Stresstest: IFRS @ Covid-19 (Teil 3)

Stresstest des internationalen Rechnungslegungssystems: Die anrollende zweite COVID-19-Welle verspricht weitere wirtschaftliche Unwägbarkeiten für den beginnenden Herbst und dann wohl verstärkt auch im Winter. Damit rücken wiederum Frage­stellungen rund um die richtige IFRS-Bilanzierung im Zusammenhang mit COVID-19 in den Mittelpunkt der Rechnungswesenabteilungen.


Es sei daran erinnert, dass die ESMA in einer öffentlichen Stellungnahme dazu aufgerufen hat, in einem Umfeld erhöhter Unsicherheit für eine ausreichende Offenlegung in Finanzberichten zu sorgen, um so ein adäquates Transparenzniveau erreichen und die Informationsbedürfnisse der Investoren befriedigen zu können, damit so deren Vertrauen sichergestellt werden kann. So Unternehmen IAS 34 (Interim Financial Reporting) anwenden, sind diese Vorschriften auch auf Finanzberichte für Zwischenperioden (Quartals- und Halbjahresabschlüsse) anzuwenden. Management-, Verwaltungs- und Aufsichts­organe müssen die Einhaltung dieser Regelungen sicherstellen.

Im nachstehenden dritten Teil der Artikelserie soll daher auf weitere wesentliche IFRS-Themen im Zusammenhang mit COVID-19 eingegangen und dabei aufgezeigt werden, worauf insbesondere zu achten ist.


1. Einleitung

Die weltweit wieder ansteigenden COVID-19-Neuinfektionen und –Krankenzahlen lassen einen Herbst und noch viel mehr Winter voller wirtschaftlicher Unsicherheiten erwarten. Damit sehen sich Rechnungswesenabteilungen wieder mit zahlreichen Fragen konfrontiert, wie die IFRS-Bilanzierung unter diesen Umständen richtig zu erfolgen hat. Dabei gilt es verschiedenste Stolpersteine gekonnt zu umschiffen.

Im folgenden dritten Teil der Beitragsserie sollen daher weitere wesentliche IFRS-Themen im Rahmen von COVID-19 erläutert und dabei dargelegt werden, worauf im Speziellen achtzu­geben ist: Anfänglich wird auf die Bilanzierung von Mietpreiskonzessionen bei Leasing­verträgen gem IFRS 16 eingegangen und das diesbezügliche amendment des IASB erläutert. Im Anschluss wird der Frage nachgegangen, ob Änderungen des Konsolidierungskreises im Zuge des Bruchs von Kredit­vertragsklauseln möglich sind und wie im Rahmen eines Konzernabschlusses mit zeitlichen Verzögerungen im Reporting und damit unterschiedlichen Bilanz­stichtagen umzugehen ist. Sodann wird diskutiert, worauf mit unterschiedlichen Bilanz­stichtagen und damit zeitlichen Verzögerungen im Reporting bei Unternehmens­erwerben und Veräußerungen im Zusammenhang mit COVID-19 zu achten ist. In weiterer Folge wird auf Bewertungsthematiken und erforderliche Anpassungen von Anhangsangaben bei leistungsorientierten Pensionsplänen eingegangen. Weiters wird erörtert, welche Adaptionen im Zusammenhang mit aktienbasierten Zahlungen erforderlich sein könnten. Schließlich wird erläutert, wie diverse sonstige Leistungen an ArbeitnehmerInnen (inkl Abfertigungs­zahlungen) im Rahmen der COVID-19-Krise gem IAS 19 richtig zu bilanzieren sind. Zu guter Letzt wird auch noch auf eventuell notwendige Änderungen der bilanziellen Behandlung von Fremdwährungsdifferenzen bei lang­fristigen, konzerninternen Fremdfinanzierungen ausländischer Betriebe eingegangen werden.

2. Leasing­verträge

2.1. Modifikationen aufgrund von Mietnachlässen

Aufgrund der durch COVID-19 ausgelösten Wirtschaftskrise kann es (bei Vorliegen eines impairment-Indikators und eines entsprechenden Testergebnisses) erforderlich sein, die gem IFRS 16 angesetzten, sogenannten Nutzungs­rechte ( right-of-use assets) gem IAS 36 außerplanmäßig abzuschreiben.

