ein Fast Close ist die Basis, ein Fast Forecast schafft kompetitive Vorteile

Ein Fast Close ist in vielen Unternehmen bereits State of the Art, bildet aber „nur“ die Grund­voraussetzung für die Steigerung der Performance. Der eigentliche Mehrwert entsteht erst durch einen raschen Blick in die Zukunft und das schnelle Treffen der (richtigen) Entscheidungen. Nur wenn das Unternehmen in der Lage ist, sich schneller an das Umfeld anzupassen als der Mitbewerb, können Konkurrenzvorteile erzielt werden (siehe Abbildung 3).

Die Optimierung des Fast Close erfolgt insbesondere durch einen früheren Buchungsschluss, die Verschiebung von Abschlussaktivitäten in den Monat, klare Prozesse und Eskalationspfade sowie Automatisierung. Beim Fast Forecasting muss überlegt werden, welche Inhalte erfolgskritisch sind und wie diese möglichst rasch vorhergesagt werden können. Dabei steht eine Reduktion des Umfangs und Inhalts des Forecasts ebenso im Vordergrund, wie die Etablierung von Treibermodellen, um anhand operativer Treiber rasch finanzielle Werte voraussagen zu können. Ein weiterer Ansatzpunkt sind hier zunehmend auch Predictive- oder AI-Modelle, die einzelne operative Treiber mit geringem Aufwand und in hoher Geschwindigkeit berechnen können.

Datei: images/cfoaktuell_2023_6_215-1.jpg

Abb 3: Kompetitiver Vorteil durch Fast Close und Fast Forecast.

(#4) Das Finance-Serviceportfolio muss hinterfragt werden

Neben der allgemeinen Teuerung und den massiven Steigerungen bei Rohstoffpreisen und Energie sind auch die Lohn- und Gehalts­kosten stark angestiegen; in vielen Branchen kumuliert um 20 bis 30 % in den letzten zwei bis drei Jahren. Gründe dafür waren sowohl Kollektiv­vertragssteigerungen als auch höhere (Einstiegs-) Gehälter sowie sonstige Benefits, die den Mitarbeiter:innen geboten werden müssen, um in Zeiten des War for Talents die richtigen Personen zu finden und/oder an ein Unternehmen zu binden. Diese Mehrkosten lassen sich häufig nur schwer auf Kund:innen umlegen, vor allen in internationalen Absatzmärkten.

Bei 20 bis 30 % höheren Kosten reicht die Optimierung der ein oder anderen Stellschraube hier und da nicht mehr aus. CFOs müssen sich deswegen neben der Frage, wie Services angeboten werden sollen, auch mit der Frage auseinandersetzen, ob bestimmte Services grundsätzlich noch angeboten werden sollen. In diesem Zusammenhang werden vier altbewährte Methoden wieder häufiger diskutiert:

Zero-based Budgeting (ZBB): Die notwendigen Aufgaben und Kosten zur Leitungserbringung werden „von Null auf“ und „ohne Blick zurück“ neu geplant. Ziel ist ein ganzheitliches Hinterfragen und eine effiziente Ressourcennutzung.
Gemein­kostenwertanalyse: Interne Leistungen werden auf Notwendigkeit, Service-Level und Effizienz geprüft. Ziel ist, alles zu hinterfragen, ohne den Unternehmensoutput zu beeinträchtigen. Benchmark-Vergleiche können ein guter Startpunkt sein.
Zentralisierung/Shared Service Organisation: Bündelung von Aufgaben in bestehenden (Brownfield) oder neuen (Greenfield) Einheiten innerhalb einer Organisation. Das SSC kann sowohl virtuell als auch physisch oder eine Kombination beider Aspekte sein.
Outsourcing: Vergabe an externe Dienstleister:innen, die die Aufgaben besser und/oder günstiger erbringen können.
Datei: images/cfoaktuell_2023_6_215-2.jpg

Abb 4: Vier Schritte zur Optimierung des Service-Portfolios.

Die Analyse der Services kann in vier Schritten erfolgen (siehe Abbildung 4): Zuerst wird die Notwendigkeit betrachtet, die Leistungen weiterhin anzubieten. Anschließend wird die Angemessenheit der heutigen Service-Levels aus Empfänger:innensicht beurteilt. Daraufhin wird erörtert, ob die Leistungen intern kostenoptimal erbracht oder zugekauft werden können. Zuletzt wird der Optimierungsbedarf der Prozesse und Systeme seitens der Leistungserbringerin/des Leistungserbringers geprüft.

(#5) Working Capital Management wird wieder relevant(er)

Die (Leit-) Zinsen sind gekommen, um zu bleiben. Nach mehr als zehn Jahren mit keinen oder sehr niedrigen Zinsen kann – auch vor dem Hintergrund, dass sie im historischen Vergleich weiterhin durchaus niedrig sind – von einem in den nächsten Jahren allgemein höheren Zinsniveau ausgegangen werden.

