In-Memory-Technologien als Innovationstreiber

Revolution für die Planung? Die fortschreitende Digitalisierung und wachsende Datenberge stellen für Unternehmen weitreichende Herausforderungen dar. Um die Verarbeitung und Nutzung dieser Daten im Unternehmens­interesse zu gewährleisten, können Unternehmen In-Memory-Technologien einsetzen. Diese helfen insb in der Planung, zukünftige Entwicklungen szenarienbasiert zu prognostizieren und die Strategie und Unternehmens­steuerung an diesen Ergebnissen auszurichten. Ein in-memory-basierter Planungsansatz kann zudem eine agilere und dynamischere Arbeitsweise des Controllings fördern.

1. Big Data und wachsende Umgebungsunsicherheit für Unternehmen

In Zeiten fortschreitender Digitalisierung sind Unternehmen mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Daten werden heute in vielseitiger Art und Weise gesammelt. Bereits vor rund fünf Jahren lautete eine weit verbreitete These, dass 90 % der damals global existierenden Daten alleine in den letzten zwei Jahren vor Formulierung der These generiert wurden. 1 Dieser Datenwachstumstrend hat sich seither stetig fort­gesetzt. Aufgrund günstiger Speicherpreise werden zunehmend auch Daten und Informationen gesammelt, deren Sinn und Nutzen nicht unmittelbar erkennbar ist. Neben der Speicherung der Daten stehen Unternehmen auch vor der Frage, wie die generierten Daten mehr­wertstiftend verarbeitet und analysiert werden können – ein Unterfangen, das die etablierten Strukturen, Technologien und Prozesse herausfordert.

In die Zukunft blickend haben Unternehmen ferner mit einer immer höheren Unsicherheit zu kämpfen. In vielen Branchen ermöglicht die Digitalisierung einen schnellen und ressourceneffizienten Markteintritt für neue Akteure. Disruptive Technologien verändern ganze Marktumfelder und haben in einigen Fällen bereits zum Bedeutungsverlust einst etablierter Unternehmen geführt. Ganze Wertschöpfungsketten werden durch die digitale Transformation von Grund auf verändert. Dies erfordert von Unternehmen, sich dem einhergehenden Wandel kontinuierlich anzupassen. Um sich daher zukunftssicher aufzustellen, müssen Unternehmen permanent auf grundlegende Veränderungen im eigenen Umfeld vorbereitet sein, die unmittelbare Konsequenzen für das eigene Unternehmen zur Folge haben können.

Aufgrund einer höheren Umgebungsunsicherheit für Unternehmen und einem gleichzeitig steigenden Datenzuwachs sehen sich Unternehmen mit einigen Herausforderungen konfrontiert. Diese Veränderungen verlangen Optimierungen, besonders im Bereich der Unternehmensplanung, die aufgrund ihrer zukunftsbezogenen Ausrichtung in besonderer Weise betroffen ist. Denken in Szenarien, die Simulation von Eintrittswahrscheinlichkeiten und die Arbeit mit Real-Time- bzw Near-Time-Ergebnissen sind wesentliche Anforderungen an eine moderne Planung und Budgetierung.

Um die Herausforderungen großer (teils unstrukturierter) Datenmengen auch für die Planung und Budgetierung als Chance verstehen 2 und diese schlussendlich gegen die zunehmende Unsicherheit ausspielen zu können, ist es für Unternehmen erforderlich, in effizienter Art und Weise nützliche Informationen aus den Daten generieren zu können. Herkömmliche und aktuell eingesetzte Technologien sind dazu nicht mehr in der Lage. 3 Einem nutzbringenden Einsatz neuer Technologien in den Teilprozessen der Planung kommt daher besondere Bedeutung zu, um das Unternehmen gegen die wachsenden Unsicherheiten abzusichern. Die IT entwickelt sich damit weg vom passiven Beobachter hin zum aktiven Gestalter der Welt und der Unternehmen. 4 Eine bahnbrechende Technologie, die die Planung in Unternehmen wesentlich beeinflussen wird, ist In-Memory. Die Besonderheiten dieser Technologie werden daher im Folgenden beschrieben, ihre Potenziale für die Planung dargestellt und auf Gefahren hingewiesen.

2. In-Memory als Technologiebasis

„Die In-Memory-Technologie beschreibt einen technologischen Ansatz, bei dem sich alle für eine Aufgabe oder Transaktion notwendigen Daten und Informationen im Hauptspeicher unterbringen lassen.“ 5

Anlass für die Entwicklung solcher Systeme waren die relativ zeitintensiven Lese- und Schreibvorgänge, die charakteristisch für Festplattendatenträger sind. Erschwinglichere Preise für Arbeitsspeicher führten dazu, dass dieser nicht länger eine begrenzte Ressource darstellt. 6 Diese Entwicklung ermöglichte neue, wesentlich zeiteffizientere Wege im Bereich der Datenverarbeitung, bei denen Daten unmittelbar im Hauptspeicher vorgehalten und prozessiert werden. Als Resultat profitieren Anwender von zahlreichen Vorteilen, die im Folgenden spezifisch für die Planung dargestellt werden.

Dass die Planung von den beschriebenen technologischen Entwicklungen besonders beeinflusst ist, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Kurzstudie, die die Auswirkungen der In-Memory-Technologie auf die Hauptprozesse des „Controlling-Prozessmodells 2.0“ der International Group of Controlling explizit untersucht. Dieses Modell bildet die wesentlichen Tätigkeiten des Controllings in einem strukturierten System ab und repräsentiert den „Rahmen für Performancemessung, Benchmarkingaktivitäten und Prozessoptimierungen“. 7

Im Hinblick auf die Controlling-Prozesse (vgl Abb 1) bewerteten die Umfrageteilnehmer die Intensität der mit In-Memory-Technologien einhergehenden Veränderungen im Controlling am höchsten ein für die Bereiche:

1.            Planung, Budgetierung und Forecast,

2.            Management Reporting und

3.            Datenmanagement.


Abb 1: Veränderungspotenzial durch In-Memory-Technologien bezogen auf Controlling-Prozesse 8

Als vergleichsweise gering schätzten die Experten hingegen das Veränderungspotenzial durch In-Memory-Technologie auf die strategische Planung ein. 9

Es kann somit festgehalten werden, dass Planung, Budgetierung und Forecast als stark zukunftsbezogene Teile des Controllings die am stärksten durch In-Memory-Technologien betroffenen Bereiche darstellen. Doch inwiefern können In-Memory-Technologien konkret die Unternehmensplanung optimieren und unterstützen?

3. Revolution für die Planung

Die Unternehmensplanung repräsentiert einen der wichtigsten Kernprozesse im Controlling und umfasst neben der strategischen Planung sowohl die operative Planung und die Budgetierung als auch den Forecast. Im Wesentlichen dient die strategische Planung dazu, das Management dabei zu unterstützen, das Unternehmen lang­fristig abzusichern und seinen Unternehmens­wert kontinuierlich zu steigern. Gleichzeitig stellt die strategische Planung die Grundlage für die operative Planung dar, die als Orientierungsgerüst für Aktivitäten und Entscheidungen fungiert und sich somit mit Themen wie Zielfestlegung und Bereit­stellung benötigter Ressourcen auseinandersetzt. Die Planung im Allgemeinen wird dabei durch die Budgetierung kontrolliert. Im Rahmen der Forecasts werden hingegen anhand der Ist-Werte und weiterer analytischer Modelle und Expertenabschätzungen die monetären Entwicklungen im Unternehmen prognostiziert.

Aufgrund der besonderen Bedeutung der Planung bedarf es einer expliziten Betrachtung in Bezug auf die grundlegenden Veränderungen durch Big Data und die wachsende Unsicherheit im Unternehmensumfeld. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Unternehmensplanung nur so gut ist, wie die Daten, mit der sie arbeitet. Dies wird im Folgenden aufgezeigt. Ferner wird erläutert, wie Einsatz und Wirkung von In-Memory-Technologien als technologische Basis für Planungsverbesserungen von Unternehmen aussehen können.

„Die Vision hinter der In-Memory-Technologie ist klar mit der Zusammenführung von Geschäftsprozessen und Analyse beschrieben, so dass zu jedem Zeitpunkt aktuelle Geschäftszahlen mit historischen Werten und externen Daten zur Unternehmens­steuerung verfügbar sind.“ 10 Die konsequente Umsetzung dieser Vision schlägt sich in zahlreichen Vorteilen für die Planung nieder.

Als zukunftsbezogener Teil des Controllings bildet die Planung die Grundlage für den Erfolg eines Unternehmens. Von einem bestimmten Zeitpunkt in die Zukunft blickend hat der Betrachtende Unsicherheit in seine Überlegungen miteinzubeziehen. Verschiedene mögliche Entwicklungen führen zu unterschiedlichen Szenarien und Rahmenbedingungen, die das Unternehmen in der Zukunft potenziell positiv oder negativ beeinflussen. Aufgrund der beschriebenen technologischen Vorteile bieten In-Memory-Technologien die Möglichkeit, in Echtzeit valide Szenarien bezüglich der möglichen Unternehmensentwicklung zu berechnen, Rahmenbedingungen anzupassen und auf eine agile Art und Weise jene Informationen zu generieren, die für eine zeitgemäße Unternehmensplanung erforderlich sind. So können Informationen nicht nur schneller als mit konventionellen Datenbanktechnologien, 11 sondern auch in höherer Qualität bereitgestellt werden. Die zentrale Datenhaltung in einer In-Memory-Plattform erleichtert zudem die automatische Verbindung von Informationen wesentlich. 12

Das Beschleunigen von Analysen und die Erstellung von Planungsszenarien (Predictive Analytics) sind somit zentrale Potenziale der Technologie. Die Königsdisziplin ist jedoch das Hinterfragen etablierter Geschäftsprozesse und deren Erweiterung oder Ersatz durch neue, durch die In-Memory-Technologie ermöglichte Vorgehensweisen. 13 Der Einsatz von In-Memory-Technologien kann somit dazu führen, dass ein Geschäftsnutzen nicht nur durch bloße Beschleunigung, sondern durch eine grundlegende Umgestaltung von Prozessen erreicht wird.

Bei aller Vielseitigkeit der dargestellten Potenziale ist es dennoch wichtig, die Grenzen und Gefahren der neuen Technologie zu kennen. Ein gewichtiger Faktor sind in diesem Zusammenhang die Kosten. So haben Unternehmen aufgrund der grundlegenden Datenbanktechnologiever­änderung mit hohen Lizenz­kosten zu rechnen. Weiters sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Investitionen in zusätzliche Hardware wie etwa Serversysteme zu erwarten. Nicht zuletzt sind Zeit- und Kosten­aufwendungen im Hinblick auf die Migration von Daten aus Altsystemen zu berücksichtigen. 14

Ferner ist der Geschäftsnutzen schneller und effizienter Datenanalysen in manchen Unternehmensbereichen marginal. Einer sorgfältigen Abwägung, in welchen Bereichen eine Umstellung im Hinblick auf den Geschäftsnutzen sinnvoll ist, ist daher unabdingbar. Potenzieller Unterstützungs- und Nachholbedarf bei den IT-Verantwortlichen ist hierbei zu berücksichtigen. Konsequent zu Ende gedachte Einsatzszenarien für In-Memory-Technologien sind somit von entscheidender Bedeutung. 15 In-Memory-Technologien bergen jedoch auch das Risiko eines Datenverlusts, weil Daten im Hauptspeicher nur flüchtig gehalten werden. Dies erfordert zusätzliche Schutzmechanismen. 16

Grenzen der Technologie zeigen sich auch bei der Interpretation der generierten Daten und Informationen auf. Zwar bieten diese eine Entscheidungsgrundlage von hoher Qualität, die richtige Interpretation und Ableitung der entsprechenden Entscheidungen obliegt jedoch nach wie vor dem Management selbst. Ob In-Memory-Technologien zu revolutionären Optimierungen in der Planung führen, hängt somit von der konkreten Anwendung der neuen Technologie im Unternehmen und dem Mindset der Entscheider und Anwender der Lösungen ab. Entsprechendes Potenzial ist zweifellos vorhanden.

4. Ausblick

Die wachsenden Unsicherheiten, bedingt durch die Themen Digitalisierung oder Big Data, erfordern von Unternehmen, sich ihrem Umfeld immer schneller anzupassen. Dieser Wandel zwingt sie dazu, ihre Prozesse kontinuierlich und systematisch zu verbessern, um dem immensen Wettbewerbsdruck standhalten zu können. Da die Auswirkungen gesamte Wertschöpfungsketten betreffen werden, sollten die zuvor genannten Herausforderungen bereits heute von Unternehmen berücksichtigt werden.

Gerade die Planung, die als eine der wichtigsten Hauptaufgaben im Controlling und zur Zukunfts­sicherung eines Unternehmens dient, sollte sich intensiv mit den zuvor genannten Themen auseinandersetzen. Neuartige Technologien wie In-Memory können als technologische Basis für Optimierungen in der Planung dienen, um Unternehmen dabei zu unterstützen, die Herausforderungen von Big Data als Chance zu verstehen. Mithilfe von In-Memory kann die strategische Planung zukünftig gesamtheitlich agiler gestaltet werden. Auch die operative Planung, die Budgetierung und der Forecast können durch In-Memory-Technologien aufwandsärmer, flexibler und dynamischer gestaltet werden. Damit sind In-Memory-Technologien auch Enabler für die Modernisierung der Budgetierung. 17

Abb 2 zeigt auf, welche neuen Möglichkeiten des Forecasts zB SAP S/4 HANA im Vergleich zu traditionellem Forecasting bietet. SAP S/4 HANA arbeitet mit In-Memory-Datenverarbeitung und liefert daher effizientere und effektivere Auswertungen großer Datenbestände. 18 Ein besseres Management interner und externer Daten sowie die Nutzung neuer Auswertungsmöglichkeiten und -modelle generieren schnellere und objektivere Forecasts.


Abb 2: Neue Möglichkeiten des Forecasts unter SAP S/4 HANA 19

Auf den Punkt gebracht

Mittel­fristig gesehen können In-Memory-Technologien Unternehmen bei der Entwicklung eines ganzheitlichen Steuerungsansatzes unterstützen und einen positiven Beitrag zur Performance-Optimierung und Effizienzsteigerung leisten. Vieles spricht dafür, dass die Vorteile, die die Technologie für die Planung in Unternehmen bietet, die hohen Investitions­kosten mittel­fristig aufwiegen werden. Die bestimmungsgemäße und effektive Nutzung der neuen Potenziale sowie die Bewusstseinserweiterung für selbige innerhalb des Unternehmens obliegen den verantwortlichen Entscheidern selbst.

Der Artikel ist in CFO aktuell (Heft 6/2018) erschienen. Mehr Infos unter: www.cfoaktuell.at

1 Vgl SINTEF, Big Data, for better or worse: 90% of world’s data generated over last two years (2013) http://www.sciencedaily.com/releases/2013/05/130522085217.htm (Zugriff am 17. 10. 2018).

2 Vgl Schmitz, In-Memory-Technologie: Grundlagen, Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten, in Gleich/Kramer/Esch (Hrsg), Der Controlling-Berater Bd 53 (2018) 29 (41).

3 Vgl Nieendick/Jansen/Kalinowski, Big Data Management auf Basis von In-Memory-Technologien, in Keuper/Hamidian/Verwaayen/Kalinowski/Kraijo (Hrsg), Digitalisierung und Innovation (2013) 243 (246).

4 Vgl Nieendick/Jansen/Kalinowski in Keuper/Hamidian/Verwaayen/Kalinowski/Kraijo, Digitalisierung, 246.

5 Nieendick/Jansen/Kalinowski in Keuper/Hamidian/Verwaayen/Kalinowski/Kraijo, Digitalisierung, 249.

6 Vgl https://www.controller-institut.at/de/ueber-uns/organisation/ (Zugriff am 17. 10. 2018).

7 Horváth/Gleich/Seiter, Controlling 14 (2015) 402.

8 Quelle: Gröber/Schlecht/Esch/Gleich, Controller Magazin 3/2018, 50 (51).

9 Vgl Gröber/Schlecht/Esch/Gleich, In-Memory-Technologie – 10 Thesen und Experteneinschätzungen zu Nutzenpotenzialen, Controller Magazin 3/2018, 50 (52).

10 Nieendick/Jansen/Kalinowski in Keuper/Hamidian/Verwaayen/Kalinowski/Kraijo, Digitalisierung, 263.

11 Vgl Schmitz in Gleich/Kramer/Esch, Controlling-Berater, 32.

12 Vgl Naraschewski/Schlecht/Lill, Experten-Interview zum Thema „Auswirkungen von In-Memory-Technologien und SAP S/4HANA auf das Controlling“, in Gleich/Kramer/Esch (Hrsg), Der Controlling-Berater Bd 53 (2018) 15 (19).

13 Vgl Nieendick/Jansen/Kalinowski in Keuper/Hamidian/Verwaayen/Kalinowski/Kraijo, Digitalisierung, 263.

14 Vgl Schmitz in Gleich/Kramer/Esch, Controlling-Berater, 41.

15 Vgl Nieendick/Jansen/Kalinowski in Keuper/Hamidian/Verwaayen/Kalinowski/Kraijo, Digitalisierung, 247.

16 Vgl Schmitz in Gleich/Kramer/Esch, Controlling-Berater, 39.

17 Vgl dazu die Grundgedanken zur modernen Budgetierung bei Gleich et al, Moderne Instrumente der Planung und Budgetierung 2 (2015).

18 Vgl hierzu Linsner, Digitalisierung des Finanzbereichs mit SAP S/4HANA, in Gleich/Kramer/Esch (Hrsg), Der Controlling-Berater Bd 53 (2018) 63 (67 f).

19 Quelle: Linsner in Gleich/Kramer/Esch, Controlling-Berater, 73.

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