Außerdem ist in einigen Märkten zu beobachten, dass den Leasingnehmern von den Leasinggebern Mietnachlässe gewährt werden, um so die wirtschaftliche Situation Ersterer etwas zu entspannen.

Hierbei gilt es zu unterscheiden, ob es aufgrund einer Regelung im Leasing­vertrag (wie zB einer force majeure-Klausel) oder einer entsprechenden, bereits bestehenden gesetzlichen Regelung zu diesem Mietnachlass gekommen ist, oder dieser aber auf eine gesonderte Vereinbarung oder ein neu erlassenes Gesetz zurückzuführen ist.

Wenn es sich um eine gesonderte Vereinbarung (oder ein neues Gesetz) handelt, kann eine Modifikation des Leasing­vertrags zu bilanzieren sein. 1 Die Leasingverbindlichkeit müsste in diesem Fall als Summe der mit einem aktuellen Zinssatz abgezinsten, geänderten Leasing­zahlungen angesetzt werden (annehmend, dass sich der scope nicht ändert, dh weder die Laufzeit des Leasing­vertrags noch der Umfang des Leasinggegenstands) und die sich so ergebende Modifikation in gleicher Höhe beim Nutzungs­recht ergebnisneutral nachgezogen werden. Während Mietnachlässe die Leasingverbindlichkeit senken werden, könnte ein ggf verminderter Zinssatz den gegenläufigen Effekt haben.

Alternativ könnten gem IFRS 9.2.1 (b) (ii) aber auch die Ausbuchungsregeln des IFRS 9 auf die Leasingverbindlichkeit angewendet werden, wenn Letztere – IFRS 9.3.3.1 folgend – gelöscht wurde. Dies trifft etwa zu, wenn sie gekürzt wurde, wie dies durch eine Mietpreisreduktion geschieht. In diesem Fall ist die Leasingverbindlichkeit um den Barwert der nachgelassenen Leasing­zahlungen zu kürzen, wobei als Gegenbuchung ein Ertrag ( gain) in der GuV-Rechnung zu erfassen ist.

Zwischen diesen beiden Bilanzierungsvarianten herrscht nach aktueller Literaturmeinung ein Wahlrecht, welches konsistent anzuwenden ist. 2

Wenn der Leasingnehmer hingegen aufgrund einer Regelung im Leasing­vertrag oder einer bereits bestehenden gesetzlichen Regelung zu einer Mietpreisreduktion berechtigt war, dann ist der Mietnachlass als negative variable Mietzahlung (dh Ertrag) in der Periode, in der sie angefallen ist, zu bilanzieren. Der Leasingnehmer hat die negative variable Mietzahlung in jener Periode in der GuV-Rechnung zu erfassen, in der sich die Variabilität bzw die Konditionalität aufgelöst hat.

Werden Mietnachlässe von Regierungsbehörden und nicht vom Vermieter gewährt, so ist IAS 20 auf den Sachverhalt anzuwenden. 3

2.2. Anpassungen von IFRS 16: COVID-19-bezogene Mietkonzessionen

Am 28. 5. 2020 hat das IASB ein amendment zu IFRS 16 publiziert, demnach Leasingnehmern (aber nicht Leasinggebern) ein praktisches Ausübungswahl­recht (practical expedient) zugestanden wird, sodass diese sich dafür entscheiden können, nicht zu überprüfen, ob ein COVID-19-bedingter Mietnachlass als Modifikation zu qualifizieren ist oder nicht. In diesem Fall hat der Leasingnehmer so zu bilanzieren, als würde keine Modifikation vorliegen.

Das praktische Ausübungswahl­recht darf nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die vier nachstehenden Voraussetzungen kumuliert vorliegen:

  • der Mietnachlass ist durch COVID-19 bedingt worden,
  • die Änderung der Leasing­zahlungen hat zur Folge, dass das Entgelt für den Leasing­vertrag im Wesentlich gleich oder geringer als das Entgelt vor der Änderung ist,
  • die Mietpreisreduktion darf nur Leasing­zahlungen betreffen, die bis inkl dem 30. 6. 2021 anfallen, 4
  • es haben keine wesentlichen Veränderungen sonstiger Konditionen des Leasing­vertrags stattgefunden.

Gemäß IFRS 16.2 ist dieses praktische Ausübungswahl­recht konsistent auf alle Leasing­verträge mit ähnlichen Charakteristika und bei vergleichbaren Umständen anzuwenden.

Leasingnehmer, die von diesem praktischen Ausübungswahl­recht Gebrauch machen, haben im Anhang anzu­geben, dass dieses auf alle Leasing­verträge Anwendung findet bzw, falls nicht, die Art der betroffenen Leasing­verhältnisse darzulegen. Außerdem ist jener in der GuV-Rechnung erfasste Betrag darzulegen, der aus den geänderten Leasing­zahlungen aufgrund der Mietpreiskonzessionen resultiert, auf die das praktische Ausübungswahl­recht angewandt wurde.

Das praktische Ausübungswahl­recht kann auf Finanzabschlüsse angewendet werden, die ab dem 1. 6. 2020 beginnen, wobei eine frühere Anwendung zulässig ist (inkl jener Abschlüsse, die bis zum 28. 5. 2020 noch nicht genehmigt worden sind).

Dabei ist das praktische Ausübungswahl­recht von den Leasingnehmern retrospektiv anzuwenden, was bedeutet, dass Differenzen der erstmaligen Anwendung vorzugsweise in der Gewinnrücklage ( retained earnings) im Eigen­kapital zu erfassen sind (zu Beginn jener Periode, in der das praktische Ausübungswahl­recht erstmalig angewendet wird).

Der verein­barte Verzicht auf Leasing­zahlungen seitens des Leasinggebers ist vom Leasingnehmer als Reduktion der Leasingverbindlichkeit zu erfassen 5 und eine negative variable Leasing­zahlung als Ertrag in der GuV-Rechnung zu erfassen. Dabei sind die geänderten Leasing­zahlungen mit dem ursprünglichen Diskontierungszinssatz abzuzinsen, um so den neuen Buchwert der Leasingverbindlichkeit zu erhalten.

3. Konsolidierung

3.1. Mögliche Änderungen des Konsolidierungskreises durch Bruch von Kredit­vertragsklauseln

Aufgrund spezifischer Transaktionen oder Ereignisse kann es während COVID-19 zu Änderungen in der Konsolidierung kommen.

Im Speziellen können Kredit­vereinbarungen dem Gläubiger Rechte zugestehen, wenn der Schuldner eine Kredit­vertragsklausel (debt covenant) bricht und/oder vertraglich verein­barte Zahlungen nicht erbringt (wie zB der Zugriff des Gläubigers auf eine vom Schuldner zur Verfügung gestellte Sicherheit). Im Regelfall werden solche Rechte als Schutz­rechte (protective rights) angesehen, die dem Gläubiger daher auch keine Verfügungsmacht (power) über den Schuldner gewähren. In einzelnen Fällen kann dies jedoch auch anders sein.

Um dies zu entscheiden, wird zu untersuchen sein, ob

  • die Rechte des Gläubigers sowohl vor als auch nach dem Vertragsbruch bzw der Nicht-Zahlung als reine Schutz­rechte anzusehen sind,
  • die Rechte des Gläubigers im Vertrag so festgelegt sind, dass sie ihm bei Vertragsbruch bzw Nicht-Zahlung des Schuldners Verfügungsmacht über Letzteren gewähren, oder
  • die Rechte des Gläubigers nach dem Vertragsbruch bzw der Nicht-Zahlung des Schuldners so modifiziert wurden, dass sie Ersterem Verfügungsmacht über Letzteren einräumen.

Besitzt der Gläubiger nicht nur die Verfügungsmacht, sondern ist er auch dem variablen Erfolg des Schuldners ausgesetzt und vermag er seine Verfügungsmacht so einzusetzen, dass er die Rendite der Investoren beeinflussen kann, so verfügt er über beherrschenden Einfluss (control) iSd IFRS 10 über das Unternehmen des Gläubigers und hat dieses zu konsolidieren.

3.2. Zeitliche Verzögerungen im Reporting und Konsistenz der Bilanzpolitik

IFRS 10 sieht vor, dass der Bilanz­stichtag eines Tochter­unternehmens grundsätzlich dem Bilanz­stichtag des konsolidierten Abschlusses entsprechen muss, außer wenn das unpraktikabel ist. In letzterem Fall ist der jüngste Finanzabschluss des Tochter­unternehmens zur Konsolidierung heranzuziehen, der noch um die Effekte wesentlicher Transaktionen und/oder Ereignisse (die in COVID-19-Zeiten mehr werden dürften) anzupassen ist, die zwischen dem Bilanz­stichtag des Tochter­unternehmens und jenem des Konzernabschlusses stattgefunden haben. Der zeitliche Abstand zwischen den beiden Bilanz­stichtagen darf jedenfalls nicht mehr als drei Monate betragen und muss über die Zeit hinweg gleichbleiben (wie auch die Länge der Rechnungsperiode).

IAS 28 sieht bei Anwendung der Equity -Methode bei Bilanzierung eines assoziierten Unternehmens oder eines Joint Ventures ähnliche Regelungen vor.

Wenn ein Tochter­unternehmen seinen Finanzabschluss für verschieden lange Perioden erstellt, ist auch darauf zu achten, dass die Vermögens­werte und Schulden in der Bilanz puncto Fristigkeit jeweils richtig ausgewiesen werden. 6

4. Unternehmens­erwerbe und Veräußerungen

4.1. Unternehmenszusammenschlüsse

Aufgrund von COVID-19 kann es zur Verzögerung von Unternehmenszusammenschlüssen kommen. Der Unternehmenszusammenschluss wird zu dem Zeitpunkt erfasst, zu dem der Erwerber den beherrschenden Einfluss über das Übernahmeobjekt erlangt hat. Diesen Akquisitionszeitpunkt angemessen zu identifizieren ist genauso wichtig wie die Festlegung des Zeitpunkts des erstmaligen Einbezugs des übernommenen Unternehmens in den Konzernabschluss. Zum Akquisitionszeitpunkt muss der Erwerber die übernommenen Vermögensgegenstände und Schulden, die Minderheiten­anteile sowie ggf schon zuvor gehaltene Anteile am Unternehmen – gem IFRS 3.18 idR zum beizulegenden Zeitwert (fair value) – bewerten .

4.2. Veräußerungen

Unter den aktuellen Umständen kann es dazu kommen, dass Unternehmen (Gruppen von) Vermögens­werte(n) verkaufen, um an liquide Mittel zu gelangen. Umgekehrt kann es aber auch der Fall sein, dass schon vor COVID-19 geplante Verkäufe mangels willigem Käufer nicht abgeschlossen werden können.

Wie IFRS 5 ausführt, dürfen (Gruppen von) Vermögens­werte(n), die zum Verkauf gehalten (held for sale) werden, nicht mehr abgeschrieben werden und müssen mit dem niedrigeren Wert von Buchwert und beizulegendem Zeitwert abzüglich Veräußerungs­kosten (fair value less costs to sell) bewertet und außerdem auch in der Bilanz separat dargestellt werden. Damit (Gruppen von) Vermögens­werte(n) als „zum Verkauf gehalten“ klassifiziert werden können, müssen sie in ihrem aktuellen Zustand veräußerbar und der Verkauf hochwahrscheinlich (highly probable) sein. Speziell muss der Verkauf spätestens innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt der Klassifikation als „zum Verkauf gehalten“ abgeschlossen sein.

Wenn ein Unternehmen zum Schluss kommt, dass (Gruppen von) Vermögens­werte(n) nicht mehr als „zum Verkauf gehalten“ klassifiziert werden können, weil die obigen Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind, müssen die Unternehmen sie prospektiv wieder reklassifizieren. Die Buchwerte müssen dann wieder an die Werte angepasst werden, die sich ergeben hätten, wenn die (Gruppen von) Vermögens­werte(n) nicht als „zum Verkauf gehalten“ klassifiziert worden wären, wobei außerplanmäßige Abschreibungen (impairments) natürlich mit zu berücksichtigen sind.

5. Leistungsorientierte Pensionspläne

Die mit der COVID-19-Pandemie verbundenen Unsicherheiten werden auch die Bewertung leistungsorientierter Pensionspläne sowie des Planvermögens beeinflussen. IAS 19 verlangt vom Bilanzierenden einerseits den Barwert der leistungsorientierten Pensionszusagen zu ermitteln und andererseits den beizulegenden Zeitwert (fair value) des Planvermögens. Dabei sollten nach Möglichkeit entsprechend qualifizierte Versicherungsmathematiker in die Bewertung miteingebunden werden.

