Haftung der Geschäftsführung – Welche Stolpersteine gibt es?

Die letzten Monate haben die Führungskräfte vor enorme Herausforderungen gestellt. Noch nie wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen in so kurzer Zeit derart umfangreich modifiziert. Ob Arbeitsrecht, Privatrecht oder Insolvenzrecht, all diese Gebiete werfen derzeit eine Vielzahl an rechtlichen Fragen auf und stellen Stolpersteine für die Geschäftsführung dar.


Welche Beispiele sind hier zu nennen?

1. Verdeckte Einlagenrückgewähr

Ein Gesellschafter hat lediglich Anspruch auf den Bilanz- bzw. Liquidationsgewinn einer Gesellschaft[1], soweit dieser nicht nach Gesetz bzw. Satzung von der Verteilung ausgeschlossen wird. Unzulässig sind folglich sämtliche Sachverhalte, unabhängig von der Vertragsform (mündlich, schriftlich, Notariatsakt), die einen Gesellschafter gegenüber dem gemeinsamen Sondervermögen der Gesellschaft begünstigen.

Kurz zusammengefasst: Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft benötigen eine adäquate Gegenleistung („Dealing at Arm’s Length“). Einige Beispiele für nicht adäquate Gegenleistungen aus der Praxis sind: Zinslose Darlehensverträge, überhöhte Geschäftsführungsgehälter bzw. ungerechtfertigte Abfertigungs- und Pensionszusagen, ein unüblicher Mietzins, unentgeltliche Überlassung von Firmenwohnungen, etc.

Die Rechtsfolgen der verdeckten Einlagenrückgewähr sind einerseits eine absolute Nichtigkeit des Geschäfts und andererseits eine schadenersatzrechtliche Haftung der Geschäftsführung[2].

2. Gewinnausschüttungen in der Krise

Durch die Covid-19-Pandemie hat sich die wirtschaftliche Situation mancher Unternehmen wesentlich verschlechtert. Vielen Gesellschaften, die 2019 noch voll profitabel waren, ist das Geschäft Anfang 2020 praktisch komplett weggebrochen.

Gemäß § 82 GmbHG haben die Gesellschafter einen Anspruch auf den Bilanzgewinn. Zusätzlich normiert § 82 GmbHG für den Fall, dass zwischen dem Bilanzstichtag und der Beschlussfassung der Gesellschafter über den Jahresabschluss bekannt wird, dass der Vermögensstand der Gesellschaft durch eingetretene Verluste oder Wertver­minderungen erheblich und voraussichtlich nicht bloß vorübergehend geschmälert worden ist, dass dieser Betrag von der Gewinnausschüttung ausgeschlossen und auf neue Rechnung vorzutragen ist[3].

Die Geschäftsführung hat die Gesellschafter auf die eingetretenen Verluste aufmerksam zu machen und wenn notwendig, sogar die Auszahlung der zu Unrecht beschlossenen Dividenden zu verweigern.

3. Insolvenzverfahren

Die Geschäftsführung ist verpflichtet innerhalb von 60 Tagen ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen[4]. Durch die Covid-19-Pandemie wurde diese Frist von 60 Tagen auf 120 Tage erstreckt, in dem der Gesetzgeber die Covid-19-Pandemie einer Naturkatastrophe gleichgestellt hat.  Im Rahmen der Covid 19-Pandemie wurde die Pflicht auf Antragstellung bei Überschuldung zwischen 1.3.2020 und 31.3.2021 ausgesetzt. Bei Zahlungsunfähigkeit besteht unverändert eine sofortige Antragspflicht.

Kommt die Geschäftsführung dieser Verpflichtung nicht nach, so werden die wesentlichen Prinzipien der Insolvenzordnung (Gleichbehandlung aller Gläubiger sowie Verwertung des Gesamtvermögens des Schuldners) missachtet und es besteht die Gefahr der Insolvenzverschleppung/Bevorzugung von Gläubigern, für die die Geschäftsführung haftet.

In Zeiten wie diesen und insbesondere bei Gesellschaften in finanziellen Schwierigkeiten, ist es für die Geschäftsführung essentiell einen Überblick über die wesentlichen Kennzahlen sowie den Liquiditätsstatus der Gesellschaft zu haben. Somit können mögliche Haftungsrisiken frühzeitig erkannt und rechtzeitig abgewendet werden.


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Quellen:

[1] § 82 GmbHG

[2] § 25 Abs 3 Z 1 GmbHG

[3] § 82 Abs 5 GmbHG

[4] § 69ff IO

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