Ab 2019 wird Horizontal Monitoring eingeführt

Die „begleitende Kontrolle“ als Alternative zur klassischen Betriebsprüfung?

Mit dem Jahres­steuergesetz 2018 (JStG 2018)1 wird in Österreich ab 2019 das Horizontal Monitoring eingeführt. Dieses neue Instrument bietet Unternehmen in Zukunft die Möglichkeit einer begleitenden, regelmäßigen Kontrolle durch die Außen­prüfungsorgane der Großbetriebs­prüfung – und damit eine Alternative zur klassischen steuerlichen Außen­prüfung im Nachhinein. Daher stammt auch die gesetzliche Bezeichnung „begleitende Kontrolle“. Die Einführung von Horizontal Monitoring stellt einen Paradigmenwechsel von der vergangenheitsbezogenen Außen­prüfung (Ex-post-Prüfung) zur einer gegenw­artsbezogenen Begleitung von Unternehmen dar, ohne dabei die behördlichen Kontrollaspekte zu vernachlässigen.2

1. Vorbild

Die Idee des Horizontal Monitoring geht auf Vorbilder von Cooperative-Compliance-Modellen aus dem Ausland zurück, etwa aus den Niederlanden oder Australien.3 Außerdem empfahl bereits die OECD, alternative Prüfungsweisen wie Enhanced Relationship, Cooperative Compliance oder eben Horizontal Monitoring zu berücksichtigen, die alle eine zeitnahe Kontrolle ermöglichen sollen.4

Die Besonderheit bei dieser Neueinführung ist, dass man bereits auf Erfahrungen zurückgreifen kann, die aus einem mehrjährigen Pilotprojekt der österreichischen Finanz­verwaltung mit 17 beteiligten Unternehmensgruppen gewonnen wurden. Aufgrund der überwiegend positiven Schlussfolgerungen im Evaluationsbericht5 soll Horizontal Monitoring nun einem größeren Kreis an Unternehmen und Unternehmensgruppen zugänglich gemacht werden.

2. Wer kann teilnehmen?

Die Teilnahme am Horizontal Monitoring ist freiwillig und muss vom interessierten Unternehmen beantragt werden. Teilnahmebe­rechtigt sind einerseits einzelne inländische Unternehmen oder auch Unternehmensgruppen (Kontrollverbund), wobei das antragstellende Unternehmen6 mit mehr als 50 % des Kapitals und der Stimm­rechte an dem bzw den untergeordneten Unternehmen unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. Es ist nicht erforderlich, dass jedes (inländische) Unternehmen eines solchen Kontrollverbunds am Horizontal Monitoring teilnimmt; insofern besteht auch hier ein individuelles Wahlrecht. Sind Unternehmen jedoch Mitglied einer steuerlichen Gruppe gem § 9 KStG, muss die Teilnahme den Gruppenträger und sämtliche inländischen Gruppenmitglieder erfassen.

Für alle teilnehmenden Unternehmen gilt – neben einzelnen Formal­voraussetzungen7 – das Erfordernis eines „steuerlichen Wohlverhaltens“. Das bedeutet: Das Finanzamt bzw die Finanzämter sämtlicher teilnehmenden Unternehmen prüft bzw prüfen vor Eintritt in das Horizontal Monitoring, inwieweit sich die beantragenden Unternehmen als steuerlich zuverlässig erwiesen haben.8 Dabei hat die Beurteilung in einer Gesamtbetrachtung des bisherigen steuerlichen Verhaltens in den letzten fünf Jahren vor Antrag­stellung zu erfolgen und insb folgende Aspekte miteinzubeziehen:

  • die Feststellungen der Außen­prüfungen und das Verhalten des Unternehmens in diesem Rahmen;
  • ob das Unternehmen seinen Offenlegungs-, Wahrheits- und Anzeige­pflichten selbständig und zeitnah nachgekommen ist;
  • ob das Unternehmen die Abgabenerklärungen fristge­recht eingereicht hat;
  • wie oft und in welchem Ausmaß Schätzungen durch das Finanzamt durchgeführt werden mussten;
  • ob das Unternehmen den Zahlungs­verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt fristge­recht nachgekommen ist;
  • ob gegen das Unternehmen (nicht rechtskräftige) Finanzstraf­verfahren anhängig sind.

