The Chat GPT Edge: Empowering AI in Business and Finance

Harald Leitenmüller*, CTO, Microsoft Österreich und Carsten Speckmann**, Head of Finance, Siemens Digital Manufacturing, im Gespräch mit CFOaktuell

CFOaktuell:Sie beide waren heuer Keynote-Speaker bei der Thought Bridge, einer Veranstaltung, die ins Leben gerufen wurde, um Wissenschaft und Praxis zu verbinden. Künstliche Intelligenz wurde in den vergangenen Jahren oftmals nur theoretisch diskutiert, nun ist OpenAI mit ChatGPT die Revolution gelungen.

Zeitgleich kommen zahlreiche weitere spannende neue AI-Anwendungen auf den Markt. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein? Muss man von einer Revolution sprechen?

Carsten Speckmann: Ich bin überzeugt, dass Open AI und ChatGPT bzw KI im Allgemeinen die Arbeitswelt und die Gesellschaft prägen und verändern werden. Ich würde aber von einer kleinen Revolution sprechen, denn das Ganze hat ja bereits vor Jahren mit der Automatisierung und ersten KI-Anwendungen begonnen. Gleichzeitig ist mit der plötzlichen Popularität von ChatGPT aber vielen erstmals klar geworden, welche Bedeutung KI in Zukunft in der Gesellschaft haben wird.

Aus meiner Sicht sollte man darum sehr verantwortungsvoll mit KIs umgehen. Denn der Einsatz muss ziel­gerichtet sein; das ist elementar. Das gilt nicht nur für Unternehmen, sondern für die Gesellschaft insgesamt. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir unsere demokratischen Prinzipien mit dieser Technologie in Einklang bringen können.

Viele Bereiche wie Schulen, Unternehmen, Bildung und Forschung werden sich verändern. Dabei spielt es keine Rolle, wofür genau ChatGPT oder OpenAI eingesetzt werden. Wir sollten immer daran denken, dass sie nur Assistenten sind, die uns helfen, Dinge besser, schneller und vielleicht auch effizienter zu machen.

Wir sollten diesen Technologien jedoch niemals die vollständige Kontrolle überlassen.

Harald Leitenmüller: Ich möchte einige Aspekte hinzufügen: Erstens glaube ich, dass es eine große Revolution ist, und zwar in dem Sinne, dass durch diese Large Language Models der Zugang zur Digitalisierung für mehr Menschen möglich wird. Das sieht man auch an den Nutzerzahlen von ChatGPT. In kurzer Zeit waren es hunderte Millionen Nutzer, da muss etwas substanziell Aufregendes dahinterstecken.

Das zweite ist die Möglichkeit, dass natürliche Sprache mit digitalen Mitteln interagiert. Das ist eine Revolution. Bisher war das nur etwas für Expert:innen mit einer speziellen Syntax und speziellen Werkzeugen. Die Nutzerbasis dieser Technologie wird dramatisch wachsen, und das spüren wir schon jetzt. Das hat Auswirkungen auf die digitale Industrie, weil natürlich immer mehr Hersteller von digitalen Werkzeugen diese Schnittstellen implementieren und nutzbar machen.

Microsoft erweitert mit seinen Co-Pilot-Ansätzen bereits seine Produkte. Gerade diese neuen Möglichkeiten – dass mehr Funktionen über natürliche Sprache genutzt werden können – ohne dass man Expert:in sein muss, das finde ich schon sehr bemerkens­wert.

CFOaktuell:Künstliche generative AI ist drauf und dran, den Arbeitsmarkt massiv zu verändern. Besonders für Aufsehen sorgte die Studie von Goldman Sachs, die zeigte, dass 300 Millionen Arbeitsplätze durch AI ersetzt werden könnten. Ist diese Einschätzung Ihrer Meinung nach realistisch? Von welchem Zeitraum sprechen wir hier?

