Agiles Lernen im Unternehmen

Wie wir unsere Kompetenzen gemeinsam aus der Arbeit für die Arbeit entwickeln


Zunehmende Digitalisierung und dynamische Umfeldbedingungen zwingen viele Unternehmen zu raschen und oftmals auch tiefgreifenden Veränderungen ihrer Strukturen, Prozesse und sogar Geschäftsmodelle. Was bedeutet das für die Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter:innen? Wie können entsprechende Weiterbildungsmethoden so flexibel und innovativ sein, wie es die Arbeit oft

schon ist? Und was bedeutet das für die Personalentwicklung? Das Konzept des „Agilen Lernens“ kann hier Inspiration sein, da es sowohl an die Bedürfnisse des lernenden Individuums, als auch an die hohe Dynamik der Unternehmen ausgerichtet ist.

Was bedeutet „agil“ für das Lernen? Grundannahme des Konzepts des „Agilen Lernens“ ist, dass sich die Umwelt permanent verändert und eine schnelle Anpassungsfähigkeit erfolgssichernd ist. Agilität soll helfen, funktions- und/oder bereichsübergreifend besser zusammenzuarbeiten, mehr Transparenz zu schaffen, Kommunikation zu fördern und sowohl die Produktivität als auch die Motivation der Mitarbeiter:innen durch mehr Verantwortung zu erhöhen. Dabei sind Ausprobieren, Lernen und Adaptieren – angelehnt an die Scrum-Vorgehensweise – der wiederkehrende Lernprozesszyklus. Kurze, klar strukturierte Abläufe bei gleichzeitiger Flexibilisierung und Individualisierung der Inhalte sind hier zentral.

Iterative Schleifen beim agilen Lernen

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an M. Zirkler, Persönlichkeit und Agilität (2020)

Agiles Lernen findet idealerweise in Kollaboration mit anderen bzw. in Teams statt (Social Learning) und ist inhaltlich als auch prozessual verknüpft mit unmittelbaren Arbeitsabläufen. Arbeitsaufgaben werden zu Lernaufgaben. Basierend auf einem Wechsel von Lern- und Arbeitsphasen sollen eigene, arbeitsnahe Lernziele erschlossen werden. Selbstorganisation und soziales Lernen in Teams wird kombiniert. Kontinuierliche Etappen des Kompetenzerwerbs beinhalten Lern-Sprints, die immer wieder reflektiert und an die neuen Anforderungen angepasst werden.

Damit diese Art des Lernens gelingt, benötigen Mitarbeiter:innen ein passendes Mindset (Selbstwirksamkeit, Entwicklungsfähigkeit, hohe Lernkompetenz) und die Gesamtorganisation eine passende Fehler- und Lernkultur. Das Motto lautet: Gemeinsames Experimentieren. Gelernt wird damit nicht mehr auf Vorrat (für eine ohnehin unsichere Zukunft), sondern „on demand“. Die Kompetenzentwicklung erfolgt nicht auf Basis von allgemeinen Beispielen, sondern anhand persönlicher Herausforderungen. Lernen, Übung und Praxis sind somit untrennbar verbunden.

Prinzipien des agilen Lernens im Unternehmen

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an G. Korge et al., Agiles Lernen im Unternehmen (2020)

Auswahl agiler Lernformate:

Hackathons für neue Lösungen (1-2 Tage intensiver Fokus auf eine Fragestellung, die kreativ in Teams bearbeitet wird)

Brown Bag Meetings für kontinuierlichen Wissenstransfer (auch Lunch & Learn – freiwilliges Zusammenkommen beim Mittagessen, bei dem ein Mitarbeiter über seine Arbeit bzw. Expertise berichtet)

Rotation Days für mehr Crossfunktionalität (einen Tag pro Monat arbeitet ein Mitglied aus einem anderen Team mit)

Working Out Loud für transparentere, offene Zusammenarbeit innerhalb eines Netzwerkes (Aufbau von Beziehungen, die helfen ein Ziel zu erreichen, eine Fähigkeit zu entwickeln oder ein neues Thema zu entdecken)

Lean Coffee für einen strukturierten unstrukturierten Austausch (Kaffee-Plausch-Meeting mit situativer, selbstorganisierter Agenda)

Communities of Practice für den Fachaustausch (Zusammenschluss von unternehmensinternen und/oder -externen Expert:innen, die ein gemeinsames Interesse verbindet, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen oder dieselbe Profession haben)

Alle diese Formate zeigen ein hohes Maß an Selbststeuerung und Kooperation, sind meist direkt mit den Aufgaben bzw. dem Arbeitskontext verbunden und fokussieren auf „das Wirksame“ (anstatt Regeln und Prozesse in den Vordergrund zu stellen). Sie sind informell und gehen davon aus, dass es viele „Wahrheiten“ und Möglichkeiten gibt und die Lerner:innen selber fähig sind, die für sich beste Variante zu finden.

Fazit:

Agiles Lernen im Unternehmen setzt nicht auf einen linearen Lernprozess, bei dem das vermittelte Wissen für alle Teilnehmenden von Anfang bis Ende identisch ist. Beim Agilen Lernen wird eine komplexe, alltagsnahe Problemstellung in Etappen aufgeteilt, die (von Teams) in kurzen Sprints in passenden Lernformaten bewältigt werden. Eigenverantwortung und Selbstorganisation sind die zentralen Elemente agilen Lernens. Die Umsetzung wird v.a. am Beginn aufwendiger sein, da die Lernteams methodisch unterstützt bzw. im Lernprozess begleitet werden müssen. Hieraus erwächst auch für die Personalentwicklung eine veränderte Aufgabe hin zu einer unmittelbaren Begleitung von Lernprozessen. Gelingt dieser organisationale Wandel, profitiert das Unternehmen von einer nachhaltigen, motivierenden Lernkultur.


Tipp:

Kontaktieren Sie Clemens Nachbauer unter clemens.nachbauer@controller-institut.at.

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