Für die Teilnahme am Horizontal Monitoring ist eine Mindestschwelle von 40 Mio € Jahresumsatz vorgesehen, die von mindestens einem Unternehmen des Kontrollverbundes in den letzten beiden Wirtschaftsjahren vor Antrag­stellung überschritten worden sein muss. Dadurch wird es ermöglicht, auch Holdingstrukturen oder Privat­stiftungen als Konzernspitzen in das Horizontal Monitoring miteinzubeziehen. Für Kreditinstitute und Versicherungen greift keine Umsatzgrenze; in diesem Fall ist es ausreichend, dass mindestens ein Unternehmen des Kontrollverbundes ein Kreditinstitut oder eine Versicherung ist.

3. Erfordernis eines Steuer-IKS

3.1. Unternehmensinternes Steuerkontrollsystem

Das Konzept des Horizontal Monitoring beruht auf kooperativer Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und der Finanz­verwaltung und setzt von Seiten des beteiligten Unternehmens das Bekenntnis zur Tax Compliance voraus. Es sollen nur solche Unternehmen für die Finanzbehörden als Horizontal-Monitoring-Partner in Frage kommen, die sich steuerehrlich verhalten9 und sich auch in der Vergangenheit als steuerlich zuverlässig erwiesen haben. Steuerliche Zuverlässigkeit stellt auch eines der maßgeblichen Aufnahmekriterien im Rahmen einer Eingangs­prüfung durch das Finanzamt dar.10

Tragendes Element für das Horizontal Monitoring ist jedenfalls ein unternehmensinternes Steuer-IKS. Erst ein eingerichtetes – und in der Praxis funktionierendes – Steuer-IKS stellt letztlich sicher, dass die von Seiten der Finanz­verwaltung gesetzte Erwartung an die Steuer-Compliance des Unternehmens tatsächlich erfüllt wird. Ein bestehendes Steuer-IKS – bestätigt durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer – wird demzufolge bereits zum Zeitpunkt der Antrag­stellung auf Aufnahme in das Horizontal-Monitoring-Verfahren gesetzlich verlangt. Die Voraussetzung des Steuer-IKS gilt für alle am Horizontal Monitoring teilnehmenden Unternehmen. Dem Unternehmen obliegen sowohl die Implementierung sowie die inhaltliche Ausgestaltung des Steuer-IKS. Das Finanzamt hat – sowohl im Rahmen der Eingangs­prüfung als auch laufend – das Bestehen des Steuer-IKS auf Plausibilität zu überprüfen.11 Bei fehlender Plausibilität kann das Finanzamt das Horizontal Monitoring beenden. Die Bestätigung des Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers kann auf längstens drei Jahre erteilt werden, nach Ablauf muss eine neue Bestätigung eingeholt werden. Eine aktuelle Bestätigung muss ununterbrochen vorliegen, um die Aktualität des Steuer-IKS gewährleisten zu können.12

Das JStG 2018 beschreibt das Steuerkontrollsystem als „die Summe aller Maßnahmen (Prozesse und Prozessschritte), die gewährleisten, dass die Besteuerungsgrundlagen für die jeweilige Abgaben­art in der richtigen Höhe ausgewiesen und die darauf entfallenden Steuern terminge­recht und in der richtigen Höhe abgeführt werden. Es leitet sich aus der Analyse aller steuerrelevanten Risiken ab und wird an geänderte Rahmenbedingungen laufend angepasst. Die Risikoanalyse, die daraus folgenden Prozesse und Prozessschritte sowie die erforderlichen Kontrollmaßnahmen sind überprüfbar dokumentiert. Die Dokumentation wird laufend aktualisiert.“13

