Studie: Finanzierung im Mittelstand

Die seit dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise immer restriktiver werdende Kreditvergabe für Österreichs mittelständische Betriebe hat sich seit dem letzten Jahr deutlich gelockert. Der Anteil jener Unternehmen, die unter einem erschwerten Zugang zu Kreditfinanzierungen leiden, ist deutlich zurückgegangen. Während 2017 noch 43 Prozent der heimischen Betriebe beklagten, dass die Kreditvergabe der Banken in den vergangenen drei Jahren (eher) restriktiver geworden ist, sind es heuer nur noch 30 Prozent. Mehr als jeder Fünfte (21%) spricht sogar von einem einfacheren Zugang zu Bankkrediten.

Das sind die Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY, für die 900 mittelständische Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeitern in Österreich befragt wurden.

Andreas Steiner-Posch, Geschäftsführer Capital & Debt Advisory bei EY Österreich: „Nachdem die Nachwehen der Finanzkrise den heimischen Mittelstand jahrelang mit deutlich schwierigeren Kreditbedingungen konfrontiert haben, sehen wir wieder einen deutlichen Entspannungseffekt. Die Wirtschaft brummt wie schon lange nicht mehr, die Banken haben wieder Polster aufgebaut und vergeben leichter Kredite. Bei Unternehmen mit Top-Bonitäten sind die Konditionen so günstig wie zuletzt vor zehn Jahren. Die Kreditmargen haben sich bei guten Bonitäten wieder auf Vorkrisenniveau eingependelt“.

Österreichs mittelständische Betriebe rechnen grundsätzlich eher mit einer Verschlechterung der Kreditkonditionen: Zwei von drei Unternehmen in Österreich (66 Prozent) gehen davon aus, dass die Finanzierungskosten ihres Unternehmens heuer gegenüber 2017 steigen werden. Nur rund jeder dritte Befragte rechnet für das kommende Jahr mit sinkenden Finanzierungskosten. Insbesondere Unternehmen mit guter Geschäftslage (69%) rechnen damit, dass sich die derzeit günstigen Konditionen wieder verschlechtern werden. Betriebe mit aktuell (eher) schlechter Geschäftslage haben schon bisher nicht in dem Ausmaß von wieder günstigeren Konditionen profitiert – demensprechend rechnen weniger dieser Unternehmen (56%) mit steigenden Finanzierungskosten.

Entspannung am Kreditmarkt kommt im „Mittelfeld“ an – kleinere weiterhin außen vor
Nachdem es bereits 2017 eine leichte Entspannung für Unternehmen mit Top-Bonität gab, weite sich dieser Effekt nun aus, so Steiner-Posch: „Die österreichische Wirtschaft ist wieder im Aufschwung, die Zinsen bleiben niedrig und der Investitionswille steigt deutlich. Die Erholung am Kreditmarkt ist eine Wellenbewegung: Nachdem Banken in den letzten beiden Jahren schon wieder mehr Kredite an Unternehmen mit guter Bonität vergeben haben, erhalten mittlerweile auch Betriebe im ‚Mittelfeld‘, also mit mittlerer Bonität und Größe, wieder einfacher Bankkredite“, so Steiner-Posch.

Unter den großen Unternehmen mit mehr als 100 Millionen Euro Jahresumsatz ist der Anteil derer, die eine restriktive Kreditvergabe beobachten, dementsprechend im Vergleich zu 2017 von 47 auf 26 Prozent gesunken. Bei Unternehmen im „Mittelfeld“ mit 30 bis 100 Millionen Euro Umsatz gab es einen Rückgang von 41 auf 16 Prozent. Bei Unternehmen mit weniger als 30 Millionen Euro Umsatz hat sich hingegen noch keine Entspannung eingestellt: Dort geben 37 Prozent – und damit nur knapp weniger als im Vorjahr (43%) – an, dass die Kreditvergabe in den letzten drei Jahren restriktiver geworden ist.

Österreichs Unternehmen setzen auf klassische Finanzierungsformen
Der österreichische Mittelstand hält es bei der Finanzierung wie schon im Vorjahr gerne „klassisch“: Am häufigsten ist die Innenfinanzierung aus einbehaltenen Gewinnen und laufendem Cashflow (58%, 2017: 55%), auf Platz zwei folgen Bankdarlehen (52%, 2017: 50%). Einen leichten Rückgang von 42 auf 38 Prozent gab es beim Leasing, das heuer auf Platz drei rangiert. Wie im Vorjahr finanziert sich jeweils rund ein Fünftel der Unternehmen über öffentliche Förderprogramme (20%) oder Kapital aus Gesellschaftereinlagen (18%).

„Für Unternehmen mit guter und inzwischen auch mittlerer wirtschaftlicher Performance ist es wieder einfacher, Kredite zu bekommen. Aufgrund der Maßnahmen der Europäischen Zentralbank und des anhaltenden Niedrigzinsniveaus ist viel Liquidität im Markt und trotz der anziehenden Inflation sind die Langfristzinsen nur leicht gestiegen. Allerdings steigt der Finanzierungsbedarf, weil viele Unternehmen aufgrund von optimistischeren Konjunktureinschätzungen auch mehr investieren wollen. Für anstehende Expansionsvorhaben ist es sinnvoll, frühzeitig für die notwendigen Finanzierungen vorzusorgen“, so Steiner-Posch.

Kleine Betriebe sind auf Kredite angewiesen, bekommen sie aber oft nicht
Die Finanzierungsform ist vor allem eine Frage der Größe: Während große Unternehmen mit mehr als 100 Millionen Euro Umsatz ihr Kapital vor allem aus der Innenfinanzierung ziehen (71%), tun sich kleinere Betriebe mit weniger als 30 Millionen Umsatz schwerer (54%). Diese setzen deshalb stärker auf Bankkredite (55%), die bei den großen Unternehmen eine geringere Bedeutung haben (46%).

Das könne zu einer Zweiklassengesellschaft führen: „Die Entspannung auf dem Kreditmarkt ist noch nicht bei kleineren Betrieben angekommen. Das erhöht die Gefahr einer sich immer weiter öffnenden Schere. Kleinere Unternehmen sind deutlich stärker auf Bankkredite angewiesen, haben aber einen klar schlechteren Zugang. Um dieser Schere entgegenzuwirken und das günstige Momentum zu nutzen, um die Segel auf Wachstum zu setzen, sollten sich insbesondere kleinere mittelständische Betriebe auch mit alternativen Finanzierungsformen auseinandersetzen“, so Steiner-Posch.

 

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