Nachlese: 4. CFOaktuell Jahrestagung | Fit for Recovery
Was ist im Krisenjahr 2020 nicht alles anders? Diese Frage stand zwar nicht im Zentrum der 4. CFOaktuell Jahrestagung, sondern wie die CFO-Organisation „Fit for Recovery“ wird. Aufgrund der aktuellen Situation wurde die Konferenz komplett online durchgeführt. Wir freuen uns, dass wir dennoch über 170 Teilnehmer bei unserer innovativen Tagung für Finanzchefs begrüßen durften.
Gleich zu Beginn stimmte Rita Niedermayr (Österreichisches Controller-Institut) darauf ein, dass der Fokus darauf gerichtet sein soll, was wir ändern können und nicht darauf, was wir ohnehin nicht beeinflussen können. Im Mittelpunkt an diesem Tag standen die „Fields of Play“ der aktuellen CFO-Agenda. Diese wurden aus dem Blickwinkel von CFOs in ihrer Gesamtverantwortung vernetzt und integriert behandelt. 2020 sind das:
- Next Steps SAP S/4: Wie CFOs die Digitalisierung mit SAP S/4 erfolgreich vorantreiben.
- Neubewertung von Supply Chains: Wie Lieferketten im COVID-Kontext neu gedacht werden.
- Digitalisierung im CFO-Office: Wie es gelingt, die Prozessqualität weiter zu steigern und Einsparungspotenziale zu heben.
- Agile Planung und Simulation: Wie Planungsprozesse an die „neue Realität“ angepasst werden.
- Digital Treasury und integriertes Liquiditätsmanagement: Wie sich Treasury digital organisiert.
- New Work in Finance: Wie sich Finanzorganisationen flexibel organisieren
Dabei handelt es sich um ganz zentrale Fragestellungen für die langfristige Ausrichtung der CFO-Funktion, konstatierte Rita Niedermayr.
Now, Next, Beyond
Den ersten Plenarvortrag des Tages hielt Christian Mertin (EY Deutschland) darüber, welche Strategie der CFO verfolgen soll, um zur Value Added Finance Function zu gelangen. Mittendrin in der zweiten Corona-Welle, konfrontiert mit regulatorischen Veränderungen und generell ständig im Zwiespalt einer VUCA-Welt, ändert sich auch der long term value von Organisationen und Unternehmen und damit auch der Finanzfunktion. Doch was bedeutet das für den CFO? Wie kann er die Wertschöpfung erhöhen, damit der Fokus auf die Value Creation erhöht wird? Diesen Fragestellungen widmete sich Mertin mit den Betrachtungsebenen Now, Next und Beyond. Während im Now die Coronakrise mit all ihren Problemstellungen bewältigt werden muss, und gleichzeitig die Technologisierung und die digitale Transformation im CFO-Bereich umgesetzt wird, muss es im nächsten Schritt zu einem Return to Growth kommen. Im Beyond geht es, laut Mertin, schließlich um den long term value, die holistischeren Werte für Unternehmen und den Wechsel von einer reinen Shareholder-Betrachtungsweise hin zu einem Stakeholder-Ansatz. Nicht nur Bewegungen wie die Klimawandelaktivisten von Fridays for Future fordern zunehmend eine soziale Verantwortung von Unternehmen, auch investorenseitig wird der Druck erhöht, bestes Beispiel ist BlockRock. Mertin ist davon überzeugt, dass sich die Rolle des CFO vom Chief Financial Officers in den nächsten Jahren zum CVO, dem Chief Value Officer wandeln wird.
Im Anschluss an den spannenden Vortrag folgte die Panel-Diskussion mit Mayr-Melnhof-CFO Franz Hiesinger und Turbo-Aufsichtsrat Robin Stalker unter der Moderation von Rita Niedermayr. Franz Hiesinger schilderte das Vorgehen während des ersten Lockdowns bei Mayr-Melnhof. Als Zulieferer von Verpackungen von Gütern des täglichen Bedarfs zählt Mayr-Melnhof zu den Krisengewinnern. Dabei galt es dort andere Hürden zu überwältigen, als in Branchen, die von der Nachfragekrise getroffen waren. So musste zunächst die Supply Chain weitestgehend gesichert werden – was überraschend gut funktioniert hat. Laut Hiesinger ist es in Zeiten der Krise wichtig, rasch und besonnen zu reagieren.