In Summe besteht das Steuer-IKS daher aus allen Maßnahmen, die geeignet sind, steuerliches Ungemach vom Unternehmen abzuwenden. Diese sind nachweisbar dokumentiert und an das jeweilige Unternehmen angepasst. Eine „One-Size-fits-all“-Lösung für alle Unternehmen gibt es daher für Steuer-IKS in der Praxis nicht.14

3.2. Vorteile in der Praxis

Welche Vorteile hat nun ein Steuer-IKS in der Praxis? Bietet es einen Mehrwert, selbst wenn das Unternehmen letztendlich nicht am HM teilnimmt? Das Unternehmen sollte im Regelfall – so wie grundsätzlich der Großteil der Unternehmen mit einer prognostizierten Lebensdauer von mehr als einem Jahr – bereits über ein Steuer-IKS verfügen. Ob dieses Steuer-IKS allerdings schriftlich dokumentiert und allen beteiligten Unternehmensfunktionen bekannt ist, ist eine andere Frage. Ein dokumentiertes und im Unternehmensalltag gelebtes Steuer-IKS hat für die Unternehmen zahlreiche Vorteile:

  • Transparente Informationsverteilung: Ein wichtiger Bestandteil jedes Steuer-IKS sind Information und Kommunikation. Aus der Beraterperspektive ist die falsche Verteilung von Informationen bzw das Phänomen „Als Letztes erfährt es die Steuerabteilung“ der Hauptgrund für negative steuerliche oder gar finanzstraf­rechtliche Konsequenzen. Die Einbindung der Steuerabteilung in den Informationsfluss über die operativen Geschäftsfälle des Unternehmens ist daher die wichtigste Voraussetzung für ein funktionierendes Steuer-IKS. Eine der zentralen Aufgaben eines Steuer-IKS ist somit, diesen Informationsfluss einerseits sicherzustellen und andererseits so zu gestalten, dass er dem „Business“ nicht hinderlich ist.

Im Idealfall sollte daher die Steuerabteilung zumindest

  • Zugriff auf die im Unternehmen vorhandenen Daten haben, um bei Bedarf rasch Maßnahmen setzen zu können. Dies ist insb für Selbst­bemessungsabgaben (Umsatz­steuer, Quellen­steuer) relevant, da selbst eine wenige Tage andauernde Informationslücke den entscheidenden Unterschied ausmachen kann;
    • durch klar definierte Workflows bei der Freigabe neuer Geschäftsfälle verpflichtend involviert sein. Neue Verträge mit Kunden, Investitionen, Mitarbeiterentsendungen oder vom Standard abweichende Geschäftsfälle bedürfen einer Prüfung der Steuerabteilung, um bei Bedarf rechtzeitig und lösungsorientiert eingreifen zu können.
  • Rasche Reaktionszeit als Sicherheit für das „Business“: Oftmals besteht zwischen „Business“ und der Steuerabteilung ein Interessenkonflikt. Das Kerngeschäft möchte handlungsfähig sein und rasch neue Ideen, Geschäftsfälle oder Kundenwünsche umsetzen können. Auf der anderen Seite versteht sich die Steuerabteilung als letzter Schutzwall vor negativen Konsequenzen, hervorgerufen durch immer stärker zunehmende steuerliche Compliance-Vorschriften. Die Konsequenz: Während die Steuerabteilung versucht, Zeit zu gewinnen, um Sachverhalte sorgfältig zu prüfen und ihrer Rolle als Hüterin der Steuer-Compliance nachzukommen, kann es passieren, dass das Business „übersieht“, neue Sachverhalte mit der Steuerabteilung vorab zu besprechen – „Time to Market“ ist oftmals vermeintlich wichtiger als „Time for Tax“ …

Auch dieses Praxisproblem kann durch ein Steuer-IKS gelöst werden. Mögliche Maßnahmen, die sich in der Unternehmenspraxis bereits bewährt haben, sind ua:

  • Sicherstellung eines zeitnahen und wechselseitigen Informationsflusses zwischen Business und Steuerabteilung;
    • Vordefinition von steuerrelevanten Kontrollen, die mit klarer Kontrollbeschreibung und ohne zeitlichen Mehraufwand sinnvollerweise durch das Business direkt durchgeführt werden können, um die Steuerabteilung zu entlasten;
    • Definition von KPIs für die Steuerabteilung, die über die Effective Tax Rate hinausgehen und Reaktionszeit sowie andere „Customer-Experience“-Elemente berücksichtigen.
  • Die Rolle der Steuertechnologie: Folgt man der Empfehlung der OECD,15 ist die Rolle von Technologie ein wesentlicher Bestandteil eines Steuer-IKS. Die oben beschriebenen Vorteile von Informationsverteilung und rascher Reaktionszeit lassen sich durch den Einsatz von Technologie viel leichter erreichen. Bei der Dokumentation eines Steuer-IKS sollte der Einsatz von Technologie für die folgenden Bereiche zumindest in Betracht gezogen werden:
    • Workflowtools mit elektronischer Unterschriftsmöglichkeit;
    • Dokumentenmanagementsystem für Informationsaustausch und Dokumentation;
    • Datenzugriff, Datenextraktion und Datenanalyse (Predictive Analytics und nachträgliche Kontrollen, zB Anomaly Detection).

Diese Technologien müssen nicht zwangsweise teuer sein, da sie entweder bereits im Unternehmen vorhanden sind oder in vielen Fällen durch „Standard“-Technologie abgedeckt werden können. Insbesondere die Datenanalyse- bzw Business-Intelligence-Tools der Controlling-Abteilungen lassen sich mit wenig Aufwand um für ein Steuer-IKS relevante Analysen erweitern.

  • Der Notfallplan: Zu guter Letzt hilft ein Steuer-IKS auch dann, wenn – im schlimmsten Fall – doch etwas schief gegangen ist. Nicht nur dass das Unternehmen als Verband aufgrund der Einführung eines Steuer-IKS vor finanzstraf­rechtlichen Folgen16 geschützt sein sollte, auch die ultimative Notfallmaßnahme kann viel effizienter eingeleitet werden: die Selbstanzeige.

Bei Selbstanzeigen besteht in der Praxis das Problem, wer als „Täter“ genannt werden soll und wer nicht. Bei einem dokumentierten Steuer-IKS ergibt sich die Täternennung aus der Definition der Rollen und Verantwortlichkeiten. Damit kann das in der Praxis oftmals bestehende Problem vermieden werden, zur Sicherheit zu viele potenzielle Täter zu nennen, gegen die bei Fehlschlagen der Selbstanzeige (zB wegen Tatentdeckung) allesamt ein Finanzstraf­verfahren eingeleitet wird. Nicht zuletzt kann der Grund für die Verfehlung als „Nachtatverhalten“ nachweisbar saniert werden, indem zB Kontrollen oder Prozesse angepasst werden.

4. Begleitende Kontrolle

Kennzeichen des Horizontal Monitoring ist die begleitende – statt der nachträglichen – Kontrolle von Unternehmen.17 Bereits durch andere Kontroll­organe wie zB die Wirtschafts­prüfung, die Interne Revision oder das Risikomanagement vorgenommene Prüfungsmaßnahmen sollen nicht noch einmal von der Finanz­verwaltung wiederholt werden. Der Fokus soll vielmehr auf aktuellen betrieblichen Entwicklungen und unternehmensinternen Prozessen liegen.18 Im Zuge der begleitenden Kontrolle müssen jährlich vier gemeinsame Besprechungen stattfinden, in denen die offenen steuerlichen Frage­stellungen, aktuelle Entwicklungen im Unternehmen sowie die Entwürfe der Steuererklärungen besprochen werden.19 Eine darüber hinausgehende Überprüfung einzelner in der Steuererklärung enthaltener Positionen wird im Rahmen des Horizontal Monitoring zwar (weiterhin) zu erwarten sein, allerdings wird sich der Umfang deutlich von dem einer Ex-post-Außen­prüfung unterscheiden. Durch die mit der laufenden Kontrolle verbundene rasche Reaktionszeit werden in der Praxis beide Seiten gefordert werden.

