Robotics Process Automation (RPA) – nutzen Sie schon die Potenziale?

Finance goes Digital – Anspruch und Realität

Digitalisierung ist zweifelsfrei als Megatrend in allen Branchen angekommen und hat eine nachhaltige Transformation von Geschäftsmodellen irreversibel eingeleitet. Neben einer grundlegenden Veränderung von Geschäftsmodellen sind es aber insbesondere interne Funktionsbereiche wie die Finanzfunktion, denen ein radikaler Umbruch unmittelbar bevorsteht. Obwohl fundamentale Veränderungen unausweichlich sind, sieht die Realität ganz anders aus: Die digitale Transformation der Finanzfunktion steckt derzeit noch in den Kinderschuhen. So zeigt eine aktuelle Studie, dass bspw. erst jedes achte Unternehmen neue Technologien zur Automatisierung von Prozessen einsetzt. Für knapp 50% der befragten Unternehmen ist Robotics Process Automation (RPA) noch kein Thema.[i]

Diese Befunde zeigen eines ganz deutlich: Anspruch und Realität klaffen bei der Digitalisierung der Finanzfunktion häufig noch weit auseinander und viele Potenziale werden nicht oder nur unzureichend realisiert. Viele Unternehmen waren bislang nicht bereit sich auf eine weitreichende Transformation im Finanzbereich einzulassen.

Der folgende Beitrag liefert einen komprimierten Überblick zum Thema Robotics Process Automation (RPA). Wesentlich erscheint dabei einen sinnvoll skalierbaren Einstieg in das Thema RPA darzustellen, denn eines ist gewiss: Der digitale Transformationsprozess hat eingesetzt und ist nicht mehr aufzuhalten. Eine rechtzeitige und gut strukturierte Auseinandersetzung mit neuen Technologien ist die Basis um die dabei erforderlichen Kompetenzen aufzubauen. Hinzu kommt gerade für viele österreichische Unternehmen ein nicht von der Hand zu weisender Vorteil: Überall dort wo eine weitreichende Effizienzsteigerung in Form eines Shared Service Center (SSC) bislang aufgrund fehlender „kritischer Masse“ nicht möglich war (was insbesondere Mittelstandunternehmen häufig trifft), liefert RPA einen sinnvollen Weg um Effizienz und Qualität trotzdem deutlich zu steigern.

Was ist Robotics Process Automation (RPA)?

Unter Robotics Process Automation (RPA) versteht man eine Software, die manuelle (transaktionale) Tätigkeiten automatisiert. Die daraus resultierenden Schritte sollten regelgebunden sein und sich durch logische Operationen abbilden lassen (bspw. durch Wenn-Dann-Beziehungen). Dabei werden menschliche Arbeitsschritte auf bestehenden User-Interfaces nachgeahmt. Es gelingt damit menschliche Flexibilität und die Zuverlässigkeit einer Software intelligent und zum Nutzen Ihres Unternehmens miteinander zu kombinieren (siehe Abbildung 1):

Eigenschaften von Robotics Process Automation (RPA)

Abbildung 1: Eigenschaften von Robotics Process Automation (RPA)

Wie trägt Robotics Process Automation (RPA) zur Transformation der Finanzfunktion bei?

Der Einsatz von Robotics Process Automation (RPA) wird meist ausschließlich als Hebel zur Effizienzsteigerung gesehen und der Ersatz menschlicher Arbeitskraft durch eine Softwarelösung damit verbunden. Das ist eine Facette von RPA, verengt aber die Sichtweise zu weit. Ziemlich jede Finanzabteilung hat sich in den vergangenen Jahren der Forderung nach mehr Business Partnering stellen müssen. Ein neues Rollenbild der „Finanz“ wird gefordert und Schlagwörter wie mehr Geschäftsnähe, Sparringpartner und Challenger auf Augenhöhe mit dem Management sind allgegenwärtig. Dabei sind natürlich immer zwei Voraussetzungen erfolgskritisch: Kompetenzen und Ressourcen. Gerade die häufig ins Treffen geführten Ressourcenengpässe können durch RPA gelöst werden. Manuelle Tätigkeit zu automatisieren schafft vielfach erst die Voraussetzung um die neue Rolle ausfüllen zu können. Mit RPA ist die Re-Fokussierung von manuellen zu wertschaffenden Tätigkeiten in greifbarer Nähe.

 

Welche Prozesse eigenen sich zur Automatisierung durch Software Robotics?

Grundsätzlich lässt sich über ein Set an standardisierten Faktoren rasch eine erste Potenzialabschätzung vornehmen. Ein Prozess ist insbesondere dann durch Software Robotics zu automatisieren, wenn mehrere der unten angeführten Merkmale zutreffen (siehe auch Abbildung 2).

Prozessmerkmale und Software Robotics

Abbildung 2: Prozessmerkmale und Software Robotics

Treffen einige der oben genannten Merkmale zu, dann gilt es jedenfalls weiter zu prüfen, ob dieser Prozess idealerweise über Software Robotics abzubilden ist. Damit lassen sich vielfach schnell Aussagen treffen, in welchen Bereichen im Idealfall gestartet werden soll.

 

Welche Vorteile lassen sich dadurch realisieren?

Robotics Process Automation (RPA)-Projekte sind durch eine Reihe von Vorteilen geprägt. Diese machen klar, warum das Thema zunehmend in den Fokus rückt – dazu zählen u.a. (für eine vollständige Übersicht siehe Abbildung 3):

  • Es handelt sich um eine „nicht-invasive“ und damit auch wenig risikoreiche Technologie. Robotics interagiert mit bestehenden Systemen und bedeutet keinen Eingriff in die bestehende Systemlandschaft oder die Programmierung aufwendiger und teurer Schnittstellen.
  • Ein vollständiger Audit-Trail ist verfügbar und damit die Prozess-Compliance eingehalten. Revisionssicherheit ist beim Einsatz von Robotics in hohem Maße sichergestellt.
  • Robotics schafft hohe Zuverlässigkeit – es gibt keine krankheitsbedingten Ausfälle bzw. werden Leistungen im Bedarfsfall 24/7, 365 Tage im Jahr erbracht.
  • Rasche Umsetzbarkeit (Projekte dauern zwischen 2 bis 6 Monaten), hohe Einsparungspotenziale (im Schnitt bei 20 bis 35%) und ein ROI von tlw. unter einem Jahr machen Robotics auch aus wirtschaftlicher Sicht zu einem sinnvollen Investment.
  • Es geht oftmals nicht in erster Linie um Mitarbeiterabbau, bei vielen Projekten steht eher eine Re-Fokussierung von transaktionalen auf wertschaffende Aufgaben im Mittelpunkt. Robotics setzt oftmals erst die Ressourcen frei, die zur Umsetzung eines modernen Rollenbilds als Business Partner notwendig sind.
Vorteile von Robotics Process Automation (RPA)

Abbildung 3: Vorteile von Robotics Process Automation (RPA)

 

Wie kann man damit optimal im Unternehmen starten?

Für viele Unternehmen stellt sich aktuell die Frage, wie ein sinnvoller Einstieg in das Thema Robotics Process Automation (RPA) aussehen kann. Gerade hier kann eine beruhigende Antwort gegeben werden: Einerseits kann man mit dem Thema in einer überschaubaren Größenordnung starten. Andererseits ist gerade für RPA eine iterativer (sprich agiler) Projektzugang das optimale Vorgehensmodell. Konkret bedeutet das mit ersten (priorisierten) Prozessen loszulegen und einen Piloten umzusetzen. Auf den dabei gewonnen Erfahrungen wird die Technologie dann sukzessive weiter ausgerollt. Das reduziert Risiken in erheblichem Umfang, schafft aber auch die idealen Rahmenbedingungen um die Belegschaft bei diesem Prozess sinnvoll einzubinden und Commitment zu schaffen.

Grundsätzlich empfiehlt sich ein dreistufiges Vorgehensmodell, das jeweils klare definierte Entscheidungspunkte (im Sinne STOP or GO) vorsieht. Folgende Schritte sind dabei zu durchlaufen:

  1. Robotics Process Automation (RPA) Assessment: Dabei steht zunächst einmal ein Screening der Potenziale im Fokus. Die Kombination aus Self-Assessment (durch die eigenen Mitarbeiter / Process Owner) ergänzt um eine Außensicht (Best Practice) schafft die optimale Kombination aus Commitment und realistischer Potenzialschätzung. Darauf basierend werden in einem gemeinsamen Workshop die Potenziale priorisiert und die Basis für weitere Evaluierungsschritte gelegt. Die priorisierten Prozesse werden dann detailliert erhoben und gleichzeitig aus technischer Sicht einem Check unterzogen um die Umsetzbarkeit sicherzustellen. Am Ende steht eine strukturierte Kosten-Nutzen-Einschätzung die finanzielle und nicht-finanzielle Komponenten zusammenführt (zusammenfassend siehe Abbildung 4). Damit ist die Entscheidungsgrundlage für Phase 2, den Proof of Concept, geschaffen.
  2. Proof of Concept (PoC): Beim Proof of Concept werden definierte Use Cases aus den priorisierten Prozessen umgesetzt und getestet. Damit lässt sich der Umsetzungserfolg absichern und Vertrauen in die Einführung der neuen Technologie wird aufgebaut. Daneben gilt es die ideale Software-Lösung auszuwählen. Am Ende steht ein PoC-Report der wieder die Basis für die Entscheidung in die nächste Phase im Projekt einzutreten bildet.
  3. Umsetzung: Die Umsetzung erfolgt dann in einer agilen Methode mit sogenannten „Umsetzungs-Sprints“. User Acceptance Tests (UAT) bilden die Grundlage für die Abnahme der implementierten Prozesse. Am Ende erfolgt die Migration in die Produktivumgebung und der Go-live des automatisierten Prozesses.
Robotics Process Automation (RPA) Assessment

Abbildung 4: Robotics Process Automation (RPA) Assessment

  

Vier Leitsätze im Umgang mit Robotics Process Automation (RPA)

  1. Starten Sie das Thema rasch und entschlossen – seien Sie offensiv, denn mittelfristig führt kein Weg am Einsatz von RPA vorbei!
  2. Legen Sie die Ziele von Beginn an fest und denken Sie in verschiedenen (multidimensionalen) Zielkategorien – RPA kann in mehreren Dimensionen Nutzen stiften.
  3. Binden Sie Ihre Mitarbeiter von Beginn an ein – ein partizipatives Set-up sichert Commitment, fördert weitere Ideen zur Automatisierung zu Tage und legt den Grundstein für erfolgreichen Kompetenzaufbau.
  4. RPA bleibt nicht auf den Finanzbereich beschränkt – viele weitere Einsatzfelder in HR, Beschaffung, Vertrieb, IT, Supply Chain etc. sind ebenso zu erschließen.

 

Interesse an einem RPA-Assessment oder wollen Sie mehr über die Einsatzmöglichkeiten in Ihrem Unternehmen erfahren? Gerne stehe ich Ihnen unter +43 1 211 70 – 1916 oder raoul.ruthner@at.ey.com zur Verfügung.

[i] Vgl. Digital CFO – Die (R-)Evolution einer Unternehmensfunktion? www.oliverwyman.com

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