Wie das Coronavirus das steuerliche Kontrollsystem ändert

COVID-19: Durch die Krise mit steuerlichem Kontrollsystem „light“


Arbeitsumgebungen ändern sich …

Durch die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus mussten diese Woche viele Organisationen schlagartig großflächig zu Telearbeit wechseln. In Einzelfällen verbleiben Journaldienste an den Standorten. Andere haben die Büros gänzlich geschlossen und den gesamten Betrieb auf Telearbeit umgestellt. Auf diese Situation waren sehr viele Organisationen und auch deren Infrastruktur nicht vorbereitet. Das wird nicht nur an teilweise reduzierten Internetgeschwindigkeiten und Bandbreiten aufgrund der Vielzahl der externen Nutzer bemerkbar, sondern zeigt auch die Kapazitätsgrenze von virtuellen Meetings auf, die nun anstelle von physischen Treffen genutzt werden.

… Aufgaben bleiben …

Aber auch in diesen Zeiten bleiben die Anforderungen an die Steuerfunktionen grundsätzlich bestehen. Außerdem kommen Aspekte hinzu, die in der Vergangenheit wohl teilweise von untergeordneter Relevanz waren.

Weiterhin ist es für Steuerabteilungen wichtig, die steuerliche Compliance sicher zu stellen. Daten sind weiterhin zu erfassen, Steuererklärungen abzugeben, Zahlungen (monatliche Lohnabgaben, Umsatzsteuervorauszahlungen, quartalsweise Ertragsteuern etc.) fristgerecht zu tätigen. Gewisse Erleichterungen, insbesondere in Bezug auf Zahlungen, wurden bereits gewährt.

Die jährlichen und monatlichen Erklärungen sind aber dennoch fristgerecht einzureichen. Und auch in Bezug auf Beschwerden und andere Eingaben sind die Fristen zu beachten. Außerdem bedarf auch die Erreichung der Zahlungserleichterung weiterer Anträge. Da diese Anträge auf Zahlungserleichterung für die Liquiditätssicherung einiger Unternehmen in nächster Zeit voraussichtlich noch wichtiger werden, wird die Steuerfunktion in Zukunft in zusätzliche Prozesse eingebunden, die für das Weiterbestehen des Unternehmens kritisch sind. In vielen Fällen wird die Steuerfunktion diese Prozesse auch selbst etablieren müssen.

… und führen zu neuen Anforderungen

Hinzu kommt, dass nun „remote“ von unterschiedlichen Orten wie beispielsweise der jeweiligen Wohnung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammengearbeitet werden muss.  Was bis vor wenigen Tagen noch mittels eines Rundgangs durch die Büros und Gespräche „zwischen Tür und Angel“ geklärt werden konnte, erfordert jetzt neue Ideen und Arten der Kollaboration. Steuerabteilungen müssen sich deshalb über neue Anforderungen Gedanken machen:

  • Sicherstellen des Zugriffs auf Daten und Informationen (unter Umständen gemeinsam mit Themen der Datensicherheit, abhängig von der Art des Zugriffs)
  • Sicherstellen der Erfassung von fristenrelevanten Ereignissen (vom Bescheid, der eine Beschwerdefrist auslöst bis zum Sachverhalt, der eine Steuer nach sich zieht)
  • Sicherstellen des Zugriffs auf Datenbanken und Finanzonline etc.
  • Sicherstellen der Erfassung und Einhaltung der Fristen
  • Sicherstellen der Nachvollziehbarkeit des Status der Bearbeitung (um bei längeren Durchlaufzeiten wegen Überlastung, Kinderbetreuung oder Krankheit sicher zu stellen, dass eine rechtzeitige Umverteilung ermöglicht wird)
  • Sollen Erleichterungen genutzt werden, müssen zusätzliche Anträge gestellt werden
  • Sicherstellung bei den steuerlichen Entwicklungen (Erlässe, Gesetzesinitiativen etc.) am Laufenden halten
  • Sicherstellung einer rechtzeitigen Zahlung
  • Vertretungsregelungen für z. B. Krankheitsfall

Ausblick

Auch die Steuerabteilungen stellen sich bedingt durch die Coronakrise organisatorischen Herausforderungen, die bisher unbekannt waren. Unsere Zusammenfassung zentraler Fragen (siehe oben im Text) wird sich mit der Zeit erweitern. Zum einen bedarf die Situation der Telearbeit vermehrter Kommunikation und Abstimmung. Diese Abstimmung sollte dabei auch für Personen nachvollziehbar sein, die z. B. bei einem Telefonat nicht dabei waren. Das dient kurzfristig der Nachvollziehbarkeit, z. B. im Krankheitsfall. Langfristig werden dadurch auch der Ansatz und das steuerliche Kontrollsystem dokumentiert. Sollten daher in dieser Phase Fehler passieren, Fristen versäumt werden oder ähnliche Themen auftreten, kann die Dokumentation auch dazu dienen, den Willen zur Compliance und die Sorgfalt zu dokumentieren. Das kann sowohl verfahrensrechtlich (z. B. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) als auch finanzstrafrechtlich (Widerlegung von Vorsatz und (grober) Fahrlässigkeit als auch bei Diskussionen im Rahmen einer Betriebsprüfung helfen. Am Ende kann daraus ein Nukleus entstehen, auf dem ein Steuerkontrollsystem basiert und ausgerollt wird. Somit kann auch hier gelten, dass die Krise und Disruption gleichzeitig die Chance auf Weiterentwicklung von Prozessen und Steuerkontrollsystem mit sich bringt.

Fazit

Steuerabteilungen sind derzeit mit neuen Fragestellungen und Rahmenbedingungen konfrontiert. Um stabil durch diese Zeit zu navigieren, bedarf es verstärkter Abstimmung, genau festgelegter Prozesse und der Dokumentation von alledem. Diese Themen stellen zentrale Punkte eines steuerlichen Kontrollsystems („SKS light“) dar, die nach Rückkehr in den normalen Modus als Grundstein dienen könnten, wie ein steuerliches Kontrollsystem sinnvoll und nachhaltig ausgestaltet werden kann.


Der Beitrag erschien zuerst auf www.ey.com/de_at.

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