Finanzplanung in Krisenzeiten

Die jüngsten Krisen, seien es Betriebseinschränkungen und Lieferengpässe durch die Pandemie oder kriegerische Ereignisse, sowie die Erhöhung des Leitzinssatzes durch die EZB haben zu starken Einschränkungen in der Verfügbarkeit liquider Mittel geführt und damit die Bedeutung der Finanzplanung extrem verstärkt.


Im Kontext des Risikomanagements zeichnen sich solche Krisen häufig durch eine Kaskade mehrerer Phänomene aus. Elementarereignissen (Pandemien) oder politischen Risiken (Kriegszustand) folgen regulatorische Risiken (Lockdown in Pandemien, Embargos), gefolgt von Marktrisiken (Verfügbarkeit von Gütern, extreme Preiserhöhungen bei Einsatzfaktoren) und Gegenparteirisiken (Zahlungsverzug/-ausfall bei Kunden), die letztlich zu Liquiditätsrisiken führen.

Gesetzliche Vorschriften zur Finanzplanung – was ist zu beachten?

Das Erfordernis und die Art der Ausgestaltung einer (krisen-)adäquaten Finanz­planung wird – neben den Controllingaspekten – u.a. durch folgende gesetzlichen Vorschriften untermauert:

  • § 25 GmbHG bzw. § 84 AktG normieren, dass die Geschäftsführer bzw. der Vorstand der Gesellschaft gegenüber verpflichtet sind , bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäfts­mannes anzuwenden à die Sorgfaltspflicht umfasst auch die Planung der Zahlungsfähigkeit.
  • § 28a GmbHG bzw. § 81 AktG bestimmen, dass die Geschäftsführer bzw. der Vorstand dem Aufsichtsrat u.a. die künftige Entwicklung der Finanzlage anhand einer Vorschaurechnung darzustellen haben; weiters ist über Umstände, die für die Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind, dem Aufsichtsrat unverzüglich zu berichten à ohne entsprechende Planungsinstrumente sind diese Normen nicht erfüllbar.
  • § 66 IO setzt für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens voraus, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist à das rechtzeitige Erkennen der Zahlungsunfähigkeit erfordert entsprechende Finanzplanungen; vgl. dazu auch das Fachgutachten KFS/BW 7 der Kammer der Steuerberater:innen und Wirtschafts­prüfer:innen KFSBW7_23042019_RF2a.pdf (ksw.or.at).

Besonderheiten der Finanzplanung in der Krise – was sind die To-dos?

Neben der Beachtung der allgemeinen Grundsätze für die Finanzplanung, wie Vollständigkeit, Wesentlichkeit, formelle Richtigkeit und materielle Plausibilität, sind in Krisensituationen Analysen auf folgenden Gebieten anzustellen (ergänzend dazu auch https://www.ey.com/de_at/covid-19/liquiditaetsplanung-in-und-nach-der-krise):

  • Strategie:
    • Ist das Geschäftsmodell dahingehend anzupassen, dass langfristige Ziele zugunsten der kurzfristigen Aufrechterhaltung der Liquidität hintangestellt werden?
    • Ist in einem Sanierungsprozess die Strategie gänzlich neu zu formulieren?
  • Operativer Bereich:
    • Ist mit Umsatzeinbußen aufgrund geringerer Nachfrage zu rechnen?
    • Kann das Leistungsvolumen aufgrund der Störungen der Lieferkette noch im bisherigen Umfang aufrechterhalten werden?
    • Können Zahlungen für Overheads sofort und ohne unmittelbare Einschränkung des Geschäftsbetriebs reduziert werden?
    • Können Lagerbestände ohne Einschränkung der Produktion verringert werden?
    • Ist die Bonität der Kunden ausreichend? Kommt es zu Zahlungsverzögerungen oder sogar
      -ausfällen? Muss das Mahnwesen intensiviert werden?
    • Können Kundenforderungen zur raschen Beschaffung von Liquidität an Finanzinstitute abgetreten werden?
    • Können mit Lieferanten längere Zahlungsziele vereinbart werden?
    • Können Stundungsvereinbarungen mit staatlichen Stellen getroffen werden?
  • Investitionsbereich:
    • Können Investitionen ohne Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs verschoben werden?
    • Können Anlagegüter zur raschen Beschaffung liquider Mittel verkauft und zurückgeleast werden?
    • Kann nicht betriebsnotwendiges Anlagevermögen veräußert/vermietet werden?
  • Finanzierungsbereich:
    • Können kurzfristige Finanzierungslinien ausgenutzt werden?
    • Besteht die Möglichkeit für Zwischenfinanzierungen?
    • Können Vereinbarungen mit Finanzinstituten zur Stundung von Zinsen und Tilgungen von Krediten getroffen werden?
    • Können Gewinnausschüttungen/Entnahmen verschoben werden?
    • Können die Eigentümer Kapitalerhöhungen vornehmen oder Gesellschafterdarlehen gewähren?
  • Planungsmethode:
    • Erhöhung der Frequenz der Planung (im Extremfall täglich) mit laufenden Soll-Ist-Vergleichen und Adaptierungen der Planung
    • Planung mit mehreren Szenarien, jedenfalls unter Einbeziehung des „worst case“ in Form von Stresstests
    • Verwendung entsprechender Software (im Idealfall integriert in die Accounting-/Controlling-/
      Finance-Software, im einfachsten Fall MS Excel)

Schlussfolgerungen zur Finanzplanung in Krisenzeiten

  • Liquiditätsziel dominiert Ergebnisziel
  • (Top) Management Attention auf die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens
  • Fokus auf gesetzliche Vorschriften zur Vermeidung von „Haftungsfallen“
  • Erhöhung der Frequenz der Planung und kurzfristiger Soll-Ist-Vergleich
  • Berücksichtigung des „worst case“ in der Planung (Stresstests)

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