Truffles

Krise: Truffles eat mushrooms for breakfast – Ein Interview mit Annette Scheckmann (STRABAG AG)

In Krisenzeiten reicht es nicht, Zahlen und Reports zu präsentieren – es braucht Emotionen, um Veränderung zu bewirken. Annette Scheckmann (Vorstandsmitglied der STRABAG AG Österreich) wird in ihrer Keynote „Truffles eat mushrooms for breakfast“ auf dem Controllertag 2025 über die Rolle von Storytelling, Humor und emotionaler Führung im Controlling sprechen. Im Interview gibt sie erste Einblicke in ihre Karriere, ihre Führungsphilosophie und warum Controlling heute mehr als nur Zahlen bedeutet.


FRAU SCHECKMANN, BEVOR WIR ÜBER IHREN VORTRAG SPRECHEN: KÖNNEN SIE SICH KURZ VORSTELLEN? WELCHE STATIONEN HABEN SIE IN IHRER KARRIERE GEPRÄGT?

Bevor ich 2008 zur Strabag kam, war ich für einige multinationale Unternehmen tätig, in der Automotive-Branche sowie im Banken- und Versicherungsbereich. Seit 2008 habe ich innerhalb der Strabag einige Positionen durchlaufen. Ab 2018 war ich Geschäftsführerin der Züblin Spezialtiefbau GmbH. Seit 2023 bin ich kaufmännische Unternehmensbereichsleiterin und Vorstandsmitglied der STRABAG AG Österreich.

SIE SIND VORSTANDSMITGLIED BEI STRABAG AG ÖSTERREICH. WAS BEGEISTERT SIE AN IHRER AKTUELLEN ROLLE BESONDERS?

Die strategische Weite der Aufgabe bei gelichzeitiger unmittelbarer Nähe zum Menschen. Für mich ist Personalführung die zentrale Aufgabe; es geht immer um den Menschen.  Ich habe es mir zum Ziel gemacht, Mitarbeiterförderung weiter zu denken. Das Thema Nachhaltigkeit ist für mich kein BuzzWord, sondern absolute Notwendigkeit. Es ist eine tägliche Aufgabe, für die ich mich einsetze, um so auch meinen Beitrag für ein „Morgen“ zu erbringen.

IHR VORTRAGSTITEL IST SEHR KREATIV – „TRUFFLES EAT MUSHROOMS FOR BREAKFAST“. WAS BEDEUTET DAS FÜR DAS CONTROLLING?

Ich arbeite gerne mit Bildern, um Botschaften wirkungsvoller zu vermitteln. In Krisenzeiten sind Reports wie Champignons – sie sprießen in großer Zahl, ähneln sich, sind nicht immer leicht zu unterscheiden oder zu nutzen. Doch das Notwendige allein reicht nicht aus. Hier kommen die „Trüffel“ ins Spiel – die Kür on top. Es liegt an uns, die gesammelten Informationen mit Emotion zu versetzen, um so den Mitarbeitenden nachhaltig zu kommunizieren.

Ein gutes Beispiel hierfür bot am 14.02.2024 die ASFINAG: Statt immer nur Unfallstatistiken zu präsentieren, spielten sie auf den Verkehrsleitsystemen die Nachricht ein „Jemand liebt dich. Fahr langsamer“. Nur Zahlen bewirken wenig. Eine Zahl mit Botschaft, die mit Emotion versetzt wird, bewirkt beim Gegenüber deutlich mehr. Genauso müssen auch wir unsere Mitarbeitenden klarer und einprägsamer kommunizieren.

ZAHLEN, DATEN, FAKTEN GELTEN ALS ZENTRALE INSTRUMENTE DES CONTROLLINGS. WARUM REICHEN DIESE HEUTE NICHT MEHR AUS?

Während meiner Zeit im Spezialtiefbau führte ich ein umfassendes Reporting-System ein, das alle relevanten Projektdaten detailliert analysierte und die Verluste kategorisierte. Während mein Kollege und ich die Lage als schwerwiegende Krise betrachteten, nahmen viele Mitarbeiter:innen die Situation nur als Auftreten vereinzelter Projekt-Probleme wahr und fanden für jede Zahl im Report eine gute Erklärung. Dies führt jedoch zu keiner Veränderung. Change passiert nur dann, wenn auch emotionaler Druck da ist.  Zahlen, Daten, Fakten sind zunächst einmal abstrakt und können leicht zur Seite geschoben werden. Eine Verknüpfung der Zahlen mit Bildern und Emotionen bleibt haften und zwingt zum Nachdenken und dann auch zur Veränderung.

WARUM SETZEN SIE BEI INDIVIDUELLER FÜHRUNG AUF EMOTION UND STORYTELLING – UND WIE KANN DAS KONKRET AUSSEHEN?

Storytelling hilft bei der Kommunikation untereinander. Ich bspw. nutze Humor sehr stark in der Kommunikation. Bis zur Krise im Spezialtiefbau und dem 80seitigen Reportsystem ist mir jedoch nie aufgefallen, wie sehr Humor mir, aber auch meinen Mitarbeiter:innen hilft, Situationen zu bewältigen. Meine Trüffel im Spezialtiefbau war nicht das 80seitige Reportingsystem. Meine Trüffel war der Humor.

Wir hatten eine wirklich schlechte Stimmung im Büro. Die Mitarbeitenden haben sich in ihren Büros verschanzt, Türen zugemacht, sind nur schlurfend und tonlos über die Flure gehuscht. Ich hätte auch eine MA-Befragung starten und diese analysieren können, woran es liegt.

Stattdessen habe ich mir einen Eiswagen organisiert, bin mit einer Glocke durch den Gang gelaufen und habe jedem, wirklich jedem, ein Eis angedreht. Ich habe dann so Dinge gesagt wie „Wenn Sie glauben, dass Sie still, leise und heimlich in Ihrem Büro mir durch meine Eis-Hände rutschen, dann haben Sie sich geschnitten. Ihre Bikini-Figur hätte ich gerne, also geben sie mir eine Chance und essen das Eis jetzt, sonst schaffe ich das nie.“

Ich habe den anderen eingeladen, aus seinem Schneckenhaus rauszukommen und auch mal mitzulachen. Lachen verbindet und schafft Vertrauen. Es hellt aber auch das Gemüt auf. Und es lädt dann ein zum gemeinsamen Reden.

DER CONTROLLERTAG STEHT UNTER DEM MOTTO „UNSTRAIGHT AHEAD“ – WAS BEDEUTET DAS FÜR SIE PERSÖNLICH?

Für mich bedeutet „UNSTRAIGHT AHEAD“, dass in Zeiten multipler Krisen starre Lösungswege nicht mehr ausreichen und neue, flexible Denkansätze gefragt sind. Gerade für CFOs und Controller:innen ist es essenziell, nicht nur die finanzielle Stabilität zu sichern, sondern auch transparent zu kommunizieren, Mitarbeitende aktiv einzubinden und Veränderungen als Chance zu begreifen. „UNSTRAIGHT AHEAD“ bedeutet für mich also, bewährte Methoden zu hinterfragen, neue Perspektiven zuzulassen und mutige, innovative Wege einzuschlagen. Aber auch Anforderungen als Chancen zu sehen. Das ESG-Reporting wird oft nur als mühsame Reportinganforderung gesehen – ich sehe es als Chance, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen und daraus Business Ideen zu generieren.

WAS ERWARTEN SIE SICH VON DER VERANSTALTUNG? AUF WELCHE PROGRAMMPUNKTE FREUEN SIE SICH BESONDERS?

Ich freue mich besonders auf den fachübergreifenden Austausch, da er neue Perspektiven eröffnet und wertvolle Impulse für den eigenen Arbeitsalltag liefert. Der Dialog über unterschiedliche Ansätze im Umgang mit Herausforderungen ermöglicht es, über den eigenen Branchenhorizont hinauszublicken und innovative Lösungen zu entdecken. Besonders gespannt bin ich auf den Beitrag von Denis Prister zum Controlling in der Fashionbranche. Obwohl die Bau- und die Fashionindustrie auf den ersten Blick kaum Gemeinsamkeiten haben, bin ich neugierig, welche Parallelen sich im Controlling finden lassen und welche übergreifenden Erkenntnisse wir daraus ableiten können.

WARUM SOLLTEN CFOS UND CONTROLLER:INNEN UNBEDINGT AN IHREM VORTRAG TEILNEHMEN?

Ich möchte gerne auf humorvolle Weise ein neues Licht auf das ZDF-Thema werfen. Krisen sind aus meiner Sicht Chancen für Veränderung und für Wachstum.


INTERVIEWPARTNER

Annette Scheckmann

STRABAG AG Österreich | Vorstandsmitglied
& Keynote Speakerin Controllertag 2025


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Unsere nächste Konferenz: Am 27. und 28. Februar 2025 findet in Wien der Controllertag, das Jahresforum für Controlling und Financial Leadership statt.

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