Die Erwartungshaltung deutet demzufolge in Richtung weniger erforderlicher Personalressourcen – zumindest auf Seiten der Finanzbehörde.20 Für das Unternehmen bedeutet die laufende Kontrolle eine quasi permanente Vor- und Aufbereitung der steuerlich relevanten Aspekte und Informationen für die Abgabenbehörde und dementsprechend eine kontinuierliche Bindung der entsprechenden Personalressourcen. Erst die Praxis wird zeigen, ob die Ressourcenbelastung für Unternehmen im Vergleich zur „klassischen“ Außen­prüfung – dort in „geballter“ Form – tatsächlich sinken wird.

Jedenfalls ermöglicht das Horizontal Monitoring eine (deutlich) zeitnähere Prüfung. Dies stellt im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Unterlagen und relevanten Personen sowie auf immer komplexer werdende Sachverhalte und Rahmenbedingungen für beide Parteien einen deutlichen Vorteil dar.

5. Erweiterte Offenlegungspflicht

Durch die begleitende Kontrolle und den laufenden Austausch mit der Abgabenbehörde wird die Transparenz im Unternehmen deutlich erhöht. Die Unternehmen trifft darüber hinaus eine erhöhte Offenlegungs­pflicht. Sie müssen bereits vor Abgabe der Steuererklärungen von sich aus situationsbezogen (sämtliche) Sachverhalte offenlegen, die eine wesentliche Auswirkung auf das steuerliche Ergebnis haben oder steuerliche Risiken darstellen können. Besonders relevant sind dabei jene Sachverhalte, die von der Abgabenbehörde potenziell abweichend beurteilt werden. Statt nur reaktiv auf Vorhalte, Ergänzungsersuchen, Nachweis- und Auskunftsverlangen zu antworten, muss das Unternehmen proaktiv mit der Finanz­verwaltung zusammenarbeiten, indem es den Vertretern der Abgabenbehörde im Horizontal Monitoring von sich aus die relevanten Informationen zukommen lässt.21 So wird sichergestellt, dass sich die Finanzbehörde permanent ein gutes Bild von den unternehmensinternen Abläufen und deren steuerlichen Konsequenzen machen kann.22

Für das Unternehmen wird auf diese Weise der Standpunkt der Finanzbehörde zeitnah erkennbar, insbesondere inwieweit und unter welchen Voraussetzungen eine steuerliche Behandlung akzeptiert wird. Außerdem kann das Unternehmen durch den Kontakt zur Finanzbehörde vorab Art und Umfang der für die Finanzbehörde erforderlichen Dokumentation und Nachweise über verwirklichte Sachverhalte abstimmen.

Eine Verpflichtung zur Einigung auf eine gemeinsame Sichtweise besteht nicht. Im Fall unterschiedlicher Rechtsansichten bleiben auch während des Horizontal Monitoring die verfahrens­rechtlichen Möglichkeiten unberührt. So kann das Unternehmen auch weiterhin gegen die vom Finanzamt – im Einklang mit den Vertretern der Abgabenbehörde im Horizontal Monitoring – ausgestellten Bescheide Rechtsmittel einlegen. Darüber hinaus wird eine Abstimmung zeitnah zur Sachverhaltsverwirklichung eine frühzeitige Reaktion ermöglichen.23