Carsten Speckmann: Ich glaube, dass wir in Zukunft Jobs sehen werden, die es heute noch gar nicht gibt. Die Art zu arbeiten wird sich generell ändern. Ein Beispiel: Unser Werk in Amberg, das wir auch als digitale Fabrik der Zukunft bezeichnen und das als weltweites Musterbeispiel einer digitalen Fabrik bei Siemens gilt. In diesem Werk haben wir bei Eröffnung vor über zwanzig Jahren 1.200 Menschen beschäftigt.

In Amberg werden seitdem immer die neuesten Technologien der Automatisierung und Digitalisierung angewendet, unter anderem KI. Damit konnten wir in Amberg die Produktivität massiv steigern. Wir reden hier von einem Faktor 20 bis 25 bezogen auf den Umsatz. Aber: Wir beschäftigen dort heute wie am ersten Tag weiterhin rund 1.200 Mitarbeitende.

Natürlich war die Art und Weise, wie die Menschen dort vor zwanzig Jahren gearbeitet haben, komplett anders als heute. Aber wir haben permanent in die Mitarbeiter:innen und deren Weiterentwicklung investiert, so dass sie gelernt haben, mit der Zeit zu gehen und damit auch mit Automatisierung und Digitalisierung einschließlich KI umzugehen. Das heißt: Wenn wir über neue Technologien sprechen, dann werden die Menschen nicht ersetzt, sondern sie werden Teil einer neuen Arbeitswelt. Menschen behalten ihre Jobs, sie müssen sich allerdings weiterentwickeln, sie müssen diese neuen Jobs verinnerlichen. Und machen wir uns nichts vor: Die Diskussion darüber, dass Menschen von Maschinen ersetzt werden, führen wir seit der Erfindung der Webstühle.

Harald Leitenmüller: Nicht Künstliche Intelligenz wird Menschen ersetzen, sondern Menschen, die Künstliche Intelligenz sinnvoll einsetzen, werden andere Menschen ersetzen. Ein Beispiel dafür ist der GitHub Copilot, der seit über einem Jahr aufSeite 121 dem Markt ist und von über 100 Millionen Softwareentwicklern genutzt wird.

Unsere jüngsten Statistiken zeigen, dass diese Entwickler bis zu 40 Prozent produktiver sind. Das Tool generiert mittlerweile 46 Prozent der Source Codes, was bedeutet, dass Aufgaben von Softwareentwickler:innen wesentlich effizienter und schneller erledigt werden können. Ich bin davon überzeugt, dass dies in vielen Berufsfeldern der Fall sein wird.

Endlich können wir erleben, wie gewisse Tätigkeiten, die von Mitarbeiter:innen als unnötiger Aufwand empfunden werden, durch Technologien automatisiert werden und dadurch neue Freiräume entstehen. Ich finde es bedenklich, dass wir heutzutage oft die Diskussion führen, dass Arbeitsplätze verloren gehen, während wir gleichzeitig einen erheblichen Fachkräfte­mangel haben und Millionen von Stellen unbesetzt bleiben. Ich glaube fest daran, dass diese Transformation dazu beitragen kann, diese Lücken endlich zu füllen.

CFOaktuell:Wie wird Künstliche Intelligenz den Finanzbereich verändern? Welche Implikationen hat generative Künstliche Intelligenz für CFOs?

Harald Leitenmüller: Abgesehen von Produktivitätssteigerung und Automatisierung gibt es zahlreiche andere Anwendungsmöglichkeiten für Künstliche Intelligenz. Nehmen wir als Beispiel Risikomanagement: Künstliche Intelligenz kann auch bei der Erkennung von Betrugsmustern, der Erstellung von Prognosemodellen und der Kundenanalyse eingesetzt werden. Diese Aufgaben wären ohne diese Technologie äußerst aufwendig oder sogar unmöglich.

