Belohnen, was Nachhaltigkeit schafft

Von der sozial-ökologischen Transformation des Geschäftsmodells über die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen in Vergütungssystemen bis hin zur Nachhaltigkeitsberichterstattung selbst: Künftig wird „Sustainability“ die Agenden von Unternehmensleitung und -überwachung wie kein anderes Thema prägen. Die ESG-Logik – Umwelt (E = Environment), Soziales (S = Social) und Unternehmensführung (G = Governance) – fordert von Geschäftsführung bzw. Vorstand und Aufsichtsrat, Verantwortung für nachhaltiges Wirtschaften zu übernehmen.   


Die Implementierung von Nachhaltigkeit in das unternehmerische Handeln ist gegenwärtig eine der größten Herausforderungen für Unternehmensleitung und -aufsicht. Einer der entscheidendsten Steuerungshebel für eine erfolgreiche Transformation in Richtung nachhaltiges Wirtschaften und damit zur Stärkung von „Sustainable Corporate Governance“ ist die Ausgestaltung der Vergütungspolitik für das Management. Initiativen auf Ebene der europäischen sowie der nationalen Politik erhöhen sukzessive die Anforderungen an Unternehmen, nachhaltigkeitsbezogene Indikatoren in ihre Vergütungssysteme aufzunehmen. Einmal mehr erweist sich die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) als maßgebend und fordert im Rahmen der erweiterten Berichtspflicht zu Nachhaltigkeitsaspekten ab dem Geschäftsjahr 2024, dass Unternehmen Informationen über die Einbeziehung ihrer nachhaltigkeitsbezogenen Leistungen in Anreizsystemen offenzulegen haben.

„Klimabonus“ offenlegen

In welcher Gewichtung bzw. mit welchem Zeithorizont ESG-Dimensionen zur Incentivierung heranzuziehen sind, ist weder in der CSRD noch in den Europäischen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards, ESRS) näher definiert. Aus regulatorischer Perspektive dürfte die Vergütung primär ein Instrument sein, das dazu beiträgt, die drängenden Fragen der Klimakrise zu bewältigen: Berichtspflichtige Unternehmen haben künftig – vorbehaltlich Wesentlichkeitsprüfung – offenzulegen, ob und wie klimabezogene Erwägungen in die Vergütungspolitik einfließen. Zwar gewinnt ESG als Vergütungskomponente in den letzten Jahren an Bedeutung, doch aktuelle Erhebungen zu den großen börsennotierten Unternehmen in Österreich (ATX-20) und Deutschland (DAX-40) zeigen, dass Nachhaltigkeitskriterien wie z.B. Reduktion von CO2-Emissionen (E), Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen (S) oder Führungskultur (G) noch nicht angemessen in den Vergütungsmodellen repräsentiert bzw. ausreichend gewichtet sind, um spürbare (Steuerungs-)Wirkung entfalten zu können.

Anreize setzen    

Angesichts künftiger Offenlegungspflichten und steigender Erwartungshaltungen von Investor:innen, Beschäftigten, Bewerber:innen und Öffentlichkeit sollten Unternehmen zeitnah Überlegungen anstellen, um ihre Vergütungssysteme dahingehend zu kalibrieren, dass die Nachhaltigkeitskomponente tatsächlichen Einfluss auf die Gesamtvergütung nimmt. In diesem Kontext kommt dem Aufsichtsrat (gem. § 78 AktG) eine entscheidende Rolle dabei zu, wirkungsvolle Anreize zur Steigerung der Nachhaltigkeitsleistungen des Managements zu setzen. Nicht nur bei der Befassung mit Vergütungssystemen ist verstärkt Nachhaltigkeitskompetenz gefragt, sondern auch bei der Überwachung der Fortschritte nachhaltigkeitsbezogener Ziele ist das Kontrollgremium in seiner Rolle als Sparringpartner des Managements gefordert, ebenso wie bei der Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts. Expertise zu Auswirkungen, Risiken und Chancen von zu diskutierenden Fragestellungen wie z.B. Anpassung an den Klimawandel oder Arbeitsbedingungen in der Wertschöpfungskette ist im Gesamtgremium, im Prüfungsausschuss und in weiteren Ausschüssen (z.B. Nachhaltigkeits- oder Strategieausschuss) wohl unverzichtbar, um eine nachhaltigkeitsbezogene Professionalisierung der Aufsichtsratsarbeit voranzutreiben. Es ist außerdem zu erwarten, dass sich künftig der Nominierungsausschuss – sofern eingerichtet – vermehrt mit relevanter unternehmensspezifischer Nachhaltigkeitskompetenz im Zusammenhang mit der Nachfolgeplanung bzw. bei Neubesetzungen im Vorstand sowie bei freiwerdenden Mandaten im Aufsichtsrat auseinandersetzen wird.     

Nachhaltigkeitsprofil schärfen

Das zunehmende Anspruchsniveau für die Rechenschafts- und Transparenzpflichten berichtspflichtiger Unternehmen zieht weitreichende Konsequenzen nach sich und nimmt die Unternehmensorgane künftig verstärkt in die Pflicht, ihr Nachhaltigkeitsprofil zu schärfen und eine proaktive Rolle im Transformationsprozess einzunehmen. Dafür braucht es die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in sämtlichen Unternehmensprozessen, das Implementieren von wirksamen Vergütungsanreizen als Treiber zur Steigerung der Nachhaltigkeitsleistung sowie die kontinuierliche branchen- und unternehmensspezifische Aus- und Weiterbildung zu relevanten, interdisziplinären Themenfeldern (Umwelt, Sozialem und Governance). Im Nachhaltigkeitskontext erfordern unternehmerische Entscheidungen nicht selten ein Abwägen von komplexen Fragestellungen und die Diskussion unterschiedlicher Szenarien (z.B. Klimarisiko- und Vulnerabilitätsbewertung) in Bezug auf künftige Entwicklungen. Für das Gelingen eines fruchtbaren Nachhaltigkeitsdialog ist es daher entscheidend, dass Geschäftsführung bzw. Vorstand und Aufsichtsrat ein gemeinsames Nachhaltigkeitsverständnis entwickeln und sich strukturiert Schritt für Schritt auf den Weg zu einer CSRD-konformen Nachhaltigkeitsberichterstattung machen.

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