6. Erhöhte Rechtssicherheit

Der wesentliche Vorteil für die teilnehmenden Unternehmen ist die mit dem Horizontal Monitoring verbundene erhöhte Rechtssicherheit. Zum einen können Abgaben für jene Jahre, für die eine begleitende Kontrolle stattgefunden hat, nicht nochmals im Zuge einer Ex-post-Außen­prüfung geprüft werden. Zum anderen ist es für das Unternehmen wesentlich, auf die von den Vertretern der Finanz­verwaltung getätigten Aussagen vertrauen zu können. Gesprächsprotokolle sollen rein der Evidenthaltung des Besprochenen dienen, aber keine Rechtsverbindlichkeit haben. Eine in einer Niederschrift festgehaltene Auskunft kann allenfalls den Schutz von Treu und Glauben genießen.24 In der Praxis wird vermutlich auch bei fehlender formaler Rechtsverbindlichkeit auf Aussagen der Vertreter der Finanzbehörde vertraut werden können, zumal das Wesen des Horizontal Monitoring auf wechselseitiges Vertrauen, Offenheit und Transparenz baut.25 Die Bedeutung für das Unternehmen steigt in Bezug auf solche Aussagen, die auch für Folgeperioden Bedeutung haben, wie insbesondere im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen.

Das zuständige Finanzamt ist gegenüber am Horizontal Monitoring teilnehmenden Unternehmen gesetzlich ausdrücklich verpflichtet, sowohl über verwirklichte als auch nicht verwirklichte Sachverhalte Auskünfte zu erteilen. Die Unternehmen haben darauf einen absoluten Anspruch. Ein über Treu und Glauben26 hinausgehender Schutz ist nicht vorgesehen. Strebt das Unternehmen eine bindende Rechtsauskunft an, müsste ein Ruling (verbindlicher Auskunfts­bescheid nach § 118 BAO) eingeholt werden.27

Auf den Punkt gebracht

Das Horizontal Monitoring bringt für Unternehmen einerseits Vorteile im Verfahrensablauf (zeitnahe Kontrolle, erhöhte Rechtssicherheit, bessere Planbarkeit), andererseits ist die Teilnahme mit einem nicht unbeträchtlichen Aufwand verbunden (Personalressourcen, Schärfung und Dokumentation des Steuer-IKS). Selbst wenn die Entscheidung gegen Horizontal Monitoring ausfällt, sollten Unternehmen nicht übersehen, welchen Nutzen ein dokumentiertes und gelebtes Steuer-IKS für die gesamte Organisation haben kann.

Der Artikel ist in CFO aktuell (Heft 5/2018) erschienen. Mehr Infos unter: www.cfoaktuell.at

1 BGBl I 2018/62, ausge­geben am 14. 8. 2018.

2 Vgl Elmecker, Evaluationsbericht zum Horizontal Monitoring, SWK 1/2017, 37; Macho, Horizontal Monitoring, taxlex 2012, 145.

3 Vgl Adam, Steuer­prüfung einmal anders – Horizontal Monitoring, ÖStZ 2013, 217; Bogner/Grünsteidl/Rzeszut, Die begleitende Kontrolle – „Horizontal Monitoring“ erhält eine gesetzliche Grundlage, SWK 15/2018, 684.

4 OECD, Study into the Role of Tax Intermediaries (2008); siehe auch Ehrke-Rabel/Gunacker-Slawitsch, Horizontal Monitoring als Bestandteil des österreichischen Abgabenvollzugs? ÖStZ 2017, 241 (242).

5 BMF, Horizontal Monitoring – Evaluationsbericht (2016) 66 ff; siehe auch Elmecker, SWK 1/2017, 37 (44 ff); Elmecker, Horizontal Monitoring kommt in den Regelbetrieb, SWK 15/2018, 676 (678 f); Lang/Macho, Horizontal Monitoring wird zur Begleitenden Kontrolle, taxlex 2018, 226 (227 f).

6 An der Spitze des Kontrollverbundes kann auch eine oder mehrere Privat­stiftung(en) stehen, die (gemeinsam) zu mehr als 50 % unmittelbar beteiligt ist/sind.

7 Insbesondere eine finanzstraf­rechtliche Unbescholtenheit in den letzten fünf Jahren vor Antrag­stellung in Bezug auf vorsätzlich oder grob fahrlässige Finanz­vergehen.

8 Vgl Vock, Die begleitende Kontrolle im Überblick, RdW 2018, 384 (386).

9 Vgl Macho, taxlex 2012, 145; Elmecker, SWK 15/2018, 676 (677); Vock, RdW 2018, 384 (386); BMF, Evaluationsbericht, 66.

10 Die Eingangs­prüfung beinhaltet auch die „letzte“ Außen­prüfung für die noch nicht geprüften Jahre vor Eintritt in das Horizontal Monitoring.

11 Vgl Lang/Macho, taxlex 2018, 226 (231).

12 Vgl ErlRV 190 BlgNR 26. GP, 49 (zu § 153b Abs 4 Z 4 und Abs 6 und 7 BAO).

13 § 153b Abs 6 BAO.

14 Vgl Bogner/Grünsteidl/Rzeszut, SWK 15/2018, 684 (686).

15 OECD, Co-operative Tax Compliance: Building Better Tax Control Frameworks (2016).

16 Siehe dazu auch Linzner-Strasser/Steiner, Steuer-IKS „light“ – auch für KMUs ein Thema? taxlex 2018, 103 (105).

17 Erfasst sind die Einkommen­steuer, Körperschaft­steuer, Umsatz­steuer, Kfz-Steuer, Elektrizitäts­abgabe, Erdgas­abgabe, Kohle­abgabe, Energie­abgabenvergütung, Normverbrauchs­abgabe, Werbe­abgabe; Kammerumlage und Forschungs­prämie; nicht jedoch die lohnabhängigen Abgaben sowie Gebühren, Verkehr­steuern, Verbrauch­steuern und Zölle.

18 Vgl Macho, taxlex 2012, 145.

19 Vgl ErlRV 190 BlgNR 26. GP, 52 (zu § 153f Abs 4 BAO).

20 Vgl Elmecker, SWK 15/2018, 676 (678 f).

21 Vgl Ehrke-Rabel/Gunacker-Slawitsch, ÖStZ 2017, 241 (244).

22 Vgl Adam, ÖStZ 2013, 217 (219).

23 Vgl Vock, RdW 2018, 384.

24 Vgl ErlRV 190 BlgNR 26. GP, 52 (zu § 153f Abs 4 BAO); kritisch Bogner/Grünsteidl/Rzeszut, SWK 15/2018, 684 (692).

25 Ausdrücklich Elmecker, SWK 15/2018, 676 (677); ErlRV 190 BlgNR 26. GP, 46 (zu § 153a BAO).

26 Krit zu den engen Limits des Treu-und-Glauben-Schutzes Ehrke-Rabel/Gunacker-Slawitsch, ÖStZ 2017, 241 (247 f), wonach die Steuer­pflichtigen im Horizontal Monitoring keine rechtlich durchsetzbare erhöhte Rechtssicherheit erlangen.

27 Derartige Rulings beanspruchen in der Praxis regelmäßig eine vergleichsweise lange Zeitspanne; gem Intention des JStG 2018 sollen diese künftig tunlichst innerhalb von zwei Monaten ausgestellt werden. Zudem werden Rulings neben Fragen zu Umgründungen, Gruppen­besteuerung und Verrechnungspreisen zukünftig auf internationales Steuer­recht, Umsatz­steuer und Mißbrauch erweitert; vgl Unger, Advance Ruling – Version 3.0, taxlex 2018, 213 (214 f).

1 Antwort
  1. Neeltje Forkenbrock
    Neeltje Forkenbrock sagte:

    Ich finde, das Horizontal-Monitoring ist eine gute Alternative zur klassischen Betriebsprüfung. Dann gibt es sicherlich im Finanzstrafrecht weniger zu tun. Es ist doch besser gleich auf Fehler hingewiesen zu werden, als im Nachhinein haftbar zu sein.

    Antworten

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