Digitalisierung als globale Herausforderung

Gunther Reimoser ist seit Juli 2017 Country Managing Partner bei EY Österreich. Seine Strategie ist es, dem Markt als ganzheitlicher Transformationspartner zu Seite zu stehen. Digitalisierung betrifft alle Lebensbereiche. Dafür müssen auch die Unternehmen fit gemacht werden.

Die digitale Transformation ist in vollem Gange. Wie sollen Unternehmen aus Ihrer Sicht damit umgehen?

Viele der ökonomischen Megatrends, mit denen Unternehmen umgehen müssen, sind von globalem Ausmaß. Bestes Beispiel dafür ist die Digitalisierung– eine Entwicklung, die alle Lebensbereiche betrifft und vor keiner Region und keinem Land dieser Welt halt macht. Für eine effiziente und vorausschauende Unternehmenssteuerung beispielsweise muss nahezu jedes größere Unternehmen, gleich, wo es auf der Welt tätig ist, enorme Datenmengen strukturieren und in verwertbare Erkenntnisse umwandeln. Die produzierende Industrie wird weltweit die Verbindung von Maschinen, Sensoren und dem Internet für die umfassende Automatisierung der Produktion nutzen – Stichwort „Industrie 4.0“. Unternehmen sind gefordert, ihre Strategie digital auszurichten, das Innovationspotenzial aus der Digitalisierung voll auszuschöpfen, die Chancen der digitalen Einbindung von Kunden zu nutzen und Effizienzgewinne in ihrer Wertschöpfungskette und ihrem Betrieb dank digitaler Prozesse und Technologien zu realisieren. Neben diesem ungeheuren Potenzial birgt die Digitalisierung aber auch enorme Sicherheitsrisiken, vor allem wenn es darum geht, unerlaubten Zugang zu sensiblen Daten zu verhindern und damit das Vertrauen von Kunden zu bewahren.

Wie begegnet EY, als eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich, diesem Megatrend?

Der digitale Wandel hat für uns zwei Seiten: Einerseits die Digitalisierung unserer eigenen Services, andererseits die umfangreiche Unterstützung unserer Kunden als Transformationspartner.

In Hinblick auf unsere Organisation forcieren wir die eigene digitale Transformation. Wir investieren massiv in die digitalen Skills unserer Mitarbeiter und in die Digitalisierung und Automatisierung unserer Serviceangebote, zum Beispiel durch den Einsatz von Analytics und Robotics. Für unseren ganzheitlichen Beratungsansatz brauchen wir hochqualifizierte Mitarbeiter aus ganz unterschiedlichen Disziplinen. Neben den klassischen Qualifikationen wie Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Unternehmensberater stellen wir deshalb auch vermehrt Mathematiker, Informatiker und Ingenieure ein. Weltweit haben wir zum Beispiel mittlerweile 18.000 Data-Analytics-Mitarbeiter, davon 2.100 Data Scientists.

Für unsere Kunden wollen wir dadurch die erste Anlaufstelle des Vertrauens bei allen Herausforderungen der digitalen Transformation und des nachhaltigen Wachstums sein. Wir haben Veränderungen in unserer DNA und wollen unsere Kunden als digitaler Transformationspartner ihres Vertrauens ganzheitlich begleiten. Wir beraten und begleiten unsere Kunden mit hochaktuellen Serviceangeboten, ohne dass wir die Verlässlichkeit und die Stabilität einer Prüfungs- und Beratungsgesellschaft aus den Augen verlieren.

Vor einigen Monaten wurde die Digitalisierungsstudie von EY Österreich veröffentlicht. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Ergebnisse?

Die Digitalisierung bei Österreichs Mittelstandsunternehmen nimmt zu – und lässt die Schere zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Betrieben weiter auseinandergehen: Unternehmen mit aktuell guter Geschäftslage und guter Geschäftsprognose setzen deutlich stärker auf Digitalisierung als jene mit laut eigener Aussage schlechter Geschäftslage und negativen Geschäftsaussichten.

Das ist eine sehr interessante Erkenntnis: Erfolgreiche Unternehmen setzen deutlich stärker auf digitale Technologien.

Allgemein hat die Bedeutung von digitalen Technologien für Österreichs Unternehmen zugenommen. Deutlich mehr als die Hälfte setzt auf digitale Technologien für das eigene Geschäft. Insgesamt sind das erfreuliche Ergebnisse, allerdings droht Österreich, sich in eine digitale Zweiklassengesellschaft zu spalten – erfolgreiche und große Unternehmen eilen bei Digitalisierung davon.