Kritisch ist, dass Pensionspläne über eine ganze Reihe an Vermögens­werten verfügen können, für die es keinen aktiven Markt gibt, wie zB Anteile an Hedge­fonds, strukturierte Finanzprodukte oder Immobilien­vermögen. In COVID-19-Zeiten können diese Vermögens­werte noch illiquider werden, was ihre Bewertung verkompliziert. Den beizulegenden Zeitwert (fair value) dieser Vermögens­werte angemessen zu ermitteln kann so zu einer Herausforderung werden, ist aber wichtig, um die Finanzierung der leistungsorientierten Pensionszusagen verlässlich eruieren zu können.

Gemäß IAS 19.145 (a) muss für jede signifikante versicherungsmathematische Annahme am Ende der jeweiligen Berichtsperiode eine Sensitivitätsanalyse durchgeführt werden. Dabei ist aufzuzeigen, zu welcher Änderung im Barwert der leistungsorientierten Pensionszusagen eine vernünftigerweise möglich erscheinende Änderung einer wichtigen versicherungsmathematischen Annahme geführt hätte. Angesichts der derzeit beobachtbaren Volatilität in den Märkten wird es in vielen Fällen einer Überarbeitung der vernünftigerweise möglich erscheinenden Änderungen sowie der angewandten Methode der Sensitivitätsanalyse bedürfen.

Für gewisse Unternehmen können ein (erwartetes) Defizit bei den leistungsorientierten Pensionsplänen oder Mindestanforderungen bzgl deren Finanzierung zu großen Abflüssen an liquiden Mitteln führen und in einzelnen Fällen auch zur Gefährdung des Fortbestands (going concern) des Unternehmens. Aufgrund der wirtschaftlichen Konsequenzen von COVID-19 kann es erforderlich sein, zu überlegen, wie die Liquidität des Unternehmens sichergestellt werden kann. IFRS 19.135 (c) iVm 147 verlangen von Unternehmen, anzu­geben, welche Auswirkung leistungsorientierte Pensionspläne auf zukünftige Cashflows haben werden.

6. Aktienbasierte Zahlungen

IFRS 2 verlangt, dass Personal­aufwendungen im Zusammenhang mit aktienbasierter Zahlungen (share-based payments) mit leistungsorientierten Anspruchskriterien (performance conditions) (wie zB Umsatz- oder Gewinnzielen) dann zu erfassen sind, wenn die Erfüllung Letzterer wahrscheinlich ist.

In COVID-19-Zeiten kann es sein, dass gewisse Unternehmen Betriebsunterbrechungen haben oder nur mit einer reduzierten Kapazität arbeiten können, was die Wahrscheinlichkeit mindern kann, dass die leistungsorientierten Anspruchskriterien aktienbasierter Zahlungen erfüllt werden können. Dies kann die Stornierung zuvor erfasster Personal­aufwendungen erforderlich machen.

Zusätzlich kann es sein, dass Unternehmen die Bedingungen solcher aktienbasierten Zahlungen ändern, indem sie zB die zugrundeliegenden Leistungsmaße, die Anspruchskriterien (vesting conditions) oder die Klassifikation (zwischen cash- und equity-settled) modifizieren.

Als Ergebnis der vorgenommenen Modifikationen wird es erforderlich sein, dass Unternehmen den Personalaufwand anpassen. So ist zB eine Erhöhung vorzunehmen, wenn der fair value des Bonus steigt, ein zusätzlicher gewährt wird oder die Eintrittswahrscheinlichkeit größer wird, dass die Bedingungen erfüllt werden, weil Letztere zugunsten der Arbeitnehmer abgeändert wurden.

7. Sonstige Leistungen an Arbeitnehmer (inkl Abfertigungs­leistungen)

Unternehmen können sich aufgrund von COVID-19 Restrukturierungspläne (die umso konkreter werden können, je klarer die Konsequenzen der COVID-19-Krise werden) und/oder temporäre Freistellungen von ArbeitnehmerInnen überlegen, wobei sie ggf durch Hilfsprogramme von Regierungen unterstützt werden können. 7

Dabei gilt es, Art und Charakteristika jeder Maßnahme zu identifizieren, da diese den Zeitpunkt der Erfassung der sonstigen Leistungen für die ArbeitnehmerInnen (other employee benefits) bestimmen:

  • Bonus, um zu bleiben: So bieten manche Unternehmen ArbeitnehmerInnen einen Bonus dafür an, dass sie unter den schwierigen Bedingungen der COVID-19-Krise arbeiten. Dabei kann dieser Bonus davon abhängen, dass die ArbeitnehmerInnen zumindest bis zu einem bestimmten, festgelegten Zeitpunkt im Unternehmen verbleiben. Hierbei handelt es sich um eine faktische Verpflichtung (constructive obligation) , die in dem Maße anwächst, in dem die ArbeitnehmerInnen ihre Arbeits­leistungen erbringen. Der Umstand, dass einige ArbeitnehmerInnen vor Erreichen des Zeitpunkts, der für den Leistungs­anspruch definiert wurde, ausscheiden werden, ist in der Bewertung der Rückstellung entsprechend mit zu berücksichtigen.
  • Gehaltsfort­zahlung bei temporärer Freistellung von der Beschäftigung: Gewisse Unternehmen entschließen sich dazu, ihre ArbeitnehmerInnen weiterhin zu bezahlen, obgleich diese aufgrund reduzierter Auftragslage für eine gewisse Zeit nicht arbeiten. Zugleich können diese Unternehmen ihre ArbeitnehmerInnen „reaktivieren“, wenn der kapazitätsmäßige Bedarf wieder steigt und halten diese zugleich davon ab, sich bei anderen Unternehmen zu bewerben. Die Kosten dieser vorübergehenden Dienstenthebung sind als kurz­fristige Leistungen an ArbeitnehmerInnen zu klassifizieren (ähnlich wie Urlaube und andere bezahlte Abwesenheiten). Die Personal­aufwendungen und eine korrespondierende Verbindlichkeit sind über den Zeitraum verteilt zu erfassen, in dem die temporären Suspendierungen stattfinden, da es sich um eine sich nicht-akkumulierende, von der Arbeits­leistung der betroffenen ArbeitnehmerInnen unabhängige, bezahlte Abwesenheit gem IAS 19.13 (b) handelt (s auch IAS 19.18). Keinesfalls sind solche Leistungen als Abfertigungs­zahlungen (termination benefits) gem IAS 19.8 zu klassifizieren.
  • Abfertigungs­zahlungen: Zu erfassen ist ein Personalaufwand hier zum früheren Zeitpunkt von Nicht-Entziehbarkeit des Unternehmens von dieser Leistungs­verpflichtung und der Realisation von Kosten im Zusammenhang mit einem Restrukturierungsplan gem IAS 37, welcher auch Abfertigungs­zahlungen enthält. IAS 19 enthält weitere guidance, wann sich ein Unternehmen nicht mehr von der Verpflichtung einer Abfertigungs­zahlung zurückziehen kann: Im Speziellen hält IAS 19.167 fest, dass dies der Fall ist, wenn ein Unternehmen den betroffenen MitarbeiterInnen einen Kündigungsplan kommuniziert, der den nachstehenden Kriterien (in kumulativer Form) genügt:
    • Die zur Vollendung des Kündigungsplans erforderlichen Handlungen legen es nahe, dass es unwahrscheinlich ist, dass es noch zu wesentlichen Änderungen kommen wird.
    • In diesem Plan werden die Anzahl, die Funktionen und die Dienstorte der betroffenen MitarbeiterInnen (die Identifizierung der einzelnen ArbeitnehmerInnen ist nicht erforderlich) sowie das erwartete Vollzugsdatum angeführt.
    • Im Plan werden die Abfertigungs­leistungen in ausreichendem Detail festgelegt, sodass die ArbeitnehmerInnen Art und Betrag dieser Abfertigungs­leistungen eruieren können.

Die Bewertungserfordernisse für Abfertigungs­zahlungen ergeben sich aus deren Art. Gemäß IAS 19.169 sind Abfertigungs­zahlungen wie folgt zu erfassen:

  • Sind Abfertigungs­zahlungen als Erweiterungen von Pensions­zahlungen (post-employment benefits) zu klassifizieren, dann sind die Vorschriften für Letztere anzuwenden.
  • Ansonsten sind, wenn davon auszugehen ist, dass die Abfertigungs­zahlungen innerhalb von 12 Monaten nach Ende der jährlichen Berichtsperiode, in der sie zugesprochen wurden, bezahlt werden, die Vorschriften des IAS 19 betreffend kurz­fristige Leistungen an ArbeitnehmerInnen (short-term employee benefits) anzuwenden, ansonsten jene für lang­fristige Leistungen an ArbeitnehmerInnen (long-term employee benefits).

8. Fremdwährungsdifferenzen bei lang­fristigen, konzerninternen Fremdfinanzierungen ausländischer Betriebe

Gemäß IAS 21.32 sind Fremdwährungsdifferenzen einer monetären Bilanzposition, die zu einer Nettoinvestition in einen ausländischen Betrieb (net investment in a foreign operation) gehört, anfänglich im sonstigen Gesamtergebnis (other comprehensive income) zu erfassen . Die Reklassifizierung solcher Fremdwährungsdifferenzen vom Eigen­kapital in die GuV-Rechnung hat – in Einklang mit IAS 21.48 – erst bei der Veräußerung der Nettoinvestition zu erfolgen.

IAS 21.15 folgend ist eine lang­fristige monetäre Bilanzposition dann de facto Teil einer Nettoinvestition in einen ausländischen Betrieb, wenn es weder geplant noch in der absehbaren Zukunft wahrscheinlich ist, dass Erstere getilgt werden wird. Im Zuge der COVID-19-Krise kann es nun sein, dass diese monetäre Bilanzposition, wie etwa ein lang­fristiger konzerninterner Kredit, – zB im Rahmen einer Restrukturierung – in absehbarer Zukunft getilgt werden soll und so nicht mehr als Teil der Nettoinvestition in einen ausländischen Betrieb anzusehen ist. In solch einem Fall wären die Fremdwährungsdifferenzen umgehend in der GuV-Rechnung zu „recyceln“.

9. Zusammenfassung und Ausblick

In diesem dritten Teil wurde auf weitere wesentliche IFRS-Themen im Zusammenhang mit COVID-19 eingegangen und dabei aufgezeigt, worauf insbesondere zu achten ist: Zu Beginn wurde auf die Bilanzierung von Mietpreisnachlässen bei Leasing­verträgen gem IFRS 16 eingegangen und das diesbezügliche amendment des IASB beschrieben. Anschließend wurde der Frage nachgegangen, ob Änderungen des Konsolidierungskreises in Folge des Bruchs von Kredit­vertragsklauseln möglich sind und wie bei Konzernabschlüssen mit sich unterscheidenden Bilanz­stichtagen und damit absehbaren zeitlichen Verspätungen im Reporting umzugehen ist. Dann wurde diskutiert, worauf bei Unternehmens­erwerben und Veräußerungen in COVID-19-Zeiten Acht zu geben ist. In weiterer Folge wurde auf Bewertungsthematiken und erforderliche Anpassungen von Anhangsangaben bei leistungsorientierten Pensionsplänen eingegangen. Im weiteren Verlauf wurde erörtert, welche Adaptionen im Zusammenhang mit aktienbasierten Zahlungen notwendig sein könnten. Schlussendlich wurde dargelegt, wie diverse sonstige Leistungen an ArbeitnehmerInnen (inkl Abfertigungs­zahlungen) im Zuge der COVID-19-Krise gem IAS 19 korrekt abzubilden sind. Zuletzt wurde auch noch auf möglicherweise erforderliche Änderungen der Behandlung von Fremdwährungsdifferenzen bei lang­fristigen, konzerninternen Fremdfinanzierungen ausländischer Betriebe eingegangen.

Die ESMA hat die Unternehmen in einer öffentlichen Stellungnahme dazu aufgefordert, in einem Umfeld erhöhter Unsicherheit für eine hinreichende Offenlegung in Finanzabschlüssen zu sorgen, damit ein angemessenes Transparenzniveau erreicht und die Informationsbedürfnisse der Investoren befriedigt werden können, um so deren Vertrauen zu gewährleisten. So Unternehmen IAS 34 (Interim Financial Reporting) anwenden, sind diese Vorschriften auch auf Finanzberichte für Zwischenperioden (Quartals- und Halbjahresabschlüsse) anzuwenden. Management-, Verwaltungs- und Aufsichts­organe müssen die Einhaltung dieser Regelungen garantieren.

Wie bereits im Titel dieses Beitrags angekündigt, ist die COVID-19-Krise auch ein Stresstest dafür, ob die IFRS die derzeitigen wirtschaftlichen Brüche richtig, vollständig und zeitge­recht abzubilden vermögen. Noch viel mehr gefordert sind aber natürlich die Unternehmen selbst, die sich bei Bedarf rechtzeitig professionelle Unterstützung holen müssen, und deren Wirtschaftsprüfer. Eine besondere Bedeutung wird bei den nächsten Abschlüssen aber auch den Enforcement-Stellen zukommen, die die veröffentlichten Zahlen entsprechend zu hinterfragen haben werden.


Quellen:

1 In Appendix A von IFRS 16 wird eine Modifikation eines Leasing­vertrags wie folgt definiert: „A change in the scope of a lease, or the consideration for a lease, that was not part of the original terms and conditions of the lease […]“

Obgleich nicht eindeutig ableitbar, wird man davon ausgehen können, dass auch bereits bestehende Gesetze, aufgrund derer Mietnachlässe zu gewähren sind, zu den „original terms and conditions of the lease” zu zählen sind. Solches besagt etwa das vom IASB am 10. 4. 2020 herausge­gebene Lehrmaterial (educational material) zu den bilanziellen Auswirkungen von COVID-19-bedingten Mietnachlässen.

Im Falle einer Modifikation haben Leasingnehmer die Regelungen in IFRS 16.44-46 und Leasinggeber die Vorschriften in IFRS 16.79-80 (im Falle eines finance lease) bzw IFRS 16.88 (im Falle eines operate lease) zu beachten. Wenn es hingegen lediglich zu einer zeitlichen Verschiebung der Leasing­zahlungen (Gewährung eines Zahlungsaufschubs) kommt, dann wird idR auch keine wesentliche Veränderung des Entgelts (der consideration) vorliegen, weshalb keine Modifikation anzunehmen sein wird (sondern lediglich ein sogenanntes reassessment). Obgleich kein genauer Grenz­wert vorliegt, wird man eine Veränderung > 10 % als wesentlich klassifizieren können. Diskutiert wird, ob beim Entgeltvergleich von der diskontierten oder aber der undiskontierten Summe der Leasing­zahlungen auszugehen ist.

2 So etwa PwC, Accounting implications of the effects of coronavirus: PwC In depth INT2020-02, Illustrative text – Leases – FAQ 4.7 – Accounting by lessees for voluntary forgiveness by the lessor of lease payments when the practical expedient in IFRS 16 is not applied, https://inform.pwc.com/s/Accounting_implications_of_the_effects_of_coronavirus_PwC_In_depth_INT2020_02/FAQ_4_7_Accounting_by_lessees_for_voluntary_forgiveness_by_the_lessor_of_lease_payments_when_the_practical_expedient_in_IFRS_16_is_not_applied/informContent/2037025706087740#ic_2037025706087740 (Zugriff am 1. 9. 2020).

3 Dies gilt für den Fall, dass dem Leasingnehmer die Beihilfe direkt von staatlicher Seite gewährt wird. Wenn die staatliche Mietunterstützung hingegen zuerst an den Vermieter geht und dieser diese in weiterer Folge an den Leasingnehmer weiterleitet, dann ist zu untersuchen, ob der Leasinggeber lediglich als Agent agiert und eine staatliche Zuwendung anzunehmen ist, oder der Zuschuss direkt vom Vermieter kommt und daher als Modifikation zu qualifizieren ist.

4 Erhöhte Leasing­zahlungen nach dem 30. 6. 2021 stehen dem nicht entgegen.

5 Gem. IASB-Lehrmaterial ist dabei gem. IFRS 9.3.3.1 zu prüfen, ob ein Teil der Leasingverbindlichkeit ausgebucht werden kann.

6 Wird etwa eine Kredit­vertragsklausel verletzt und ist dies im Finanzabschluss des Tochter­unternehmens lediglich als Wertbeeinflussung (sog non-adjusting events gem IAS 10.3) ausgewiesen, kann das im Konzernabschluss jedoch eine Reklassifizierung der Finanzverbindlichkeit von lang- zu kurz­fristig erforderlich machen, wenn dessen Bilanz­stichtag erst nach der Verletzung der Kredit­vertragsklausel liegt und der Kreditgeber nicht darauf verzichtet, den Kredit fällig zu stellen.

7 Dazu mehr in Teil 4 dieser Beitragsserie.


Der Beitrag ist in CFOaktuell (Heft 5/2020) erschienen. Mehr Infos unter: www.cfoaktuell.at


Weiterbildungstipp

Certified IFRS Accountant | Internationale Rechnungslegung verstehen und anwenden
Wann? Start am 11. März 2021 | Wo? roomz Vienna Prater | 1020 Wien, Rothschildplatz 2 | Information und Anmeldung  

0 Kommentare

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert