Was ist Cash-Pooling?

Stellen Sie sich vor, jedes Mitglied Ihrer Familie hat ein eigenes Bankkonto mit eigenem Zugang, eigenen Konditionen und eigenem Überziehungsrahmen. Dies hat Vorteile, vor allem hinsichtlich der Diskretion, der Eigenverantwortung und der Zuordnung der Zahlungen. Zugleich zahlen Sie für jedes Konto Gebühren und eine teure Überziehung in einem Konto kann durch Überschüsse in einem anderen Konto nicht ausgeglichen werden. Warum also nicht ein einziges Familien­konto einrichten, Kosten sparen und zur Unterscheidung der Zahlungen einfach gut Buch führen?


Cash-Pooling beschreibt eine Maßnahme von Konzernen, das Liquiditätsmanagement aller Konzern­gesellschaften zu zentralisieren. Gerade bei größeren Konzernen mit zahlreichen Tochter­gesellschaften in unterschiedlichen Ländern, erhöht das Führen von eigenen, unabhängigen Konten in jeder Gesellschaft die Komplexität und das Risiko der Liquiditäts­steuerung. Nicht nur entstehen dadurch erhöhte Bankgebühren und zusätzlicher Koordinations- und Managementaufwand, es ist auch schwierig, die finanziellen Mittel rasch an der Stelle einzusetzen, wo sie benötigt werden und den höchsten Nutzen stiften.

Cash-Pooling versucht diese Probleme zu lösen und die gesamte Liquiditäts­steuerung des Konzerns an einer Stelle zu bündeln. Neben geringeren Kosten erleichtert dies die Kontrolle und verringert den Kapitalbedarf und das Risiko. Ist beispielsweise ein Konto mit 2 Mio im Plus und ein anderes mit 1 Mio im Minus, so könnte eine Saldierung jegliche Überzugszinsen vermeiden.

Eine einfache Idee …

Die Umsetzung des Cash-Poolings erscheint auf den ersten Blick einfach: Jede Konzern­gesellschaft reduziert zunächst die Anzahl ihrer Konten auf ein Minimum. Von diesen verbleibenden Konten wird in einem täglichen Zahlungslauf alle überschüssige Liquidität entzogen und auf ein zentrales Master­konto überwiesen. Im Gegenzug werden von diesem zentralen Konto lokale Unterdeckungen durch Rücküberweisungen ausgeglichen. Die gesamte Liquidität ist somit an einer Stelle gebündelt und es muss erst dann auf externe Finanzmittel zugegriffen werden, wenn der gesamte Konzern Kapitalbedarf hat. Aufgrund des dann höheren Volumens können bessere Konditionen bei Banken erreicht werden.

In der konkreten Umsetzung unterscheidet man unechtes und echtes Cash-Pooling. Beim unechten (fiktiven/notionalen) Cash-Pooling verbleibt das Geld auf den jeweiligen Konten in den Töchtern. Es erfolgt aber eine virtuelle Saldierung aller Kontobestände und die Hausbank verrechnet ihre Kosten nur auf Basis dieses Konzernsaldos. Dies erscheint einfach, kann aber bei unterschiedlichen Währungen und zahlreichen Konten durchaus komplex werden. Ziel ist vor allem die Reduktion der Bankzinsen. Beim echten (effektiven) Cash-Pooling werden die liquiden Mittel tatsächlich regelmäßig auf ein Master­konto überwiesen. Dabei sind die jeweiligen Regeln des Kapitaltransfers und der Kreditgewährung zu beachten. Bilanziell entstehen durch diese Transaktionen Konzernforderungen oder -verbindlichkeiten. Neben Zinsvorteilen dient diese Form des Poolings vor allem der Liquiditäts­sicherung.

… mit Tücken im Detail

Da beim echten Cash-Pooling de facto Mittel zwischen juristischen Personen überwiesen werden und die Zentrale die Rolle einer Bank einnimmt, sind zahlreiche rechtliche Regelungen zu beachten.

Zunächst tritt das Cash-Pooling mit dem Verbot der Einlagenrückgewähr in Konflikt, wonach ein Gesellschafter nicht einfach Mittel aus der Gesellschaft entnehmen darf, die nicht im Bilanz­gewinn ausgewiesen sind. Dies ist besonders relevant, wenn die Tochter in Zahlungsschwierigkeiten gerät und durch das Cash-Pooling Mittel entzogen werden, für die der Gesellschafter eine Einlage­verpflichtung hat. Im Vordergrund einer juristischen Beurteilung steht daher die Frage, ob das Cash-Pooling aus Sicht der jeweiligen Gesellschaft auch betriebswirtschaftlich sinnvoll ist.

Dies ist dann der Fall, wenn eine Reihe von Bedingungen gelten. Vor allem müssen die Transaktionen nach dem Arm’s-length-Prinzip fremdüblich sein und eine entsprechende Verzinsung garantieren. Weiters ist sicherzustellen, dass die Saldierung aller Konten nicht dazu führt, dass eine besonders negative Gesellschaft alle anderen mit in die Insolvenz reißt. Jeder Gesellschaft sind daher umfassende Reporting­rechte einzuräumen, um derartige Entwicklungen rechtzeitig erkennen zu können. Um auf Basis dieser Informationen auch handeln zu können, muss jede Gesellschaft eine sofortige Kündigungsmöglichkeit haben und aus dem Pool bei Gefahr im Verzug austreten können. In Summe müssen die Vorteile des Pools die Nachteile und die Risiken überwiegen.

Die juristische Ausgestaltung eines Cash-Pools wird dadurch ersch­wert, dass noch nicht alle Details gesetzlich abschließend geregelt sind. Dazu kommt, dass nicht einmal alle europäischen Länder auf einander abgestimmte Regelungen aufweisen. Die Einrichtung eines Cash-Pools bedarf daher auf alle Fälle eines von Experten ausgearbeiteten, schriftlichen Vertrages.

Ein echter Cash-Pool ist daher kein Gefängnis, sondern muss als „freiwilliger“ Zusammenschluss unabhängiger Gesellschaften konstruiert werden, die sich zum eigenen Vorteil einer gemeinsamen Liquiditäts­steuerung unterwerfen.


Der Beitrag ist in CFOaktuell (Heft 6/2020) erschienen. Mehr Infos unter: www.cfoaktuell.at


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