Als neuer Country Managing Partner von EY Österreich setzen Sie sich als Ziel, EY als Transformationspartner zu positionieren. Was kann man sich darunter vorstellen?

Der digitale Wandel wird alle Unternehmen verändern – ob internationaler Konzern, mittelständisches Familienunternehmen oder EPU. Neue technologische Möglichkeiten können Marktführer überflüssig machen. Sie können aber auch kleine Unternehmen mit großen Ideen zu Markführern werden lassen. Jedes Unternehmen muss sich aktiv mit dem digitalen Wandel auseinandersetze, Chancen und Risiken erkennen und dann das eigene Geschäftsmodell entsprechend transformieren.

Wir sind hervorragend aufgestellt, um unsere Kunden als multidisziplinäre, international verschränkte Professional Services Firm auf allen Etappen ihres Weges in die digitale Zukunft begleiten. Die Kombination aus internationaler Vernetzung und ganzheitlichem Know-how ist ein zentraler Mehrwert für unsere Kunden, den sie gerne nutzen. Die Nachfrage nach unseren ganzheitlichen Beratungsleistungen von der Strategie über die technologische Umsetzung bis hin zur Organisations- und Kulturentwicklung nimmt erheblich zu.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten strategischen Schritte dafür?

Im Kern unserer Strategie stehen neben der Digitalisierung und Automatisierung drei Prioritäten: Ausbau des Branchen-Know-hows, Fokus auf Entrepreneurship und Stärkung der länderübergreifenden Zusammenarbeit bei EY.

Um die spezifischen Chancen und Risiken, die die anstehende Transformation für Unternehmen unterschiedlicher Branchen birgt, beurteilen und mit ihnen umgehen zu können, braucht es eine stark ausgeprägte Branchenkenntnis. Der Ausbau des Branchen-Know-hows ist ein zentraler Eckpfeiler der EY-Strategie. Nur wenn wir die spezifischen Herausforderungen unserer Kunden in ihrer Branche verstehen, können wir Lösungen mit Mehrwert bieten. Wir haben bereits im vergangenen Geschäftsjahr die Ausrichtung der Gesamtorganisation auf Branchen verstärkt.

Ein weiterer strategischer Schwerpunkt ist der Fokus auf Entrepreneurship. Eigentümergeführte Unternehmen bzw. Mittelstandsunternehmen sind das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Sie sind der Treiber des gesellschaftlichen Fortschritts und wirtschaftlichen Wachstums und durchleben oder stoßen besonders starke Transformationsprozesse an. Genau diese Unternehmen bzw. Unternehmerpersönlichkeiten können und wollen wir begleiten und unterstützen. Dabei sehen wir es auch als unsere Aufgabe, das Unternehmertum aktiv zu fördern. So vergeben wir zum Beispiel jedes Jahr in Österreich und rund 60 weiteren Ländern auf der Welt den Entrepreneur Of The Year Award. Indem wir diese Vorbilder vor den Vorhang holen, wollen wir auch das Bild von Unternehmern in der Öffentlichkeit positiv beeinflussen.

Als dritten strategischen Schwerpunkt möchte ich die weitere Stärkung der länderübergreifenden Zusammenarbeit nennen. Wie viele Analysen bestätigen ist EY bereits jetzt die am stärksten global integrierte Prüfungs- und Beratungsgesellschaft. EY wird international geführt und gesteuert, kann gleichzeitig aber ausgeprägtes lokales Know-how bieten. Unser Leitbild in diesem Zusammenhang lautet „Strenghten global, empower local“. Den Nutzen davon haben die Kunden: EY erbringt für seine Kunden Dienstleistungen mit einheitlich hoher Qualität und professioneller Methodik, unabhängig davon, in welchem Land der Welt der Kunde tätig ist. Den Kunden stehen tatsächlich die besten Spezialisten-Teams zur Verfügung, wiederum unabhängig davon, in welchem Land diese beheimatet sind. Darüber hinaus kann EY im Interesse seiner Kunden globale Investitionen in Analysen, Methoden und Systeme tätigen, die auf globale Trends und Entwicklungen rasch praktisch wirksame Antworten bieten.

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