Aus diesem Grund ist ein Revival des Working Capital Managements sichtbar – eine Disziplin, die in den letzten Jahren häufig nicht im Fokus stand. Die Optimierung des Cash-to-Cash-Zyklus, insbesondere Verbindlichkeiten, Vorräte und Forderungen im Umlauf­vermögen, aber auch im Anlage­vermögen, steht damit wieder im Fokus.

In diesem Beitrag soll nicht im Detail auf das Working Capital Management eingegangen werden. Wichtig ist aber, dass dies nicht nur längere Zahlungsziele und eine „simple“ Bestandsreduktion betrifft, sondern insbesondere auch strategische Tätigkeiten mit entsprechend größeren Auswirkungen hier diskutiert werden müssen: Ersatzteilhaltung und -konzepte, Bereinigung des Produktportfolios, Hinterfragen des Service-Levels gegenüber Kund:innen, Produktionslosgrößen, Product-Lifecycle-Management uvm.

(#6) „Strategic Streamlining“ als Weg, die Komplexität zu reduzieren

In guten Zeiten erfolgen in Unternehmen oft mutige Investments, Experimente, Kapazitätserweiterungen und sonstige Maßnahmen, um über das Tages­geschäft hinausgehend neue Wege einzuschlagen. Das ist auch sinnvoll, um sich zu verbreitern und neue Chancen zu nutzen. Aber: Geschäftsmodelle sammeln über die Jahre Ballast an. Oft sind es alte Zöpfe, die aufgrund politischer Themen nicht konsequent angegangen werden. Während im operativen Geschäft durch Operational Excellence Effizienzen gehoben werden, braucht es auf Führungsebene einen vergleichbaren Prozess, um strategische Komplexität zu reduzieren. Das verstehen wir unter Strategic Streamlining.

Beim Strategic Streamlining wird die grundsätzliche Strategie beibehalten. Es bedeutet aber eine Fokussierung auf die strategisch und finanziell unabdingbaren Geschäftsfelder, dh zurück zum strategischen Kern des Unternehmens. Ziel des Strategic Streamlinings ist ein optimiertes Leistungsportfolio. Neben der Exklusion von unprofitablen Geschäftsfeldern gibt es weitere Vorteile:

Klarere Ausrichtung des Unternehmenszwecks und der Ziele und damit auch Stärkung der Identität und Unternehmenskultur,
Reduktion von Risiko durch Vereinfachung,
geschärftes Leistungsportfolio gegenüber Kund:innen und geringere Komplexität,
höhere Anpassungsfähigkeit und Flexibilität auf Kund:innenbedürfnisse und Rahmenbedingungen sowie
schnellere Go-to-Market-Strategien und Entwicklungen durch höheren Fokus.

Das Horváth 7K-Strategiemodell3 kann für die Strukturierung und Analyse von Geschäftsaktivitäten in Unternehmen verwendet werden, illustrative Beispiele für zu stellende Fragen im Rahmen des Strategic Streamlinings sind in Abbildung 5 zu finden.

Datei: images/cfoaktuell_2023_6_216.jpg

Abb 5: Optimierung des Geschäftsmodells durch das 7K-Strategiemodell.

3. CFO quo vadis? Wie aus Maßnahmen eine Strategie wird!

Viele CFOs haben in den letzten Jahren den Fokus darauf gelegt, resiliente Strukturen zu schaffen, um die multiplen Krisen zu bewältigen. Doch Resilienz allein macht ein Unternehmen nicht erfolgreich, auch eine hohe Performance ist notwendig. Die Balance von Performance und Resilienz muss entsprechend der aktuellen Marktlage kontinuierlich angepasst werden. Wie im Beitrag erwähnt, liegt der Fokus hierbei nicht immer in innovativen und neuen Themen, auch wenn Digitalisierung und AI bei vielen Maßnahmen helfen können. Für viele Performance-Optimierungen gilt es vielmehr, bekannte Hebel konsequent umzusetzen.

Vor dem Hintergrund limitierter Ressourcen ist in der Regel eine gleichzeitige Umsetzung aller Hebel nicht möglich. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass je konsequenter und lang­fristiger eine Maßnahme durchgeführt wird, umso höher die erwartbaren Auswirkungen auf die Performance sind; E2E-Prozesse sind zB kein Quick-Win. CFOs müssen daher eine klare Agenda entwickeln, sich für ausgewählte Hebel entscheiden, konkrete Maßnahmen daraus ableiten, und diese konsequent umsetzen. Das ist der Schlüssel zur Performance-Optimierung; im CFO-Bereich und darüber hinaus.

0 Kommentare

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert