Was macht eine Verhandlung schwierig?

Eine Verhandlung ist schwierig, komplex und herausfordernd zu führen, wenn gewisse Merkmale aufeinandertreffen. Sobald eine Verhandlung ein oder mehrere solcher Merkmale aufweist, steigt ihr Schwierigkeitsgrad. Doch welche Merkmale sind hierbei gemeint?

Intern konkurrierende Interessen

In der Regel wird in einer Umgebung mit ein bis drei Entscheidungsträgern und -beeinflussern auf der anderen Seite verhandelt. Steigt deren Anzahl, erhöht dies den Schwierigkeitsgrad der vorliegenden Verhandlung, weil dadurch die Lenkung des Entscheidungsfindungsprozesses mühsamer wird.

Des Weiteren kann es vorkommen, dass die Entscheidungsträger auf der Gegenseite aufgrund intern konkurrierender Interessen untereinander Verhandlungen führen. Die intern geführten Verhandlungen beeinflussen den eigentlichen bzw den Hauptver­handlungsstrang. Sofern eine solche Dynamik vorliegt, wird dadurch eine politische Dimension erreicht, welche die Komplexität der Verhandlung steigert. Diese Komplexität kann sogar getoppt werden, wenn eine solche Dynamik konkurrierender Interessen nicht nur auf der gegnerischen Seite, sondern auch im eigenen Lager vorliegt.

Konsequenzen des Scheiterns und Weitergabe von Informationen

Ein weiteres Kriterium ist die Betrachtung der Konsequenzen des Scheiterns: Mit welchen Konsequenzen haben die Verhandler zu rechnen, sollte das Vorhaben misslingen? Je gewichtiger die Konsequenzen sind, desto herausfordernder ist die Verhandlung.

Konsequenzen haben allerdings eine weitere Dimension: Deren Betrachtung und vor allem Bewertung ist individuell. Demnach können unterschiedlichste Prozesse im jeweiligen Verhandler ausgelöst werden, positive und negative, je nachdem, wie er die Konsequenzen deutet. Wichtig sind in diesem Zusammenhang die negativen Prozesse, also die Angst. Die Ängste eines Verhandlers haben massive Wirkung auf seine Entscheidungen. Die Fähigkeit, mit diesen Ängsten umzugehen, ist von elementarer Bedeutung, wenn der Verhandlungsfall besonders wichtig ist. Die Wichtigkeit in diesem Kontext korreliert mit der subjektiven Bewertung der Konsequenzen.

Die genannten Eigenschaften gelten für M&A-Verhandlungen. M&A-Verhandlungen weisen aus analytischer Sicht einen recht hohen Schwierigkeitsgrad auf. Auch die Umgebung zeigt eine hohe Komplexität. Darüber hinaus erzeugen die hohen Erwartungshaltungen der Beteiligten und die hohen Summen, die hantiert werden müssen, entsprechende Ängste bei den Beteiligten. Auch die hohe Sensibilität von Verhandlungskomponenten wie des Informations- und Zeitmanagements sorgt für eine starke Beanspruchung der Beteiligten.

Wann wir wem welche Information zukommen lassen, wird bei vielen Verhandlungen als ein unbedeutender Aspekt betrachtet. Bei M&A-Verhandlungen sind solche Prozesse jedoch von immenser Wichtigkeit.

Das Verhandlungsobjekt

Nun könnte man all den genannten Aspekten entgegenhalten, dass bei M&A-Verhandlungen ausgiebig vorbereitet wird und Due-Diligence-Prüfungen stattfinden, um Klarheit in die nebulöse Welt der Zahlen und Fakten zu bringen. Das Problem an dieser Stelle: Alle Handlungen, Prozesse und Aktionen, welche die Fakten adressieren, sowie Due Diligence sind eine Notwendigkeit, aber für die Verhandlungswelt niemals ausreichend. Der Grund hierfür ist: Wir verhandeln nie um ein Verhandlungsobjekt, sondern immer um dessen Mehrwert für die Beteiligten. Um genauer zu sein: Wir verhandeln um die Verzahnung der Mehrwerte des Objekts mit den Interessen und Ängsten der Beteiligten. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, merkt man sofort, dass eine rein zahlen- oder faktenbasierte Klärung niemals ausreicht.

Was bedeutet das Verhandlungsobjekt, in diesem Fall ein Unternehmen, dem Inhaber im Moment des Verkaufens? Was bedeutet es dem Berater, dem Juristen oder dem Käufer? Dieser immens wichtige Aspekt der Verhandlungsführung kann über die Prüfung der Fakten nicht offengelegt werden. Es braucht eine Betrachtung auf Ebene der Entscheidungsfindung.

