Was ist Design Thinking?

Stellen Sie sich vor, Sie wollen Ihr Reporting auf neue Beine stellen. Sie haben den Eindruck, dass die Abnehmer der Reports nicht mit dem Aufbau zurechtkommen, und es beschleicht Sie das Gefühl, dass viele Inhalte nicht verstanden werden. Natürlich könnten Sie – wie in den letzten Artikeln ausgeführt – einfach verschiedene Versionen als „Minimum Viable Product“ ausprobieren, aber irgendwie trauen Sie sich da nicht drüber. Besser fänden Sie es, dass alle Stakeholder in einem strukturierten Prozess mit ihren Ideen beitragen und daraus etwas wirklich Innovatives entsteht, das das Problem an der Wurzel packt …

Design Thinking ist eine Methode zur Behandlung komplexer Problem­stellungen, die sich an der Arbeit von Designern orientiert. Während die wissenschaftliche Methode eine analytische und problemzentrierte ist, die versucht, grundlegende Prinzipien zu erkennen, ist die Arbeit von Designern offener und bindet frühzeitig möglichst viele Sichtweisen ein. Es geht weniger darum, die richtige Lösung zu finden, als eine, die von den Kunden akzeptiert wird und die umgesetzt werden kann. Die Arbeit von Designern ist dabei bewusst interdisziplinär, sie fokussiert auf Ideen und fürchtet sich nicht vor pragmatischen Lösungen.

Design Thinking ist kein geschlossenes Konzept, sondern eine Fülle von Methoden und Verfahren, die laufend weiterentwickelt und immer an das zu lösende Problem angepasst werden müssen. Vertreter der Idee wehren sich daher dagegen, Design Thinking als standardisiertes Verfahren oder System zu verstehen, da gerade die Methodenfreiheit die Stärke von Design Thinking ist. So umfasst zB der grundlegende Prozess des Design Thinking je nach Quelle drei, vier, fünf oder acht Schritte. Trotzdem gibt es bei allen Herangehensweisen folgende Gemeinsamkeiten:

Der Design-Thinking-Prozess

Ausgangslage ist eine anspruchsvolle Problem­stellung, die durchaus ambitioniert sein kann. „Wie bringen wir Menschen dazu, mehr Rad zu fahren?“ „Wie lösen wir Übergewicht bei Kindern?“ „Wie verbessern wir die Erfahrungen des Kunden?“ „Wie stellen wir sicher, dass die Unternehmensstrategie verstanden wird?“ Es zahlt sich aus, einige Überlegung in die Frage­stellung zu investieren, da alle weiteren Schritte davon abhängen.

Die nächste Phase steht im Zeichen des Verstehens und Entdeckens. Sie beginnt mit einer Identifikation der relevanten Stakeholder (Kunden, User, Mitarbeiter …). Ziel ist, genau zu verstehen, was diese Gruppen zur Problem­stellung beitragen können. Dazu werden Interviews geführt, besser ist es jedoch, sich wirklich in die Situation der Stakeholder hineinzuversetzen, zB durch das Nachvollziehen der Customer Journey, durch Ausprobieren der Arbeitssituation oder durch Verstehen der Motivationslage. Wenn Sie wirklich so fühlen wie die Stakeholder und ihre intimsten Geheimnisse kennen, haben Sie den ersten Schritt zum Verstehen getan.

Diese breite Erkenntnis über die Problem­stellung wird im nächsten Schritt verdichtet und eine Hypothese darüber generiert, worin der eigentliche Kern des Problems besteht. Dabei wird die ursprüngliche Ausgangslage adaptiert und in einer prägnanten Frage­stellung formuliert. Ein wichtiges Prinzip des Design Thinking ist die Abwechslung von offenen und geschlossenen Phasen, um durch diese Verdichtung und Erweiterung möglichst viele Erkenntnisse zu erlangen.

Hat man eine klare Frage­stellung erarbeitet, beginnt die Phase der Kreativität, auch „Ideate“ genannt. In dieser Phase wird mit allen Mitteln eine Vielzahl von Möglichkeiten erarbeitet, wie das Problem gelöst werden könnte. Wie im klassischen Brainstorming ist alles erlaubt, die Devise lautet: „Zeichnen – Malen – Formen.“ In der strengen Auslegung des Konzepts sind alphanumerische Zeichen verboten, Bastelmaterial steht jedoch unbegrenzt zur Verfügung. Ziel ist es, ein Modell zu entwickeln, das in weiterer Folge in einen Prototyp umgesetzt und am User getestet werden kann.

Die Konfrontation mit dem User ist der Test der Idee. Eine systematische Erfassung dessen, wie der User mit der „Lösung“ umgeht, sie verwendet, verändert und wie sie wiederum sein Verhalten beeinflusst, liefert entscheidende Information darüber, wie das finale Produkt aussehen soll.

Nach einigen Verbesserungsschleifen sind die Lösung umzusetzen und der Erfolg laufend zu beobachten. Dazu sind Erfolgskennzahlen notwendig, die einen Vorher-nachher-Vergleich erlauben. Der gesamte Prozess kann einige Tage oder auch mehrere Monate in Anspruch nehmen, je nachdem, wie komplex die Ausgangslage und wie vielfältig die Stakeholder sind. Erfolgsentscheidend ist es, die einzelnen Phasen gut zu planen und genügend Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

Design Thinking und Controlling

Design Thinking verfolgt eine gänzlich andere Denkhaltung als das doch analytisch geprägte Controlling und Rechnungswesen. Darin liegt auch der Charme, sich als CFO damit auseinanderzusetzen. Zunächst orientiert sich Design Thinking an den Menschen, sei es als Kunden, User oder Abnehmer. Ergebnisse können nur durch intensiven, direkten Kundenkontakt erreicht werden, nicht durch Nachdenken im stillen Kämmerchen.

Design Thinking lebt von der Interaktion mit vielen anderen Personen. Je früher diese Interaktion stattfindet, desto schneller können gute und neue Ideen entstehen.

Design Thinking lebt von der Interaktion mit vielen anderen Personen. Je früher diese Interaktion stattfindet, desto schneller können gute und neue Ideen entstehen. Es geht also darum, Ideen möglichst frühzeitig aus dem Kopf in die Realität zu bringen, seien sie auch noch so unausgegoren. Diese groben Entwürfe sind mit anderen zu diskutieren und weiterzuentwickeln.

Ein Konzept, das viel intensiven und persönlichen Kundenkontakt auf Basis von unausgegorenen Ideen erfordert, kann sich im Controlling-Umfeld ja nur bewähren, oder?

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