Robin Stalker sprach von der Bewegung in Richtung Shareholder Value und, dass COVID-19 global mehr Bewusstsein in diese Richtung gebracht hat. Unternehmen, die sich schon vor Corona damit auseinandergesetzt haben, hat die Krise weniger getroffen. ESG wird ein immer wichtigerer Faktor für Unternehmen und Investoren erhöhen Druck und Anspruch. Doch Stalker sagt, dass dies nicht nur Druck ist, sondern vor allem eine Chance für Unternehmen.
Einig sind sich alle drei, dass ESG schon jetzt spürbar wichtiger ist. Investoren und Banken fordern verstärkt nachhaltige Geschäftsmodelle, um Kredite zu gewähren. Hiesinger sagt, dass dieser Veränderungsbedarf kommuniziert werden und die entsprechenden KPIs festgelegt werden müssen. Stalker meint, dass die CFOs die Keeper of the Keys sind und über die „Wahrheit“ im Unternehmen verfügen. „Es ist fast egal wie. CFOs sollen einfach anfangen“, sagte Stalker in Bezug auf ESG-Umsetzungen. Auch Mertin schloss sich dem an. Er gab auch den Tipp, sich auf einige wenige KPIs zu fokussieren und diese konsequent zu verbessern.
Next Steps SAP S/4 HANA
Im ersten parallelen Forum stand SAP S/4 Hana im Fokus. Joachim Mette (SAP SE) sprach über den Wandel des Geschäftsmodells bei SAP und den damit verbundenen Technologieerneuerungen, etwa im Forecasting.
Andreas Lassl (Verbund Services) präsentierte den Projektstatus des Umstiegs auf SAP S/4 HANA beim größten österreichischen Stromkonzern. Verbund möchte damit eine Single Source of Truth im Konzern schaffen und die Systeme konsolidieren. Lassl sagte, dass wenige Entscheidungen einen großen Einfluss auf die Projektkosten haben: Nämlich 1. Technologische Alternativen, 2. Art der Migration, 3. Standardisierung, 4. Roadmap und 5. Architektur. Für den Projektfortschritt wesentlich ist ein Team aus Hirn, Herz und Muskeln, wie er sagte. Dabei ist die größte Herausforderung die Schaffung von internen Ressourcen.
Zur abschließenden Panel-Diskussion wurde Porr-CFO Andreas Sauer gebeten. Dieser diskutierte unter der Moderation von Reinhard Taucher (SAP Österreich), wie die CFOs die Digitalisierung vorantreiben können und den Umstieg auf SAP S/4 HANA erfolgreich managen.
Quo vadis, Digitalisierung im Rechnungswesen?
Gerade das Rechnungswesen trifft die Digitalisierung mit voller Härte. Das bestätigt auch eine aktuelle Studie der KPMG, die Christian Sikora präsentierte. Es ist allerdings nicht nur eine Technologie, sondern eine Reihe von Technologien, die diese vorantreiben. Zentraler Erfolgsfaktor bleibt aber der Mensch und damit der CFO und sein Team. Im zweiten Vortrag präsentierten Paul Strunz (Wien Energie) und Eberhard Bayerl (KPMG) die Etablierung eines Digital Competence Centers. Dieses Projekt wurde über mehrere Mikroinnovationen erreicht – von Process Automation und Process Mining über intelligente Rechnungsautomatisierung bis zum Digital Competence Center war es ein stufenweiser Prozess. Im Anschluss wurde unter der Moderation von Christian Engelbrechtsmüller (KPMG) gemeinsam mit Ernst Machart (ebenfalls Wien Energie) über die Digitalisierung im Rechnungswesen ausgiebig diskutiert.
Was sind eigentlich schwarze Schwäne?
Die Corona-Pandemie zählt laut Werner Gleißner jedenfalls nicht dazu. Immerhin zählt eine globale Pandemie zu den zehn Grundrisiken und hat eine Eintrittswahrscheinlichkeit von bis zu 1 Prozent, trifft unsere Welt also etwa einmal alle 100 Jahre – zuletzt die Spanische Grippe 1918.
Warum waren die meisten Unternehmen dann so schlecht darauf vorbereitet? Und welchen Beitrag kann ein entsprechendes ERP-System leisten? Wie wird man zu einem robusten Unternehmen? Diese Fragen wurden im Vortrag geklärt. Den zweiten Vortrag hielt Leopold Rohrer (Verbund). Er sagt, dass es nie möglich sein wird, alle Unvorhersehbarkeiten zu erkennen. Es ist aber wichtig, über gute und abgestimmte Systeme und Prozesse zu verfügen. Dieses Forum und die abschließende Diskussion wurde von Markus Hölzl (EY Österreich) moderiert.
Erfolgsfaktoren der Automatisierung & Digitalisierung
Ein praxisorientierter Ansatz der Effizienz- und Effektivitätssteigerung im Büroalltag und insbesondere in der Finanzorganisation ist das papierlose Büro. Doch während dieses Schlagwort nun schon fast zwei Jahrzehnte in der Unternehmenswelt zu hören ist, sind nur 4 Prozent der Unternehmen tatsächlich komplett digitalisiert. Diese und weitere Lessons Learned gab es von Michael Kalaus und Beatrix Forsthuber (beide Kyocera). Was gibt es bei der Digitalisierung des gesamten Eingangsrechnungsprozesses zu beachten? Bei abatec machte man die Probe aufs Exempel und stellte erfolgreich um. Thomas Brandmayr stellte die fünf Erfolgsfaktoren vor. Im Anschluss wurden wiederum die wichtigsten Erkenntnisse für die CFOs präsentiert und die Teilnehmer konnten ihre Fragen stellen.
Supply-Chain-Lücken schließen
COVID-19 rückte auch einen Bereich in den Fokus der Unternehmen, in dem bisher in einer globalisierten Welt alles wie am Schnürchen lief: die Supply Chain. In den Fokus der medialen Öffentlichkeit gerieten vor allem Flieger gefüllt mit Masken aus China. Auch Unternehmen, die auf ihre Zulieferer angewiesen sind, standen alle vor der gleichen Herausforderung. Wolfgang Moser, CFO der isi Group, sprach von der Pandemie als Weckruf. Unternehmen müssen künftig abwägen zwischen Effizienz und Redundanzen und dafür praxistaugliche Maßnahmen finden. Martin Neuhold (EY Deutschland) sprach im Zusammenhang mit der Corona-Krise von einem ganzen Rudel schwarzer Schwäne. Er sprach sich für eine Circular Economy 2.0 und ein Denken in Ökosystemen aus. Forumsmoderator Christoph Pressleitner (EY Österreich) fokussierte in der anschließenden Diskussion die Rolle von Zwischenlieferanten und dem Spagat, den sie zu bewältigen haben.
Finanzplanung neu gedacht
Wie läuft moderne, strategische Finanzplanung? In der Cloud. Das ist mehr als ein Geschäftsmodell von Software-Anbietern, sondern ganz im Gegenteil ein Organisationsmodell. Im Forum Agile Planung und Simulation sprachen Silvia Hutz und Johann Eckler (beide Oracle) über Szenarioplanung und Strategic Modelling und die Rolle des CFOs vom Zahlenmanager zum Strategic Advisor.
Martin Schulze (Deloitte) reflektierte über die strategische Finanzplanung in unsicheren Zeiten. Dabei spielt insbesondere die Simulation von Geschäftsrisiken eine bedeutende Rolle. Unter der Fragestellung, wie sich Planungsprozesse an die neue Realität anpassen müssen, diskutierten alle drei unter der Moderation von Michael Tischer (ebenfalls Oracle) gemeinsam mit Claus Holzleitner (CFO von 3e).
Warum Transformation an der Spitze beginnt?
Was während der ersten COVID-19-Welle wirklich virulent wurde, war der Faktor agile Organisationen. Unternehmen, die schon seit jeher auf Agilität setzen und ihre Mitarbeiter dabei unterstützen und fördern, hatten einen klaren Vorteil gegenüber konservativ aufgestellten Unternehmen.
Doch was braucht es dafür? Und wie wird man fit für das next.normal? Darüber sprachen die CFO Nicolas Longin (Welser Profile) und Sonja Wallner (A1 Telekom Austria). Sie berichteten über ihre persönlichen Erfahrungen im Zusammenhang mit der Transformation ihres Unternehmens. Gerald Mitterer (Dwarfs and Giants) sorgte für den nötigen Background, um dieses Thema auch fachlich einzuordnen. Fest steht für alle drei, dass es zu einem Paradigmenwechsel in den Unternehmen kommt und dass sie dabei eine wichtige Rolle spielen.
Die Pausen boten Raum für Networking und den Besuch der digitalen Fachausstellung. Wir danken besonders unseren Partnern EY, KPMG, Oracle, Kyocera und SAP sowie LucaNet und dem Standard.
Save the Date
Merken Sie sich jetzt schon mal den 11. November 2021 für die 5. CFOaktuell Jahrestagung vor.
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