„Beyond CSRD“ – Nachhaltigkeit als Wettbewerbsfaktor

Während das Thema ESG-Berichterstattung omnipräsent ist, heißt Nachhaltigkeitsmanagement weit mehr als regulatorische Compliance. Durch gezielte Maßnahmen können nicht nur die Beziehungen mit diversen Stakeholdern verbessert werden, sondern auch unternehmerische Chancen erkannt und Risiken minimiert werden.


Der Nachhaltigkeitsdiskurs der letzten Jahre war vor allem durch die Anforderungen an die Berichterstattung ua der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und den dazugehörigen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) geprägt. Mit Ende letzten Jahres hat die europäische Ausrichtung durch die Reduktion von bürokratischen Anforderungen („Stop the Clock“-Richtlinie und die weiteren geplanten Omnibus-Pakete), den Fokus auf die Wettbewerbsfähigkeit und damit auf die verstärkte Betrachtung von Chancen und Risiken gelenkt, die sich aus den ökologischen und geopolitischen Veränderungen ergeben.

Die aktuelle Entwicklung in den Unternehmen zeigt mehrere Handlungsfelder auf, welche entscheidend für die die Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit der Zukunft sein werden. Folgend soll eine Übersicht der wichtigsten Bereiche gegeben werden.

STRATEGISCHE RISIKOIDENTIFIKATION

Die neue Risikolandschaft muss durch ein angepasstes Enterprise Risk Management (ERM) adressiert werden. Oft müssen zusätzliche Methoden und Analysen aufgenommen werden, um eine Risikobeurteilung vornehmen zu können wie beispielsweise durch eine Klimarisikoanalyse. „Economic losses from extreme weather are rising in the U.S. and EU. As impacts of extreme weather grow, data now projects $1.2 trillion in annual losses for large corporations by the 2050s without adaptation. Simply put, maintaining the status quo destroys value.” hält Dr. Sarah Kapnick Global Head of Climate Advisory bei J.P. Morgan fest.

Die Relevanz der Nachhaltigkeitsrisiken lässt sich auch gut aus dem neuen Leitfaden der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) von März 2025 ableiten. Der Leitfaden weist im Besonderen auf Transitionspläne und die Betrachtung von Biodiversitätsrisiken als wichtige Schwerpunkte hin. Er soll für Finanzmarktteilnehmer:innen als Orientierungshilfe im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken dienen. Aus dem Leitfaden lassen sich jedoch auch für Nicht-Finanzunternehmen grundlegende Herangehensweisen und Definitionen und Anforderungen ableiten.

TRANSITIONSPLANUNG

Transitionsplanung beschreibt die interne Planung des Unternehmens zu Strategie, Risiko- und Prozessmanagement, welche für ein adäquates Management von Nachhaltigkeitsrisiken und die unternehmensspezifische Transition zu einer nachhaltigen Wirtschaft erforderlich ist.“ Dieser Planungsprozess analysiert technologische, geschäftliche und kundenbezogene Aspekte sowie deren Chancen, Risiken und Auswirkungen mit einem Planungshorizont von zehn Jahren oder mehr und nimmt ebenso Bezug auf das EU-Ziel 2050. Eine Übersicht zu den wichtigsten Elementen einer glaubwürdigen Transitionsplanung sind im genannten FMA-Leitfaden skizziert.

Transitionsplanung ist vor allem stark geprägt durch den Klimawandel und die weltweiten Dekarbonisierungsziele. Richtungsweisend ist neben den USA vor allem China. Momentan läuft die Erarbeitung des 15. Fünfjahresplans, der den Zeitraum von 2026 bis 2030 abdecken wird und sich voraussichtlich auf die Verbesserung der wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit und die Förderung der Technologie- und Innovationsfähigkeiten Chinas konzentrieren wird. Erste Diskussionsrunden zeigen im Bereich der Dekarbonisierungsziele ein angepasstes Maßnahmenset. China wird sich vom Mechanismus der „doppelten Energieverbrauchskontrolle“, bei dem das Land den Gesamtenergieverbrauch und die Energieintensität kontrollieren will, zu einem Mechanismus der „doppelten Kontrolle der Kohlenstoffemissionen“ bewegen, der sich auf die Kontrolle der Gesamtkohlenstoffemissionen und der Intensität der Kohlenstoffemissionen konzentriert. Dies erfordert die Einrichtung einer Vielzahl von Überwachungs- und Bewertungsmechanismen, wie zB ein System zur Bewertung von Kohlenstoffemissionen, Systeme zur Bilanzierung von Kohlenstoffemissionen, ein Managementsystem für den CO2-Fußabdruck von Produkten und ein Zertifizierungssystem für die Kennzeichnung von Produkten.

KLIMAPOLITIK UND -REGULIERUNG

Inmitten der intensiven Diskussionen über die Bepreisung von Gas, Kohle und Öl in der politischen Landschaft wird ab 2027 das Tanken und Heizen im Rahmen des europäischen Emissionshandelssystems (ETS2) bepreist. Dieses System soll nicht nur zu einer Senkung von Emissionen beitragen, sondern auch für Anreize zu kohlenstoffarmen Investitionen sorgen. Folglich können Unternehmen, die sich frühzeitig auf diese Klimapolitik einstellen, zukünftig nicht nur Kosten und Risiken reduzieren, sondern auch einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil erlangen.

BRANDING UND REPUTATION

Abhängig von den Anspruchsgruppen sind ambitionierte ESG-Zielsetzungen erforderlich, um die Marke und Reputation zu stärken. Dies kann beispielsweise durch einen hohen Anspruch im Kundensegment entstehen oder auch durch Ansprüche des Eigentümers wie der öffentlichen Hand.

FINANZIERUNGEN

Für Kreditinstitute sind seit Januar 2025 die erweiterten ESG-Offenlegungsregeln der EBA anwendbar. Die Einhaltung der
Vorschrifen hängt von der Beschaffung genauer, umfassender ESG-Daten ab. Von den Instituten wird erwartet, dass sie einen Best-Effort-Ansatz verfolgen, der sicherstellt, dass die Offenlegungen den steigenden Erwartungen von Regulierungsbehörden und Interessengruppen entsprechen – insbesondere in Bezug auf Emissionen, die Green
Asset Ratio (GAR) und die Banking Book Taxonomy Alignment Ratio (BTAR). Zusätzlich hat die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ihre Leitlinien zum Management von Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken (ESG) veröffentlicht, die einen entscheidenden Schritt zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit von Finanzinstituten gegenüber diesen Risiken darstellen soll. Diese Leitlinien, die ab Januar 2026 für größere und ab Januar 2027 für kleinere Institute in Kraft treten, skizzieren einen umfassenden Rahmen für die Identizierung, Messung, Steuerung und Überwachung von
ESG-Risiken. Sie spiegeln auch das Engagement der EBA wider, den Finanzsektor an den umfassenderen Nachhaltigkeitszielen der Europäischen Union auszurichten, einschließlich ihrer Ziele der Klimaneutralität bis 2050.

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

Zu diesem Bereich gehört die Identifizierung, in welchen Bereich künstliche Intelligenz das Potenzial hat, sowohl Kosten zu senken als auch nachhaltig zu agieren, beispielsweise bei der Optimierung von Transportwegen. KI-gestützte Prognosemodelle können genutzt werden, um frühzeitig Engpässe, Ineffizienzen oder Risiken zu erkennen, sowie Gegensteuerungsmaßnahmen zu ermöglichen, welche im Idealfall sogar durch Optimierungen den Ausstoß von Treibhausgasemissionen verringern.

ZÖLLE UND STEUERN

Steuerverantwortliche sehen sich mit geopolitischer Unsicherheit, sich entwickelnden und oft fragmentierten Vorschriften, einem Mangel an Steuerfachkräften und einem schnellen technologischen Wandel konfrontiert. Die gegenwärtige US-Regierung setzt vor allem auf Wettbewerb. Im KPMG 2024 CEO Outlook stimmt eine deutliche Mehrheit von 79 Prozent zu, dass sich neu aufkommende Handelsvorschriften negativ auf ihre Organisationen auswirken werden, während 56 Prozent ähnliche Bedenken hinsichtlich der regulatorischen Anforderungen äußern. Dies setzt die steuerlichen Betriebsmodelle unter erheblichen Druck und es sind Investitionen und Transformationen erforderlich, um die bevorstehenden Herausforderungen zu bewältigen.

FAZIT

Die genannten Themenfelder zeigen den Handlungsbedarf in vielen Unternehmensbereichen auf, welcher sich aufgrund der geopolitischen, sozialen und ökologischen Bedingungen ergibt. „Falsch ist es also, zu denken, dass man sich ‚Nachhaltigkeit leisten können muss‘; vielmehr weisen alle wissenschaftlichen Befunde darauf hin, dass es sich ein Unternehmen nicht leisten kann, nicht nachhaltig aufgestellt zu sein. (…) Nachhaltigkeit ist heute eine Kernfrage des ‚Business‘.“ wie Dr. Josef Baumüller kürzlich in einem Beitrag festhält.


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