Ein bemerkens­wertes Beispiel ist der Azure Open AI Business Case, den wir in Österreich gemeinsam mit der Firma Strabag veröffentlicht haben. Strabag verwendet Künstliche Intelligenz für Risikomanagement und Prognosen bei großen Projekten mit hohem Budget. Durch den Einsatz solcher Werkzeuge können sie äußerst effektiv arbeiten und ihre Erfahrungen prognostizieren. Dieses Beispiel zeigt, wie Werkzeuge zur Verfügung stehen, um große und komplexe Datenmengen zu analysieren, Muster zu erkennen und Konstellationen zu verstehen, die sonst unmöglich wären. Dies ist nur ein Beispiel, wie Künstliche Intelligenz in verschiedenen Bereichen nützlich sein kann.

Generell sollten wir uns darauf konzentrieren, dass hier Möglichkeiten bestehen, die ansonsten nicht vorhanden wären. Das Erkennen von Mustern und Zusammenhängen in großen Datenmengen, die auf andere Weise nicht möglich wären, ist ein äußerst wichtiger Aspekt.

Ein weiterer spannender Bereich betrifft die Aufbereitung und Kommunikation von Geschäftsberichten, Bilanzen und ähnlichen Informationen, insbesondere für das Controlling und den CFO. Nehmen wir als Beispiel das Berichtswesen: Mit Hilfe von Large Language Model kann ich die Erklärung einer komplexen Bilanz für den Vorstand fast vollständig automatisieren.

Es können ansprechende Sprachniveaus generiert werden, die natürlich noch nachbereitet und aufbereitet werden können. Normalerweise ist dies eine mühsame Arbeit, die jedoch durch diese Werkzeuge elegant und mühelos bewältigt werden kann. So entstehen wertvolle Hilfsmittel für die Text- und Bildgenerierung sowie die Erstellung von Tabellen und Grafiken, die einen hohen Grad an Automatisierung aufweisen.

Carsten Speckmann: Aus meiner Sicht wird Künstliche Intelligenz im Finanzbereich viele positive Veränderungen bewirken und völlig neue Dynamiken ermöglichen. Lassen Sie mich dies durch einen Vergleich mit der Vergangenheit verdeutlichen: Früher war der Finanzbereich eher statisch und faktenbasiert. Es wurden, mit gewissem zeitlichen Abstand, Monatsabschlüsse erstellt, Analysen durchgeführt und auf dieser Basis operative und strategische Entscheidungen getroffen.

Die Zukunft wird dagegen viel stärker von den verfügbaren Daten geprägt sein, insbesondere von Echtzeitdaten. Mit Echtzeitdaten meine ich beispielsweise den aktuellen Stand der Buchungen und Kosten. Wo stehen wir geschäftlich an dem Tag, an dem ich ein Meeting habe und Entscheidungen treffen möchte? Wenn im Finanzbereich Echtzeitdaten genutzt werden können, um die Geschäftsentwicklung zu einem bestimmten Zeitpunkt zu verstehen und das entsprechende Controlling durchzuführen, wird der Finanzbereich interaktiver und viel dynamischer. Natürlich wird es weiterhin Quartalsabschlüsse geben, aber die Dynamik innerhalb des Unternehmens wird eine ganz andere sein.

In diesem Zusammenhang wird vor allem das entsprechende Know-how im Finanzbereich gefragt sein, um mit Künstlicher Intelligenz umgehen und sie effektiv einsetzen zu können.

Deshalb wird sich auch die Rolle des CFOs und des Controllers ändern. Zudem werden sich das erforderliche Wissen und die Fähigkeiten, die man sowohl an der Universität als auch im Berufsleben erwirbt, anpassen müssen. Damit einhergehend werden sich auch die genutzten Tools verändern. Heutzutage verwendet man vielleicht ein statisches SAP- oder ERP-System, doch in Zukunft wird die IT-Infrastruktur agiler sein und ganz neue Anforderungen an die IT-Landschaft stellen. Das Ganze wird viel integrierter sein, nicht mehr sequenziell und statisch, sondern es wird die Geschäftsentwicklung und das Controlling in Echtzeit begleiten und aus der Sicht des CFOs diese Geschäftsentwicklung auch viel aktiver mitgestalten als bisher.

