Digitales Hinweissystem für Whistleblower wird verpflichtend

Noch in diesem Jahr soll die EU-Whistleblower-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden, der Gesetzesentwurf ist vorhanden und Unternehmen bereiten sich bereits akribisch auf das Thema vor. Für Unternehmen ab 250 Mitarbeiter:innen sowie Gemeinden ab 10.000 Einwohner:innen ist die Bereitstellung eines internen Meldekanals bereits mit 2022 zwingend, für Unternehmen von 50 bis 250 Mitarbeitern gibt es eine Übergangsfrist von weiteren zwei Jahren. Ziel der Richtlinie ist es, Verstöße aufzudecken, die Rechtsdurchsetzung zu verbessern, und Unternehmen die Chance zu geben rechtzeitig auf internes Fehlverhalten zu reagieren und öffentliche Skandale zu vermeiden. Mit dem Einrichten von effektiven, vertraulichen und sicheren Meldekanälen soll ein einheitlicher Schutz für Hinweisgeber:innen geschaffen werden.


Wir haben Mag. Martin Reichetseder (CEO .LOUPE), Prof. DDr. Alexander Petsche (Rechtsanwalt und Partner bei Baker McKenzie), Mag. Susanne Mortimore (CEO LexisNexis Österreich) und Paul Kampusch, MSc (Director Content Management LexisNexis Österreich) zum Interview gebeten. (.LOUPE – focused on business integrity“ ist ein Service und eine Marke der fobi solutions GmbH)

vlnr: Prof DDr Alexander Petsche, Mag Susanne Mortimore, Mag Martin Reichetseder; WIRLPHOTO

Herr DDr. Petsche, welche Gefahren drohen Unternehmen und Gemeinden, die sich nicht an die neuen Vorgaben halten?

Petsche: Wenn Unternehmen bzw. Gemeinden keine Hinweisgebersysteme entsprechend den Vorgaben der Whistleblower-Richtlinie einrichten, erhöhen sie deutlich das Risiko, dass potentielle Hinweisgeber ihre Hinweise nicht intern abgeben, sondern extern, dh bei Strafverfolgungsbehörden oder bei Medien. Das bedeutet, dass den Unternehmen bzw Gemeinden damit die Chance genommen wird, sich vornehmlich selbst um den Compliance Vorfall zu kümmern. Sie sind dann nicht mehr in der Fahrerkabine, sondern einfache Mitreisende mit einem fremden Lenker. Negative Berichterstattung führt darüber hinaus zu einem Reputationsverlust.

Welche Art von Verstößen sollen und dürfen gemeldet werden? Welche Personengruppen dürfen Vorfälle melden?

Petsche: Die Whistleblower-Richtlinie legt eine Vielzahl von Gebieten fest, die betroffen sind, zB alles rund um öffentliche Auftragsvergaben, Wettbewerbsrecht, Gesundheit, Lebensmittelsicherheit, Produkthaftung, etc. Der nationale Gesetzgeber kann diese Gebiete erweitern. Empfehlenswert für die Praxis ist, möglichst viele Gebiete zu adressieren, weil sich einerseits die einzelnen Gebiete nicht immer klar von anderen abgrenzen lassen, so liegen zB Korruption, Untreue und Geldwäscherei nah nebeneinander und andererseits sollten sowohl Unternehmen als auch Gemeinden generell Interesse daran haben, von sämtlichen Missständen als erstes intern zu erfahren und nicht über Medien. Als Hinweisgeber kommen eine Vielzahl von Personen in Betracht, nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Geschäftspartner aller Art. Das bedeutet, dass das Whistleblowing-Tool auch Externen zugänglich sein muss.

Welche Vorteile bringt der Einsatz eines digitalen Hinweisgebersystems aus Sicht des Unternehmens und der Hinweisgeber?

Petsche: Ein digitales Hinweisgebersystem ist immer verfügbar und erlaubt ein effizientes Fall-Management. Telefonie-Systeme oder Postkästen, die in irgendeinem Eck aufgehängt werden, haben sich nicht bewährt. Man muss es den Hinweisgebern möglichst unkompliziert ermöglichen, Hinweise abgeben zu können. Es ist auch nur bei digitalen Hinweisgebersystemen möglich, auf einfache Weise mit dem Hinweisgeber in Kontakt zu bleiben, bzw diesem Rückmeldung zu seinem Hinweis zu geben, wie es in der Whistleblower-Richtlinie vorgesehen ist.

