Finanzierung von Unternehmen vor, in und nach der Insolvenz

Trotz aktuell günstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen geraten einige Unternehmen in Turbulenzen. Deren Möglichkeiten, Finanzierungen zu erhalten, sind stark eingeschränkt. In folgendem Artikel sollen einige Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie auch in schwierigen Situationen ein Kapitalbedarf gedeckt werden kann.

Wie ist die aktuelle Marktlage für Unternehmensfinanzierungen?

Aufgrund der expansiven Geldpolitik der EZB (Negativzinsen, Anleihenkäufe…) befindet sich sehr viel Liquidität „im Markt“, die von den Anlegern – darunter v.a. Banken – gewinnbringend veranlagt werden soll. Dieses hohe Geldangebot übersteigt nach wie vor die konjunkturbedingt starke Nachfrage nach Geld. In der Konsequenz sind die Margen für Firmenkredite tief und ein intensiver Bankenwettbewerb nützt guten Unternehmen.

Für bonitätsschwache Firmen stellt sich die Situation deutlich anders dar: Obwohl gerade diese Finanzierungsbedürfnisse aufweisen, verhalten sich finanzierende Banken aus Angst vor Kreditausfällen sehr zögerlich; anstatt eines Wettbewerbes rücken sie zusammen und wollen primär die Rückführung der aushaftenden Kredite. Aber auch in dieser – zugegeben unangenehmen – Situation stehen gewisse Finanzierungsmöglichkeiten offen.

Finanzierungen bei Sanierungen ohne Insolvenz

Sollte eine Bank zum Schluss kommen, dass eine Vergabe von weiteren Mitteln an ein krisenbehaftetes Unternehmen zur Stabilisierung des bereits bestehenden Obligos sinnvoll ist, sollte die Rückzahlung solcher zusätzlicher Kredite gegenüber anderen Schulden oder Forderungen der Gläubiger vorrangig sein. Somit gilt das „Last-in-first-out“-Prinzip: Das zuletzt gegebene Geld fließt zuerst wieder retour, ist daher hinsichtlich Rückführung – und wenn möglich auch hinsichtlich Besicherung – „super senior“.

Eine weitere Möglichkeit zur Liquiditätsbeschaffung in schwierigen Zeiten stellen Sale-and-lease-back Finanzierungen dar: Das Unternehmen verkauft einen Anlagevermögensgegenstand und least diesen sofort wieder zurück. Damit können stille Reserven aufgedeckt werden; die Leasinggesellschaft wird zivilrechtlicher Eigentümer des Anlagegutes und hat daher oftmals ein geringeres Risiko als eine Bank.

Finanzierungen bei Sanierungen in und nach der Insolvenz

Gänzlich andere Spielregeln herrschen bei einem gerichtlichen Sanierungsverfahren vor – aber trotzdem hat ein laufender Betrieb Finanzierungsbedürfnisse. Erster Tipp für Unternehmen: Vor Insolvenzeröffnung sollte durch „Nicht-Zahlung“ von Rechnungen ein gewisser Liquiditätspolster angespart werden. Neukredite nach Insolvenzeröffnung sind zwar rechtlich begünstigt, da sie als so genannte Masseforderungen automatisch die o.a. Super-Seniorität genießen, aber Banken ist es kaum zu verdenken, sich hier sehr zurückhaltend zu zeigen. Möglicherweise die einzige Chance auf externe Neufinanzierungen stellen Factoring-Gesellschaften dar, die sich fast ausschließlich auf die Qualität der angekauften Forderungen stützen; die Vertrauenswürdigkeit des Masseverwalters stellt überdies einen Pluspunkt dar.

Nach Abschluss des Sanierungsverfahrens können Banken auf Finanzierungen angesprochen werden; hier stellt sich jedoch zuerst die Aufgabe, eine belastbare Unternehmensplanung zu erstellen. Folgende Annahmen sind zu treffen:

  • Ist der Umsatz durch das Sanierungsverfahren und die mögliche schlechte Presse belastet?
  • Konnte der Personal- und Sachaufwand in der Insolvenz gesenkt werden (v.a. durch begünstigt möglichen Mitarbeiterabbau oder Teilbetriebsschließungen)?
  • Liefern die Lieferanten nur mehr gegen Vorauskasse bzw. „Zug-um-Zug“?
  • Wie wird die Sanierungsplanquote (üblicherweise 20 Prozent, zahlbar in Raten binnen 2 Jahren) finanziert?
  • Ist das Verhältnis der bei der Insolvenz möglicherweise stark „geschnittenen“ Banken stark belastet und müssen daher neue Banken angesprochen werden?

In dieser Situation werden häufig Förderinstitute (zB aws, NÖBEG…) angesprochen, um Banken in Form von Haftungen Kreditsicherheiten zu geben. Förderbanken ist das Überleben von Betrieben ein großes Anliegen; sie sind daher sowohl zur intensiven Arbeit der Kreditprüfung als auch zur Risikoübernahme eher bereit als rein kommerziell agierende Banken.

Fazit

Gerät ein Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten oder muss sogar Insolvenz anmelden, sind die meisten Banken nicht mehr zu Neufinanzierungen bereit; nur wenn damit ein bestehendes Obligo gerettet wird, können vorrangig zu bedienende Super Senior-Kredite angedacht werden. Unternehmen sind daher gut beraten sich an Alternativfinanzierer wie Leasinggesellschaften, Factoringbanken oder Förderinstitute zu wenden.

Weiterführende Links

http://mitglieder.gerichts-sv.at/Lichtenecker/

https://www.schoenherr.eu/uploads/tx_news/Restructuringguide.pdf

Außerdem

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