CFOaktuell:Wie wird Controlling in Zukunft aussehen? Welche Prozesse werden durch die Künstliche Intelligenz übernommen?

Harald Leitenmüller: Ich glaube, wir müssen neue Kompetenzen aufbauen, da die Erwartungshaltungen steigen werden. Schon jetzt sehe ich, dass man früher nach zwei Wochen Ergebnisse erhielt, wenn man einen Auftrag vergeben hatte, während man heute schneller und mehr Szenarien präsentieren kann. Denn letztendlich ist der Zweck dieser Ausarbeitungen die Unterstützung von Geschäfts­entscheidungen.

Seite 122Dabei erwarte ich mir verschiedene Optionen. Die Aufbereitung jeder einzelnen Option ist jedoch mit Aufwand verbunden. Wenn dieser Aufwand geringer wird und die Produktivität steigt, habe ich mehr Wahlmöglichkeiten und kann hoffentlich bessere Entscheidungen treffen. Daher werden Controller:innen auch zu Business Partner:innen für interaktive Entscheidungsprozesse, da sie über leistungsstarke Werkzeuge verfügen.

Carsten Speckmann: Aus meiner Sicht wird das Controlling der Zukunft ganz neue Funktionen hervorbringen, wie zum Beispiel Data Engineers und Data Scientists, die sich mit der Datenverarbeitung befassen. Es wird auch Data Analysten geben, die Analysen und Prognosen mit Hilfe von KI erstellen. Trotzdem dürfen wir nie vergessen, dass wir auch dann noch eine gewisse Fehlergenauigkeit haben werden. Darum wäre es aus meiner Sicht ein großer Fehler, allein auf KI zu vertrauen. Der Mensch muss immer die letzte Kontrollinstanz bilden.

Darüber hinaus wird es auch andere Rollen geben, wie zum Beispiel Business Analysten, jedoch im Sinne von Operational Analysten oder Innovation Analysten, nicht nur Financial Analysten. Es wird auch Cluster-Spiele geben, bei denen unterschiedliche Fachrollen involviert sind. Und schließlich werden neue Rollen wie Subject Matter Experts entstehen, die sich beispielsweise mit Mergers & Acquisitions oder Transformationsmanagement beschäftigen. Schließlich ist dies alles Teil einer Transformation, die nicht von heute auf morgen stattfindet und die erfordert, dass sich alle Beteiligten anpassen.

CFOaktuell:Dank Plattformen wie Microsoft Azure OpenAI und cloudbasierten Lösungen wie M365 Copilot können Unternehmen das volle Potenzial der KI ausschöpfen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen und Prozesse zu optimieren. Was sind die Vorteile, die Sie für den Finanzbereich sehen?

Harald Leitenmüller: Wir konzentrieren uns hier auf den professionellen Enterprise-Einsatz, und unsere Kundinnen und Kunden haben klare Erwartungen hinsichtlich Compliance und Sicherheitsanforderungen, die heutzutage von Unternehmen verlangt werden. Unsere Kundinnen und Kunden erwarten, dass vertrauliche Informationen in einem geschützten Unternehmenskontext verarbeitet werden.

Genau hier kommen Plattformen wie die Microsoft Azure Open AI ins Spiel. Wir nutzen exklusiv Open AI-Komponenten und KI-Modelle in einer sicheren Umgebung, um maßgeschneiderte Lösungen für unsere Kundinnen und Kunden anzubieten. Dabei erfüllen wir alle Compliance- und Sicherheitsanforderungen. Ein Hauptvorteil liegt daher in der Gewähr­leistung der Verarbeitung sensibler und kritischer Firmeninformationen auf sichere und zuverlässige Weise.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Integrationsmöglichkeit. Unsere Plattform ermöglicht die nahtlose Integration in Datenbanken und andere Anwendungen. Wir bieten verschiedene Schnittstellen und Verbindungsmöglichkeiten, sei es mit Power BIBackend Connectors zu SAP oder anderen Datenbanken. Auf diese Weise erfüllen wir die Erwartungen unserer Kundinnen und Kunden in Bezug auf Compliance, Sicherheit und Integrationsmöglichkeiten, und ermöglichen ihnen so, die Vorteile der Künstlichen Intelligenz in ihrem Unternehmenskontext zu nutzen.

CFOaktuell:Herr Speckmann, was planen Sie bei Siemens? Wie setzen Sie ChatGPT und andere AI schon jetzt ein?

Carsten Speckmann: Ein Beispiel ist die sogenannte Predictive Maintenance, also die vorausschauende Wartung von Maschinen. Mit ihr können wir basierend auf den Messdaten aus der Fertigung und den gesammelten Erfahrungs­werten prognostizieren, wie lange bestimmte Maschinenteile noch halten und wann sie voraussichtlich ausfallen werden. Auf diese Weise können diese Maschinenteile rechtzeitig ausgetauscht werden, bevor sie den Betrieb beeinträchtigen. Dadurch können wir die Betriebszeit in der Produktion erhöhen, Unterbrechungen vermeiden und die Qualität verbessern.

Ein ähnliches Prinzip wird übrigens auch bei Zügen angewendet, bei denen Videos oder Fotos aufgenommen und mit Hilfe von KI ausge­wertet werden, um den Zustand der Bremsen zu überwachen und rechtzeitig Austauschmaßnahmen zu ergreifen. Aber auch bei der Planung oder Optimierung von Produktionen kommt heute durchaus schon KI zum Einsatz.

Im Finance-Bereich nutzen wir Dashboards, wie zum Beispiel das BI-Dashboard, sowie andere Tools wie Tableau. Diese Dashboards bieten integrierte KI-Funktionen. Wir verwenden beispielsweise obere und untere Grenz­werte, die in diesen Dashboards implementiert sind. Tatsächlich ersetzen wir Excel mehr und mehr in unserem täglichen Arbeitsablauf oder laden lediglich Daten aus Excel herunter, um sie in unseren Dashboards zur Steuerung des Geschäfts und zur Darstellung der finanziellen Kennzahlen weiterzuverarbeiten.

Dieser tägliche Wandel ist spürbar. Sowohl in technischen als auch in finanziellen Funktionen nutzen wir Tools mit hoher Geschwindigkeit. Wir arbeiten in agilen Sprints und in sogenannten „Pizza-Teams“. Täglich werden neue Funktionen implementiert. Das Problem dabei ist, dass wir uns bereits in einem rasanten Tempo bewegen und sicherstellen müssen, dass alle Mitarbeiter:innen Schritt halten können. Der Wandel ist wirklich enorm. Um auf die Frage nach der Revolution am Anfang zurückzukommen: Wir erleben eine unglaubliche Geschwindigkeit des Fortschritts.

CFOaktuell:Sie sprechen vom Industrial Metaverse und dem Digital Twin. Können Sie die beiden Begriffe erklären und uns kurz vorstellen, wie sie bei Siemens zum Einsatz kommen?

Carsten Speckmann: Das Industrial Metaverse ist ein Konzept, das die reale Welt mit der digitalen verbindet. Es ermöglicht die Transformation in der Fertigungsindustrie, indem virtuelle Simulationen genutzt werden, um die Produktion schneller und effizienter zu gestalten.

Seite 123Durch digitale Zwillinge, die Teil dieses Industriall Metaverse sind, können Produkte, Maschinen, Prozesse und ganze Produktionsanlagen virtuell abgebildet werden. Die vorhandenen Daten fließen in solche Simulationsmodelle ein und verbinden die reale und digitale Welt in der Entwicklung und Planung, in der anschließenden Produktion bis hin zum späteren Einsatz der Produkte, wo sie Rückmeldungen geben können, die dann wieder in die Weiterentwicklung der Produkte einfließen. Ein kompletter Kreislauf also.

Was bedeutet das letztendlich? Wenn eine Fabrik umgebaut oder neu gebaut wird, kann dies beispielsweise um 50 Prozent schneller durchgeführt werden. Durch die Simulation der Produktion mit neuen Modellen, Batterien und Technologien kann eine 15-prozentige Steigerung der Effizienz in der Produktion erreicht werden.

Ein Beispiel dafür ist die Batterieproduktion eines Zulieferers, bei dem durch den digitalen Zwilling der CO2-Fußabdruck um fünf Prozent reduziert werden kann. Durch eine effizientere Gestaltung können auch der Rohstoffverbrauch und andere Ressourcen gesenkt werden.

Der digitale Zwilling ermöglicht es also letztendlich, die Produktion der Zukunft effizienter und schneller zu gestalten, die Flexibilität zu erhöhen und insgesamt effizienter zu arbeiten. Diese Vision wird bereits umgesetzt. Sie ist keine bloße Vision mehr, sondern Realität.

CFOaktuell:Letzte Frage: In fünf Punkten zusammengefasst: Was müssen CFOs jetzt tun, um diese anstehenden Transformationen erfolgreich zu bewältigen?

Carsten Speckmann: CFOs sollten offen sein für neue Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) und sich dem aktuellen Zeitgeist anpassen. Agilität und Flexibilität sind essenziell, um den Wandel erfolgreich zu gestalten. Zudem ist es wichtig, die Organisation weiterzuentwickeln und die neuen Rollen, über die wir zuvor gesprochen haben, zu implementieren. Die Mitarbeiter:innen sollten motiviert werden, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und ihre Fähigkeiten anzupassen. Eine verstärkte IT-Kompetenz in der Finanz­organisation ist ebenfalls entscheidend.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Standardisierung und Automatisierung von Finanzprozessen. Durch den Einsatz von Robotics und KI im Rechnungswesen können Effizienz­gewinne erzielt werden. Es ist sinnvoll, alles zu automatisieren und zu standardisieren, was möglich ist. Dadurch können Ressourcen eingesp­art und die Prozesse effizienter gestaltet werden.

Nicht zuletzt sollte die Transformation aktiv von der Finance-Abteilung mitgestaltet werden. CFOs sollten sich bewusst sein, dass sie in Zukunft nicht nur eine Rolle im Finanzwesens spielen, sondern auch stärker die Zukunft des Unternehmens mitgestalten und dafür Verantwortung übernehmen sollten.

Harald Leitenmüller: Unternehmen sollten vermeiden, Technologien grundsätzlich zu verbieten. Stattdessen ist es ratsam, klare Richtlinien zu erlassen, die den Zweck und die Verwendung bestimmter Werkzeuge festlegen. Insbesondere im Hinblick auf ChatGPT ist es wichtig, zu definieren, dass es sich um ein Consumer-Tool handelt und keine personenbezogenen Firmen­geheimnisse damit behandelt werden sollen. Unternehmen sollten das Lernen durch die Nutzung neuer Technologien fördern, da dies von großer Bedeutung ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass CFOs sich den bevorstehenden Transformationen offen gegenüberstellen sollten. Sie sollten die notwendigen Anpassungen vornehmen, ihre Organisation weiterentwickeln, ihre Mitarbeiter:innen motivieren und die Chancen der neuen Technologien nutzen. Eine aktive Mitgestaltung der Transformation und klare Richtlinien bezüglich des Einsatzes von Technologien sind ebenfalls von großer Bedeutung.


Erschienen in CFOaktuell Heft-Nr 4/2023.

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