Kampusch:  Digitale Systeme bieten durch entsprechende Verschlüsselungen, durch zertifizierte Server und Penetrationstests ein Höchstmaß an Sicherheit.
Sie lassen sich einfach und schnell in jede beliebige Mitarbeiterkommunikation einbauen und cloudbasierte Lösungen können auch an bestehende CMS andocken. Die Anonymität des Whistleblowers ist gewahrt und durch einen gesicherten Rückkanal kann die Organisation mit dem Hinweisgeber völlig anonym kommunizieren und Rückfragen stellen. Digitale Systeme sind besonders benutzerfreundlich, adaptierbar und können in unterschiedlichen Sprachen genutzt werden.

Reichetseder: Der entscheidende Vorteil eines digitalen Hinweisgebersystems liegt in der einfachen und sicheren Ausgestaltung eines – in technischer Hinsicht – richtlinienkonformen Meldekanals. Hinweisgeber können dabei ihre Meldungen über eine Onlineplattform anonymisiert oder unter Angabe ihrer Kontaktinformationen erstatten und relevante Dokumente direkt hochladen. Diese Meldemöglichkeit steht sowohl internen als auch externen Hinweisgebern zeitlich bzw. örtlich uneingeschränkt zur Verfügung.

Worauf sollten Unternehmen bzw. Gemeinden bei der Umsetzung eines Meldesystems organisatorisch und juristisch besonders achten?
Kampusch:
Die Einführung eines Hinweisgebersystems und das laufende Monitoring aller eingehenden Hinweise ist natürlich mit einem beträchtlichen Aufwand verbunden. Daher ist es aus unserer Sicht sehr wichtig, bei der Auswahl eines Tools darauf zu achten, dass es sich ohne großen Aufwand in bestehende Systeme integrieren lässt und im Optimalfall den Compliance Officer sogar entlastet. Das Ganze mit einem Höchstmaß an Sicherheit.

Petsche: Ganz wichtig ist, dass sich der potentielle Hinweisgeber darauf verlassen können muss, dass das Meldesystem funktioniert. Das betrifft sowohl die Garantie, dass der Hinweis vertraulich behandelt wird und die Identität des Hinweisgebers nicht offengelegt wird als auch die Zuverlässigkeit, dass der Hinweis innerhalb einer vorgesehenen Frist auch angemessen behandelt wird. Auch gilt es darum die Rechte der betroffenen Person, also jener Person, die Gegenstand des Hinweises ist, zu wahren. Elementar ist auch, dass die Hinweise durch eine völlig neutrale Person bearbeitet werden. Das spricht für die Verwendung von Lexis WhistleComplete, weil damit die Neutralität und alle vorgesehenen Prozesse sichergestellt sind.

Reichetseder: Die Umsetzung der Whistleblowing-Richtlinie sollte von Unternehmen eigentlich als Chance verstanden werden, bis dato unbekannte Risiken und/oder bestehendes Fehlverhalten in der Organisation zu identifizieren und in Zukunft vermeiden zu können. Stellt eine Organisation einen richtlinienkonformen Meldeprozess zur Verfügung, übernehmen Mitarbeiter ohne Angst und Scheu die Rolle von „Risiko-Managern“. Richtig implementiert und kommuniziert trägt ein Hinweisgebersystem zur Verbesserung der Unternehmenskultur bei und fördert aufgrund der Risikominimierung den Unternehmenserfolg.

v.l.n.r.: Prof. DDr. Alexander Petsche (Rechtsanwalt und Partner bei Baker McKenzie), Mag. Kathrin-Theres Hagenauer (Leiterin Zivil- und Wirtschaftsrecht bei LexisNexis Österreich),
Mag. Susanne Mortimore (CEO LexisNexis Österreich), Paul Kampusch, MSc (Director Content Management LexisNexis Österreich), Mag. Martin Reichetseder (CEO .LOUPE)

LexisNexis hat gemeinsam mit Baker McKenzie und .LOUPE „Lexis WhistleComplete.“, ein Full-Service-Hinweisgebersystem entwickelt, um mit einer schlüsselfertigen Lösung Unternehmen im Handumdrehen compliant zu machen.

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