Eine Verhandlung steht und fällt mit den Entscheidungen, die in diesem Kontext getroffen werden. Entscheidungen werden von Menschen getroffen. Somit ist die Verhandlung eine höchst personenbasierte Interaktion. Die Sachlage bzw die Fakten bilden den Rahmen, aber niemals den Kern. Wer diese Perspektive nachvollzogen hat, kann mit der ganzheitlichen Vorbereitung seiner Verhandlung starten.

Verhandlungsvorbereitung spart Zeit und Mühen

Im Fall von M&A startet somit die Verhandlungsvorbereitung mit der Klärung der Interessen und Albträume jener Personen, die für unser Vorhaben die Entscheidungsprozesse direkt oder indirekt beeinflussen. Erst danach packen wir die Fakten an, führen eine Due-Diligence-Prüfung und weitere Schritte durch.

Nun folgt der interessante Moment. Die Klärung der Fakten ermöglicht einen Einblick in die Wertigkeit des Objekts. Allerdings nur dann, wenn sich ein Objekt­wert mit den Interessen eines der Beteiligten verzahnt, können wir von einem Mehrwert sprechen. Konkret bedeutet dies, dass jeder erfahrene Berater die Situation kennt, in der ein Unternehmens­inhaber den berechneten Wert für sein Unternehmen als zu gering ansieht. Dies kann natürlich taktische Gründe haben, kann aber auch bedeuten, dass der Berater im Rahmen seiner Tätigkeit einen Wert für das Unternehmen errechnet, der Inhaber seinerseits jedoch die berechnete Zahl als eine Wertung seiner Lebens­leistung ansieht. Faktisch hat der Berater Recht. Für die Verhandlung spielt dies aber keine Rolle, da der Berater nur dann Zugang zum Inhaber findet, wenn er den Grund seiner Blockadehaltung nachvollziehen kann. Das bedeutet nicht, dass der Berater dem Inhaber zustimmen muss, sondern vielmehr, dass er dessen Entscheidungsfindung nur dann lenken und ihn für sich gewinnen kann, wenn er das Motiv seiner Handlung erfasst.

Im Anschluss an die Klärung der Motivlage erfolgt die Adressierung der politischen Dimension. Damit sind die Parallelver­handlungen gemeint, welche die eigentliche Verhandlung beeinflussen. Darüber hinaus muss ein Plan für die Lenkung der Entscheidungsprozesse auf der Gegenseite, die im Fall von M&A, wie bereits erläutert, recht komplex sein können, entworfen werden.

Wer mit einer geladenen Kanone auftreten möchte, listet am besten auch die möglichen Risiken auf und bereitet eine Liste mit Maßnahmen vor, die mit diesen korrespondieren und deren Eintreten entweder verhindern oder deren Wahrscheinlichkeit verringern bzw als Gegenmaßnahme im Fall des Eintretens dienen können.

Werden all die genannten Aspekte der Verhandlungsvorbereitung berücksichtigt, gilt es, sich strategisch strikt an den Plan zu halten. Auf der operativen Ebene, also taktisch, sind immer Abweichungen und Änderungen denkbar. Mit einer solchen Vorgehensweise wird die Chance einer Zielerreichung erhöht.

Der Vorbereitungsaufwand für M&A-Verhandlungen ist somit recht hoch. Es gilt, viele Zusatzmerkmale zu berücksichtigen. Die investierte Zeit und Mühe rechnet sich allerdings. Denn alle vernachlässigten Verhandlungskomponenten werden einen später einholen und kosten dann noch mehr Zeit und Mühe.

Die ganzheitliche Betrachtung einer M&A-Verhandlung erklärt, warum die besten Verhandler auf dem wirtschaftlichen Parkett oft in der M&A-Welt zu finden sind. Denn dort ist man mehrfach herausgefordert und es versteht sich von selbst, dass die Umsetzung eines Verhandlungsplans in der Regel schwieriger als dessen Aufstellung ist. An dieser Stelle trennt sich die Spreu vom Weizen. Nur jene Verhandler, die nicht nur gedanklich gut vorbereiten, sondern auch emotional stabil sind und nach Plan umsetzen können, haben das Zeug dazu, sich in der M&A-Welt erfolgreich durchzuschlagen.

Auf den Punkt gebracht

  • M&A-Verhandlungen sind mehrdimensionale Verhandlungen.
  • Die persönliche Ebene ist bei M&A-Verhandlungen von immenser Bedeutung.
  • Eine gedankenbasierte Vorbereitung genügt nicht. Der gute Verhandler muss auch emotional stabil sein und nach Plan umsetzen können.

Der Artikel ist in CFO aktuell (Heft 4/2018) erschienen. Mehr Infos unter: www.cfoaktuell.at


Weiterbildungstipp

Verhandlungsführung in Extremsituationen | So bekommen Sie, was Sie wollen
Wann? 26. & 27. Februar 2020 | Wo? Seminarhotel & Palais Strudlhof, 1090 Wien, Eingang: Strudlhofgasse 10 | Anmeldung

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